Ende der HilfenBis zu vier Indextranchen in zwei Jahren – Statec mit bangem Blick auf das Jahr 2024

Ende der Hilfen / Bis zu vier Indextranchen in zwei Jahren – Statec mit bangem Blick auf das Jahr 2024
Ohne die finanziellen Unterstützungen wären die Gaspreise 2023 in Luxemburg um 92 Prozent gestiegen, schreibt Statec Foto: dpa/Sven Hoppe

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Statec geht in seinem neuesten Inflationsbericht von einem sprunghaften Anstieg der Inflation Anfang 2024 aus. Das könnte in dem Jahr bis zu zwei weitere Indexierungen auslösen. 

Das Luxemburger Statistikinstitut hat am Mittwoch seine neusten Inflationsprognosen veröffentlicht. Die zweite für 2023 vorhergesagte Indextranche soll laut den neuesten Berechnungen im Laufe des vierten Quartals fallen. Diese Tranche folgt auf jene, die im Februar fallen wird, und jene, die vergangenes Jahr auf April 2023 verschoben wurde. Etwas überraschend kommt allerdings die Ankündigung einer weiteren Indextranche im zweiten Quartal 2024.

Laut Statec wird die Inflation 2023 3,4 Prozent erreichen. Im Januar 2023 sei sie das erste Mal seit über einem Jahr wieder unter die Fünf-Prozent-Marke gefallen. Diese Talfahrt sollte sich laut Statec das ganze Jahr über weiter durchziehen. 2024 werde sie dann aber wieder sprunghaft auf 4,8 Prozent steigen und liege damit wieder so hoch wie 2022. Dieser mögliche Anstieg sei hauptsächlich auf das Auslaufen der Tripartite-Maßnahmen bezüglich der Gas- und Strompreise zurückzuführen, sollten keine neuen Maßnahmen getroffen werden.

Was ist der Index und wozu ist er gut?

Beim Index handelt es sich um eine wissenschaftliche Kennzahl für die Preisentwicklung in Luxemburg. Der Index misst anhand eines Korbs die durchschnittliche Preisveränderung ausgewählter Waren und Dienstleistungen.
In Luxemburg werden alle Löhne, Gehälter und Renten an die Steigerungen der Verbraucherpreise angepasst. Dieses Instrument der automatischen Anpassung der Einkommen an die Lebenshaltungskosten wird hierzulande auch Indexregelung genannt. (fey)

Für 2024 prognostiziert Statec einen Anstieg der Gas- und Strompreise um 37 beziehungsweise 78 Prozent. Diese Prognose ergebe sich direkt aus der Preisentwicklung auf den Derivatemärkten und der Art und Weise, wie die Luxemburger Energieversorger ihre Energie beschaffen. So sei ein Großteil des Stroms, der 2024 geliefert wird, bereits 2021 und 2022 zu den damaligen Marktpreisen eingekauft worden. Das ermögliche eine gute Einsicht in die Strompreise, die 2024 in Rechnung gestellt werden.

Gas werde hingegen nur einige Monate vor seiner Lieferung eingekauft. Die Statec-Prognosen stützen sich auf die Markterwartungen für das Jahr 2024. Die Preiserwartungen seien allerdings aufgrund der derzeitig geopolitisch instabilen Lage sehr volatil und mit Vorsicht zu genießen.

Drei mögliche Szenarien

Statec hat bei der Erstellung seiner Index-Prognosen das Hauptaugenmerk auf die Entwicklung der Öl- und Energiepreise gelegt. Andere Faktoren, wie etwa Verschärfungen oder Lockerungen der Zero-Covid-Strategie in China sowie Veränderungen am Luxemburger Arbeitsmarkt, wurden dabei nicht berücksichtigt.

Die bereits genannten Indexierungsprognosen basieren auf dem mittleren Szenario von Statec. In ihrem hohen Szenario gehen die Statistiker von einem Anstieg der Gas-, Strom- und Ölpreise um jeweils 87, 91 und 15 Prozent aus. Demnach würde die angekündigte Indextranche nicht erst im vierten, sondern bereits im dritten Quartal 2023 fallen. Darauf würden 2024 zwei weitere Tranchen folgen: eine im ersten und die andere im zweiten Quartal.

