Tour de FranceBereits gescheiterte Favoriten, starke Slowenen und starke Sprinter – eine Bilanz der ersten neun Etappen

Tour de France / Bereits gescheiterte Favoriten, starke Slowenen und starke Sprinter – eine Bilanz der ersten neun Etappen
Der Luxemburger Bob Jungels (links) verhalf Julian Alaphilippe, das Gelbe Trikot in der ersten Woche zu verteidigen. Am Ende verlor der Franzose es wegen einer Zeitstrafe.  Foto: Stephane Mahe/dpa

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Bereits gescheiterte Favoriten, starke Slowenen und starke Sprinter – mittendrin ein Luxemburger als Edelhelfer für seine Mannschaft: Die ersten neun Etappen der diesjährigen Tour de France sind Geschichte, gestern stand der erste Ruhetag an. Zeit, eine Bilanz aus den Etappen zu ziehen. 

Gelbes Trikot
„Slowenien ist Gelb! Bravo Rogla!“, schrieb der slowenische Staatspräsident Borut Pahor am Sonntag auf Twitter. Der 56-jährige Politiker gratulierte seinem Landsmann recht früh – auch wenn Primoz Roglic (Jumbo-Visma) einen starken Eindruck auf den ersten neun Etappen machte, ist noch lange nichts entschieden. Denn vor allem Egan Bernal (Ineos) oder Roglics Landsmann Tadej Pogacar (UAE) können sich gegen Roglic wehren. Pogacar, 21 und wie Roglic Slowene, kürte sich am Sonntag in Laruns zum bislang jüngsten Etappensieger des 21. Jahrhunderts. Der Emirates-Profi agiert angriffslustig, unbekümmert und dürfte weiter für Furore sorgen. Außerdem lauern mit Guillaume Martin (Cofidis) und Romain Bardet zwei Franzosen auf dem dritten und vierten Platz der Gesamtwertung und dürfen weiterhin auf einen Tour-Sieg hoffen. Roglic hat 21 Sekunden Vorsprung auf seinen ärgsten Verfolger, Bernal. Ein Vorteil, den sich der Slowene ausschließlich mit Bonussekunden erarbeitet hat. Jumbo-Visma machte bislang einen stärkeren Eindruck als das Team Ineos, doch bleibt die Frage, ob Ineos sich aus taktischen Gründen im Deckungsschatten hält – oder ob das Team nicht in bester Verfassung ist. Das wird sich vielleicht am Freitag, wenn es ins Zentralmassiv geht, zeigen – oder spätestens in der nächsten Woche, wenn es in die Alpen geht. Dann müssen auch die Favoriten zeigen, in welcher Form sie sind. 

Zwar hat es am Wochenende beim Pyrenäen-Showdown keinen klaren Sieger gegeben, doch mit Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) und Emanuel Buchmann (Bora-hansgrohe) haben sich bereits zwei Favoriten aus dem Kampf ums Gelbe Trikot verabschiedet. Ich hoffe, dass ich mich regenerieren kann. Der Plan ist jetzt, auf einen Etappensieg zu gehen, sagte Buchmann gestern der dpa. Mit seiner derzeitigen Form werde aber auch das schwierig.

Gesamtwertung nach 9 von 21 Etappen

1. Primoz Roglic (Slowenien/Jumbo-Visma) 38:40:01 Stunden
2. Egan Bernal (Kolumbien/Ineos) 0:21 Minuten zurück
3. Guillaume Martin (Frankreich/Cofidis) 0:28 
4. Romain Bardet (Frankreich/Ag2r La Mondiale) 0:30
5. Nairo Quintana (Kolumbien/Arkéa Samsic) 0:32
6. Rigoberto Uran (Kolumbien/EF Pro Cycling) 0:32
7. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE) 0:44
8. Adam Yates (Großbritannien/Mitchelton-Scott) 1:02 
9. Miguel Angel Lopez (Kolumbien/Astana) 1:15 
10. Mikel Landa (Spanien/Bahrain-McLaren) 1:42

Grünes Trikot
Mit einer überraschenden und intelligenten Taktik hat Bora-hansgrohe das Grüne Trikot auf der 7. Etappe zurückerobert. Die Mannschaft schlug von Beginn an ein hohes Tempo an und schüttelte den Träger des Grünen Trikots, Sam Bennett (Deceuninck-Quick Step), vor der Sprintwertung ab. Sagan hat, wie in den letzten Jahren auch, den großen Vorteil, dass er besser über die Berge kommt als viele andere Sprinter. Momentan führt Sagan (138 Punkte) mit sieben Punkten vor Bennett (131 Punkte), dahinter klafft eine Lücke zu Wout van Aert (111 Punkte). Bennett hat auf der heutigen und der morgigen Etappe die große Chance, sich das Trikot des sprintstärksten Fahrers der Tour de France zurückzuholen. Auf den drei bisherigen Sprint-Etappen belegte der Ire Platz vier, zwei sowie drei und war damit immer mindestens einen Platz vor Sagan. Eine Etappe bei der Tour de France hat Bennett aber noch nie gewonnen. 

