EditorialDie tiefen Abgründe der sozialen Medien

Editorial / Die tiefen Abgründe der sozialen Medien
Social-Media-Plattformen funktionieren als Katalysatoren für geteilte Inhalte Quelle: imago/imagebroker ValentinxWolf

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Das Internet ist vieles: ein Hort der Kreativität und des Wissens, ein Treffpunkt für Gleichgesinnte – leider offenbart es aber auch die tiefsten Abgründe der menschlichen Psyche. Es hat die Eigenschaft, oft unauffällige, ruhige Bürger vor dem Schirm zum Pitbull mutieren zu lassen. Gehässige, beleidigende Kommentare werden rausgefeuert – manchmal noch ehe der eigentliche Gedanke überhaupt zu Ende gedacht wurde. Heftige Kritik, ob berechtigt oder nicht, wird an jedem und allem geäußert.

In den vergangenen Jahren, besonders aber seit Ausbruch der Corona-Pandemie, hat sich der Ton im Internet merklich verschärft. Aussagen, die davor kaum denkbar gewesen wären, gehören inzwischen zum Alltag und prägen die Inhalte in den Kommentarspalten der sogenannten sozialen Medien und der Webseiten der Medien. „Aber wartet mal ab wenn wir mit Euch ins Gericht gehen dann braucht ihr Faschistoiden Schergen keine Verstecke oder schnelle Pferde mehr [sic!]“, ist nur einer von zahlreichen Hasskommentaren, die auch an die Journalisten des Tageblatt adressiert werden.

Die im Februar publizierte deutsche Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug“ legt die Ausmaße dieser beunruhigenden Entwicklung offen: 57 Prozent der Befragten bekennen sich aus Angst im Netz immer seltener zur eigenen politischen Meinung. 

Die Meinungsfreiheit ist eine wichtige Errungenschaft, die wir unbedingt weiter verteidigen müssen. Umso schlimmer ist es, dass viele den Begriff oft als Blankoscheck zur Verbreitung von radikalem Gedankengut verstehen. Geht man dagegen vor, fallen Kampfbegriffe wie „Zensur“ oder „Diktatur der Regierung und der Massenmedien“. Ohne zu zögern wird ein Angriff auf die Meinungsfreiheit deklariert.

Dass das Recht auf Meinungsfreiheit an mehrere Bedingungen geknüpft ist, wird jedoch gerne außen vor gelassen. Das Recht ist nur im Rahmen anderer Menschenrechte geschützt und stößt von daher an seine Grenzen, sobald die Ehre anderer Menschen verletzt wird oder wenn zur Verletzung ihrer körperlichen Integrität oder Freiheit aufgerufen wird. Auch Rassismus, Gewaltverherrlichung und Morddrohungen werden nicht von dem Recht gedeckt.

Viele Kommentatoren glauben, als Einzige unter Tausenden Unwissenden die Wahrheit gepachtet zu haben und nicht „vom bösen Mainstream indoktriniert“ worden zu sein. Dieses Problem wird durch die Algorithmen von Social-Media-Plattformen weiter verschärft: Sie funktionieren als Katalysator, sodass Menschen, die in eine bestimmte „Bubble“ geraten, immer tiefer hineingesogen werden. Schnell entsteht der Eindruck einer großen Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich gegenseitig befeuern. Der Inhalt dieser „Bubbles“ wird jedoch oft von anderen Akteuren mit handfesten politischen Interessen mitbestimmt. Da muss man sich schon eine Menge Hundebaby-Videos und „Fail Compilations“ anschauen, um dem Sumpf des Extremismus zu entkommen.

Genau aus diesem Grund ist ein bewusster Umgang mit Medien heutzutage so wichtig. Die Bedeutung einer angemessenen Medienerziehung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden – nicht nur für die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft, sondern für alle. Die kritische Auseinandersetzung mit digitalen Inhalten ist zum Schutz vor Desinformation und Betrug unverzichtbar geworden. Extremistisches Gedankengut, Scams und Falschmeldungen müssen gleich angegangen und ihrem rechtmäßigen Platz zugeführt werden – der Mülltonne. 

Ist die verhängnisvolle Entzweiung der Gesellschaft noch reversibel? Der bereits angerichtete Schaden ist immens.

Nomi
15. Februar 2024 - 12.16

Gudden Sujet zur Reflexio'un. (Och bei Tageblatt Intern). ""Ist die verhängnisvolle Entzweiung der Gesellschaft noch reversibel? Der bereits angerichtete Schaden ist immens. "" An deser/aerer Zeitung stinn awer och ganz oft eeseiteg/polarisei'erend Artikelen dei' och zum S'plecken vun eiser Geesellschaft beidroen. All gudden Journalismus muss emmer neutral di 2 Seiten vun der Medaille beliichten, an dem Leckteur et ermeiglechen seng Meenung ze bilden, an net d'Meenung vum Journalist imposei'eren !.