Im niedrigen Szenario rechnet Statec mit einer Preissteigerung des Stroms um 71 Prozent und des Erdgases um 15 Prozent. Bei den Ölpreisen wird von einem Preisrückgang von 25 Prozent ausgegangen. Demnach würde nach den Indextranchen vom Februar und April 2023 keine weitere mehr fallen. 2024 würde dann eine im ersten und einer weitere im dritten Quartal fällig werden.

  
   Grafik: Statec

„Die Gesamtkosten für eine Indextranche belaufen sich auf etwa 965 Millionen Euro, dies auf Basis der geschätzten Lohnsumme (,masse salariale‘) für 2022“, teilt Statec auf Tageblatt-Nachfrage hin mit. Davon würden etwa 200 Millionen Euro vom Staat und den Gemeinden, 175 Millionen Euro vom Finanzsektor und der restliche Betrag von 590 Millionen Euro von anderen Branchen wie etwa der Industrie, dem Baugewerbe, dem Handel sowie unternehmens- und personenbezogenen Dienstleistungen bezahlt werden. Dieser Betrag würde sich dann bei jeder Indextranche um weitere 2,5 Prozent erhöhen (zuzüglich der nicht indexgebundenen Lohnerhöhungen).

Wie wird der Index berechnet?

Auf Basis eines Warenkorbs. Der Warenkorb enthält laut der Luxemburger Statistikbehörde Statec rund 60.000 Dienste und Produkte. Statec zeichnet jeden Monat die Preise auf und vergleicht sie dann mit dem Monat davor.
Die Aufzeichnung geschieht dabei zum Teil noch manuell – Beamte laufen durchs Land und registrieren dabei monatlich rund 8.000 Preise, z.B. von Friseurläden, Autoverkäufern oder Restaurants. Es werden aber auch viele Preise digital über das Internet erhoben, per E-Mail oder Telefon angefragt oder direkt durch Scannerkassen in Supermärkten eingefangen.
Rund 58.000 Preise stammen von den Scan-Daten der Supermarktkassen. Die Datenerhebung für den Index basiert auf den Gesamtausgaben von Luxemburgs Haushalten. (fey)

Auswirkungen der Maßnahmen

Die Inflation konnte 2022 mithilfe der Tripartite-Maßnahmen eingedämmt werden. Ohne diese Finanzhilfen wären die Gaspreise in dem Jahr um sage und schreibe 92 Prozent und 2023 um 33 Prozent gestiegen, schreibt Statec. Die Verteuerung des Gases hätte wiederum Auswirkungen auf den Strompreis gehabt, der laut Statec bis 2023 um 69 Prozent gestiegen wäre. Demnach wäre die Inflation 2022 auf sieben Prozent und im darauffolgenden Jahr auf 7,5 Prozent angestiegen. So wären im Zeitraum zwischen März 2022 und dem vierten Quartal 2023 sechs Indextranchen fällig geworden – anstelle von vier.

Doch seit der letzten Inflationsprognose hat sich die Weltwirtschaftslage jedoch deutlich verändert, behauptet Statec. Am bedeutsamsten für die Inflation sei das Ende der chinesischen Zero-Covid-Politik. Langfristig führe das zu einer Verflüssigung der Lieferketten, wodurch die weltweite Inflation wieder sinken werde. Kurzfristig könnte die Erholung der chinesischen Wirtschaftstätigkeit die Rohstoffpreise – insbesondere die Ölpreise – allerdings unter Druck setzen und den Rückgang der Inflation ausbremsen, schreibt Statec.