Gepunktetes Trikot
Benoît Consefroy (Ag2r La Mondiale) trägt aktuell mit 36 Punkten das Trikot des besten Bergfahrers. Der 24-jährige Franzose hat auf den ersten neun Etappen schon viel Aufwand betrieben, um das Trikot zu behalten und seinen Vorsprung auszubauen. Abzuwarten bleibt, wie der Franzose die erste Woche verkraftet hat. Am Freitag kommt es schon zu einer Bergankunft der ersten Kategorie, bei der auf den Sieger der Etappe 20 Punkte warten – auf der 13. Etappe gibt es neben der Bergankunft außerdem sechs weitere Bergwertungen. Für Cosenfroy wird es sicherlich schwierig, das Trikot bis nach Paris zu tragen. 

Weißes Trikot
Im Trikot des besten Nachwuchsfahrers ist Egan Bernal (Ineos), der sich mit der weißen Farbe seines Trikots in Paris aber sicherlich nicht zufriedengeben wird. Der Sieger der letzten Tour de France will das Gesamtklassement erneut für sich entscheiden. Hinter Bernal befinden sich in der Wertung der unter 25-Jährigen Pogacar (+23 Sekunden) und Enric Mas (Movistar, +1:41 Minute). 

Jungels
Der Luxemburger Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) hat auf den ersten Etappen viel Arbeit für sein Team verrichtet. Gleich auf der zweiten Etappe war er ein wichtiger Baustein bei Julian Alaphilippes Sieg, der gleichzeitig auch das Gelbe Trikot für den Franzosen bedeutete. Auf der dritten Etappe diktierte er das Tempo des Feldes, brachte den Sprinterzug seiner Mannschaft um Sam Bennett in eine gute Ausgangsposition, einen Tag später sah man ihn fünf Kilometer vor dem Ziel an der ersten Position der Favoritengruppe, um Alaphilippe zu helfen. Jungels hat sich auf den ersten Etappen erneut voll in den Dienst der Mannschaft gestellt. Nachdem Alaphilippe eine Zeitstrafe verordnet bekam, weil er 17 Kilometer vor dem Ziel eine Trinkflasche an sich nahm, was gegen die Regularien ist, verlor er das Gelbe Trikot. Mittlerweile liegt der Franzose auf dem 38. Platz der Gesamtwertung und hat 41:17 Minuten Rückstand. Das bedeutet, dass das belgische Team keine Ambitionen mehr auf die Gesamtwertung hegt. Jungels darf nun wohl größere Freiheiten genießen und kann seinem Ziel, eine Etappe bei der Tour zu gewinnen, nachgehen. Letzten Sonntag hätte er eine erste Chance nutzen können. „In den letzten Tagen hatte ich Magenprobleme“, erklärte der Luxemburger nach der Etappe am Sonntag. „Wir hatten auf dieser Etappe das Mannschaftsziel, in der Fluchtgruppe vertreten zu sein. Ich habe aber von Anfang an gesagt, dass ich nicht in Topform bin, nach dem ersten Anstieg fühlte ich mich aber schon besser. Ich will bei 100 Prozent sein, bevor ich in eine Ausreißergruppe gehen werde.

Ausblick 10. Etappe
Die 107. Tour de France lässt den ersten Ruhetag ( hinter sich und stellt die Fahrer heute prompt vor die nächste Herausforderung. Das Profil der 168,5 km langen zehnten Etappe von der Ile d’Oléron zur Ile de Ré verspricht vom Profil her eigentlich einen vergleichsweise ruhigen Tag – doch der Schein trügt, weil der Kurs über weite Teile der Atlantikküste führt. Deswegen ist die Gefahr von Windkanten groß und die Fahrer müssen über die komplette Dauer der Etappe konzentriert und aufmerksam bleiben – den Favoriten auf den Gesamtsieg droht bei Unachtsamkeiten ein folgenschwerer Zeitverlust. Am Ende werden die Sprinter wohl das letzte Wort haben und die Etappe unter sich ausmachen.