Armee und PolizeiDachverband SPFP warnt vor Sicherheitsproblem für Luxemburg

Armee und Polizei / Dachverband SPFP warnt vor Sicherheitsproblem für Luxemburg
SPFP-Präsident Pascal Ricquier warnte gleich mehrmals vor einem Sicherheitsproblem für Luxemburg, sollte die Politik nicht bald handeln Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Ein Demonstrationsgesetz, das keine Fragen offen lässt, eine Anpassung der Risikoprämien, das Einhalten der Arbeitszeitregelungen und mehr Respekt gegenüber den Vertretern der öffentlichen Macht: So lässt sich der Forderungskatalog des Gewerkschaftssyndikats SPFP zusammenfassen, das gestern zur Delegiertenversammlung nach Bartringen eingeladen hatte. In brenzligen Situationen seien Polizisten und Soldaten stets bereit, ihren Kopf hinzuhalten. Nun sei es aber an der Zeit, dass sie auch die Wertschätzung erfahren, die ihnen gebührt.

In Krisenzeiten ist die öffentliche Macht eines Landes besonders gefordert. Das sei die Mission und dafür habe man sich auch engagiert, unterstrich Pascal Ricquier. „Wir stellen unseren Mann oder unsere Frau, wenn die Sicherheit des Landes in Gefahr ist oder wenn wir anderen Ländern unter die Arme greifen müssen“, so der Präsident des „Syndicat professionnel de la force publique“ (SPFP). „Doch was tut die Regierung für die Leute, die permanent ihren Kopf hinhalten?“

Wie ein roter Faden zog sich diese Frage durch die gesamte Delegiertenversammlung des Dachverbandes der Polizei- und der Armeegewerkschaft. Ob es sich nun um das Demonstrationsgesetz handelt, den Personalmangel, die gravierenden Unterschiede zwischen den Risikoprämien, den Sozialdialog, das Problem der Überstunden, Verstöße gegen die Arbeitszeitregelungen oder den juristischen Beistand für Polizeibeamte: Es sei an der Zeit, dass die Politik den Vertretern der öffentlichen Macht die Wertschätzung entgegenbringt, die ihnen gebührt.

Weniger Geld für die gleiche Arbeit

Angefangen mit einer Anpassung der Risikoprämien. Ein Problem, das vor allem bei der Polizei gravierende Ausmaße annimmt, mit der angedachten Armee-Reform aber auch Soldaten betreffen wird. So werden Polizeibeamte in der B1-Karriere seit der Polizei-Reform vor vier Jahren um 30 Punkte schlechter ausgezahlt als die Kollegen in den Karrieren C1 und C2. „Für genau die gleiche Arbeit und das gleiche Risiko. Das ist nicht vertretbar“, unterstrich Pascal Ricquier, der auch Präsident der Polizeigewerkschaft SNPGL ist.

Bei der Polizei gingen die Beamten der Karrieren C2, C1 und B1 alle gemeinsam in die gleichen Einsätze, die nicht immer von vornherein als lebensgefährlich eingestuft werden können. Die tödliche Verkehrskontrolle am Montag im nahen Kusel, bei der zwei deutsche Polizeibeamte durch Schüsse ums Leben kamen, zeige, dass auch vermeintliche Routineeinsätze gefährlich werden können. „Polizisten können jederzeit schwer verletzt werden und sogar ihr Leben verlieren. Egal, in welcher Karriere sie eingestuft werden. Das gilt auch für Auslandsmissionen der Armee“, so Ricquier, bevor er zu einer Schweigeminute einlud, um der verstorbenen Kollegen zu gedenken. Es gehöre nun mal zum Job der Ordnungskräfte, in brenzligen Situationen den Kopf hinzuhalten. Die drastische Kürzung der Prämien werde man allerdings nicht hinnehmen.

Dies sei nicht der richtige Weg, mit Polizei und Armee zu verfahren, meinte Ricquier mit Blick auf die anwesenden Politiker. Solche Manipulationen seien ein Signal an die Vertreter der öffentlichen Macht, dass sie keine wichtige Rolle im Staatsapparat einnähmen. Darunter leide auch die Attraktivität dieser Berufe. „Wir haben zuletzt des Öfteren auf dieses Problem hingewiesen. Leider hat sich nichts getan. Dann müssen wir eben heftiger dagegen vorgehen“, versprach der Präsident des Gewerkschaftssyndikats.

Beschimpft, bespuckt und angegriffen

Angesprochen wurden auch die jüngsten Proteste gegen die Covid-Politik der Regierung. Manche seien friedlich verlaufen. „Andere Demonstrationen waren allerdings provokant, aggressiv und sinnlos. Wir können es nicht weiter hinnehmen, dass unsere Polizisten beschimpft, bespuckt und angegriffen werden“, so Ricquier. Die Regierung müsse „in die Gänge kommen“ und endlich ein Gesetz aufstellen, das strenge Strafen für Personen vorsieht, die Polizisten angreifen.

In dieser Hinsicht müsse die Parteipolitik in den Hintergrund rücken. „Wenn unsere Polizisten weiter so eingesetzt werden wie in den letzten Wochen und Monaten und dabei sogar angegriffen und verletzt werden, dann haben wir bald ein Sicherheitsproblem in Luxemburg“, mutmaßte der Vorsitzende des Dachverbands. Die Regierung müsse jetzt Verantwortung übernehmen. Andernfalls müsse sie die Konsequenzen dafür tragen.

