RumänienBeatmungsgeräte als Todesfalle: Zehn Corona-Infizierte starben bei Krankenhausbrand

Rumänien / Beatmungsgeräte als Todesfalle: Zehn Corona-Infizierte starben bei Krankenhausbrand
Die Sauerstoffflaschen dürften den Brand noch beschleunigt haben: Wer am Beatmungsgerät hing, war dem Flammeninferno ausgeliefert Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Brand in der Covid-Klinik im rumänischen Piatra Neamt hat zehn an Beatmungsgeräten hängenden Patienten das Leben gekostet. Ihr Tod ruft Erinnerungen an die Brandkatastrophe im Bukarester Club Colectiv wach: Es mehrt sich die Kritik an den Behörden wegen vernachlässigter Aufsichtspflicht.

Für die an ihre Beatmungsgeräte festhängenden Patienten gab es im Flammenmeer kein Entrinnen: Zehn schwer erkrankte Corona-Patienten starben am Samstagabend bei einem Brand in der Intensivstation der zur Covid-Ambulanz umfunktionierten Notfallklinik in der nordrumänischen Provinzstadt Piatra Neamt. Weitere sieben Personen erlitten zum Teil schwere Verletzungen, darunter ein Arzt und eine Krankenschwester.

Der Bereitschaftsarzt Catalin Denciu, der seine hilflosen Schützlinge aus dem Flammeninferno zu bergen versuchte, erlitt Verbrennungen auf mehr als 40 Prozent seiner Körperoberfläche und wurde zu deren Behandlung am Sonntag nach Belgien ausgeflogen. „Er warf sich in die Flammen, um die Patienten zu retten“, würdigte Klinik-Direktor Lucian Micu den Einsatz des schwer verletzten Mediziners.

Zwar konnte die Feuerwehr den Brand in der Covid-Station rasch löschen und ein Übergreifen auf andere Teile der Klinik verhindern. Doch für die hilflosen Corona-Patienten der Intensivstation wurden ihre eigentlich lebensrettenden Beatmungsgeräte zur Todesfalle. Einerseits erschwerte der Anschluss an das medizinische Gerät ihre schnelle Bergung. Andererseits dürften die Sauerstoffflaschen den Brand noch beschleunigt haben. In wenigen Minuten brannte die Station völlig aus: Erst am Vortag waren die Covid-Patienten ohne Angaben von Gründen vom dritten in den zweiten Stock der Klinik verlegt worden.

Arzt wirft sich in Flammen, um Patienten zu retten

Laut rumänischen Medien hat vermutlich ein Kurzschluss den Brand in der Covid-Ambulanz ausgelöst. Das Kreiskrankenhaus in der rund 350 Kilometer nördlich von Bukarest gelegenen Provinzstadt war in den letzten Monaten mehrmals in die Schlagzeilen geraten. Wegen der unhaltbaren Zustände in der Klinik wurde innerhalb eines Jahres bereits acht Mal der Direktor ausgetauscht – einer der abgelösten Leiter soll der Chef eines örtlichen Bestattungsunternehmens gewesen sein. Der Vorgänger des derzeitigen Klinikleiters hatte nach Medienberichten über die nachlässige Behandlung von Patienten erst vor drei Wochen das Handtuch geworfen: Selbst schwer erkrankte Corona-Infizierte hatten vor einer Untersuchung stundenlang draußen in der Kälte warten müssen.

Die Todesopfer in der ausgebrannten Covid-Ambulanz lassen im Karpatenstaat ungute Erinnerungen an die Brandkatastrophe im Bukarester Nachtclub Colectiv vor fünf Jahren wach werden. Am 30. Oktober 2015 waren dort bei einem Brand 64 Besucher ums Leben gekommen und 147 Menschen verletzt worden. Obwohl der Club fast keine Sicherheitsauflage erfüllt hatte, war die Betriebsgenehmigung erst kurz vor dem Brand verlängert worden. Korruption kostete damals auch vielen zunächst geretteten Opfern mit Verspätung das Leben: Wegen bis zur Unwirksamkeit gepanschter Desinfektionsmittel verstarb über die Hälfte der Opfer an den Keimen in den Bukarester Krankenhäusern.

Die Empörung über den Skandal kostete den damaligen sozialistischen Premier Viktor Ponta sein Amt. Und auch jetzt kommt der Klinikbrand drei Wochen vor der Parlamentswahl der liberalen Minderheitsregierung von Premier Ludovic Orban (PNL) mitten in der in Rumänien zunehmend außer Kontrolle geratenen Corona-Krise mehr als ungelegen.

Fünf Jahre seien seit der Brandkatastrophe im Colectiv vergangen, „und die Geschichte wiederholt sich“, klagt nach dem Krankenhausbrand Eugen Iancu, der Vorsitzende des Colectiv-Opferverbands. Der Colectiv-Brand sei das „Ergebnis von Gleichgültigkeit, Korruption, mangelnder Prävention, Diebstahl und Gemeinheit“ gewesen: „Sie haben nichts geändert. Und wieder schlägt das Feuer zu – und fordert der Tod seinen Tribut.“

J.C.Kemp
15. November 2020 - 18.51

Eine kleine Frage: Was würde denn hierzulande mit diesen Menschen geschehen?