Neue Tripartite wird einberufen

Premierminister Xavier Bettel (DP) werde, wie im „Solidaritéitspak 2.0“ vereinbart, in den kommenden Wochen eine weitere Sitzung des Koordinierungsausschusses der Tripartite einberufen, geht aus einer Pressemitteilung des Staatsministeriums vom Mittwoch hervor. Tageblatt-Informationen zufolge soll die Tripartite in der zweiten Märzhälfte stattfinden. Dort sollen zwei Punkte besprochen werden, heißt es in der Mitteilung. Einerseits sieht das Tripartite-Abkommen vor, dass die Regierung, für den Fall, wo Statec feststellt, dass die Beendigung der Hilfsmaßnahmen zu einem Inflationsschock führen kann, eine weitere Sitzung einberuft. Dort solle dann eine mögliche Staffelung des Auslaufens der Maßnahmen geprüft und gegebenenfalls organisiert werden.

Die Regierung wolle die geplante Zusammenkunft mit den Sozialpartnern zudem dazu nutzen, um die Modalitäten der vorhergesagten Indextranchen zu besprechen.

Wie kommen die Indexprognosen zustande?

Im Gegensatz zum monatlichen Index-Bericht, der beobachtete Daten zusammenschreibt, erscheinen die Inflationsprognosen alle drei Monate. Dafür schaut sich Statec sogenannte „Driver“ an, die die Inflation beeinflussen. Um daraus eine Prognose zu schneidern, beobachtet das Statistikamt, wie sich Veränderungen der verschiedenen „Driver“ in der Vergangenheit auf den Index ausgewirkt haben.
Ein Beispiel: Wenn die Energiepreise in der Eurozone steigen, führt das ein paar Monate später zu einer höheren Kerninflation, da die Preise der produzierten und transportierten Güter folglich auch steigen. Die nötigen makroökonomischen Daten für Luxemburg besorgt sich Statec selbst – für Europa und die ganze Welt verlässt sich das Amt auf einen externen Anbieter: Oxford Economics. (fey)

charles.hild
9. Februar 2023 - 23.10

Also: der Index ist ein Instrument zum Schutz der Arbeiter und Angestellten. Er gewährleistet dass die relative Kaufkraft bestmöglich konstant bleibt. Das sogenannte Argument, dass die Reichen durch den Index noch reicher werden, und die Armen tatsächlich nichts abbekommen, ist einfach absurd. Die einfachen Menschen werden durch solche "Argumente" getäuscht. Beweis: die Arbeiter haben für den Index gekämpft. Die Reichen waren immer dagegen. Dass eine LSAP diese Machenschaften der luxemburgischen Oligarchen mitspielt, ist schlicht zum kotzen. Lasst den Index wie er ist! Macht Sozialpolitik mit der Steuertabelle, nicht mit dem Index.

Nomi
9. Februar 2023 - 11.11

Firwaat kennen Bensinnskonzerer hiren Benefiss verduebelen ob iwert 50 Milliarden Dollar ? An dann finazei'ert den Stei'erzuehler d'Subventio'unen selwer durch seng Stei'eren ! Stop mat der Preisgestalltung vun den Spekulanten. Hin zu enger Preisgestaltung, basei'rend ob di réell Produktio'unskaeschten !

Grober J-P.
9. Februar 2023 - 10.18

Was machen unsere politischen Granden und die aus dem Bayrlemont, sind auffallend "ruhig". Die wussten schon vorher was aus Osten kommt!? Habe mich mit dem Gaslieferanten schon am 26. Januar 22 gestritten, keiner konnte mir den Grund dieser Preiserhöhungen verständlich machen. Es kommt mir vor wie im berühmten Ulmer Theater. In Brüssel oder oder in der Frühlingsallee haben so manche fremde Finger im...

BWL-er
9. Februar 2023 - 8.44

Wo kommen sie her die hohen Preise? Wegen Putin? Wieso machen denn die Ölmultis Milliardengewinne? Neubauten stehen leer wegen Baustopp weil Eigentümer die Kosten nicht mehr tragen können.Wieso wartet man 12 Monate auf eine Wärmepumpe die aus Japan kommt,nicht aus Russland. Wieso hat man den Eindruck,dass da abgewartet wird um die Preise noch zu erhöhen. Es gibt keine armen Händler,nur arme Käufer. Aber wenn die nicht mehr kaufen können,dann bricht die ganze Chose zusammen,oder?