So sei es vorgekommen, dass sich Demonstranten nach den Protesten bei der Generalinspektion der Polizei über bestimmte Beamte beschwert hätten. Es sei der Wille dieser Gewerkschaft, diesen Polizisten den Rücken zu stärken. Was man vom Luxemburger Staat nicht behaupten könne. „Dieser Schutz lässt leider stark zu wünschen übrig“, so Ricquiers Fazit. Bei einer Anfrage auf juristische Unterstützung müssten Beamte mitunter mehr als drei Monate auf eine Antwort warten. „Solche Fristen sind ein Skandal, weil sie die Geringschätzung bestätigen, die unsere Leute bei ihrer Arbeit erfahren.“

Die SPFP werde in den kommenden Wochen bei sämtlichen Fraktionen anklopfen, um die verschiedenen Baustellen anzusprechen. Dabei sollen auch die Verstöße gegen das Beamtenstatut, die Probleme mit der Arbeitszeitregelung und der Personalmangel zur Sprache kommen. So plädiert die SPFP dafür, bestimmte Polizeimissionen an andere Behörden abzugeben, wie etwa den Gefangenentransport. Dieser werde in anderen Ländern von Strafvollzugsbeamten übernommen.

Die Polizeiverwaltung sei an ihre Grenzen geraten. Und mit den Protesten der letzten Monate habe sich diese Situation bestimmt nicht zum Besseren gewendet. „Für uns eine Dysfunktion im großen Stil“, so Ricquier. „In diesem Fall muss eine politische Entscheidung getroffen werden. Ansonsten können diese Störungen schnell zu einem Sicherheitsproblem für unser Land werden.“

Vor vollendeten Tatsachen

Dass der Personalmangel nicht nur bei der Polizei auf Kosten des Personals gelöst werde, sondern auch bei der Armee, bestätigte indessen Tom Braquet. „Die Armee nimmt unzählige Missionen an und die Führung passt das System so an, dass wir die Missionen mit dem bestehenden Personal erledigen können. Die Arbeitszeitregelungen und Work-Life-Balance bleiben dabei auf der Strecke“, so der Vizepräsident des „Syndicat professionnel de l’armée luxembourgeoise“ (SPAL).

Bei der Armee bestehe der Sozialdialog hauptsächlich darin, dass die Gewerkschaft vor vollendete Tatsachen gestellt werde. „Wir werden zwar informiert, doch mit einem Dialog hat das nichts zu tun. Natürlich muss der Generalstab Entscheidungen treffen. Wenn man aber wirklich an unserem Rat interessiert wäre, dann sollte man uns einbinden“, so Braquet. „Und nicht erst im Nachhinein, indem wir nur mit dem Kopf nicken und alles widerstandslos absegnen müssen.“

Die Armee befinde sich im Umbruch. Mit der Ausweitung der Missionen werde das Korps größer und technischer, was wiederum neue Karrieremöglichkeiten eröffnet. Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, einen richtigen Sozialdialog zu pflegen und das Korps so attraktiv wie nur möglich zu gestalten. Aktionen wie jene des Generalstabschefs, der kurz vor Weihnachten eine Kürzung der „Recup“-Stunden für Trainingsmissionen und Fortbildungskurse durchsetzen wollte, seien in dieser Hinsicht kontraproduktiv. Damit habe General Steve Thull gegen das Arbeitszeitabkommen verstoßen, das die Gewerkschaften mit dem zuständigen Minister zuvor getroffen hatten.

Ähnlich sei der Generalstab auch bei der Pflicht-Impfung gegen Covid vorgegangen. „Auch dort wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt Braquet gegenüber dem Tageblatt. So müssen Rekruten vor Beginn ihrer Ausbildung vollständig gegen Covid geimpft sein. Die Gewerkschaft sei auch nicht prinzipiell dagegen. „Allerdings ist es Aufgabe der Politik, diese Entscheidung zu treffen, und nicht die des Generalstabs. Die „Santé“ muss entscheiden, gegen welche Krankheiten Militärs geimpft werden müssen.“

Während der sanitären Krise konnte sich die Armee in Luxemburg beweisen, was die Gewerkschaft begrüßt. Allerdings sei es bei der Umsetzung der Missionen in Absprache mit den Gesundheitsbehörden oft zu Problemen gekommen. So mussten Soldaten beim „Contact Tracing“ etwa plötzlich Verantwortungen übernehmen, für die sie nicht ausgebildet waren. In den aktuellen Testzentren drehen viele Militärs indessen die Däumchen, weil die „Santé“ mit 7.500 Menschen am Tag gerechnet hat, an den ersten Tagen im Schnitt aber nur 400 Personen vorstellig wurden. „Wir vermissen den politischen Mut, eine Fehleinschätzung zuzugeben und Anpassungen vorzunehmen. Diese Leute könnten woanders auch gut gebraucht werden“, so Braquet.

Covid hat auch bei Polizei und Armee Spuren hinterlassen. Viele Mitglieder befinden sich aktuell in Quarantäne.
Covid hat auch bei Polizei und Armee Spuren hinterlassen. Viele Mitglieder befinden sich aktuell in Quarantäne. Foto: Editpress/Didier Sylvestre