Ukraine-KonfliktAsselborn und Bettel verurteilen Anerkennung der „Volksrepubliken“ – EU schlägt Sanktionen vor

Ukraine-Konflikt / Asselborn und Bettel verurteilen Anerkennung der „Volksrepubliken“ – EU schlägt Sanktionen vor
Wladimir Putin, Präsident von Russland, spricht während einer Sitzung des Sicherheitsrates im Kreml Foto: Uncredited/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

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Russland drohen nach der Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine scharfe Sanktionen. Der Vorschlag der EU-Kommission beschränkt sich nicht auf Einreiseverbote und Vermögenssperren. Premierminister Xavier Bettel und Außenminister Asselborn verurteilen das Vorgehen Russlands währenddessen auf Twitter.

Die russische Staatsduma hat die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängige Staaten ratifiziert. Sowohl Premierminister Xavier Bettel als auch Außenminister Jean Asselborn haben sich auf Twitter zu der Anerkennung der „Republiken“ Donezk und Lugansk durch Wladimir Putin geäußert.

„Ich verurteile den jüngsten Verstoß gegen die Minsker Vereinbarungen durch Russland. Wir werden eng mit unseren EU-Partnern zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Antwort zu finden“, schreibt der Premier am Montagmorgen. Asselborn hat die Anerkennung der „Republiken“ ebenfalls verurteilt. Es sei eine eklatante Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine, des Völkerrechts und der Minsker Vereinbarungen und „steht im Widerspruch zu den diplomatischen Bemühungen“.

EU schlägt weitreichende Sanktionen vor

Die EU-Kommission hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unerwartet weitreichende Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen. Ein am Dienstag den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht Angaben von Diplomaten zufolge vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen.

Darunter wären rund 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben, aber auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Auch sollen die Freihandelsregelungen der EU mit der Ukraine nicht mehr für die Gebiete in der Ostukraine gelten. Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.

An den Beratungen beteiligte Personen betonten, dass das volle Arsenal der Sanktionsmöglichkeiten noch nicht genutzt werde. Sanktionen zum Beispiel gegen den russischen Energiesektor und Ausfuhrverbote für Hightech-Technologie sind für den Fall vorbereitet worden, dass Russland einen Angriff auf die ganze Ukraine startet. Auch Kremlchef Wladimir Putin wird voraussichtlich noch nicht auf die EU-Sanktionsliste kommen. Beschlossen werden müssen alle Sanktionen letztlich vom EU-Ministerrat. Die Entscheidung kann auch im schriftlichen Verfahren erfolgen. Über das genaue Vorgehen werden sich voraussichtlich die Außenminister bei einem Sondertreffen an diesem Dienstag in Paris abstimmen.

Deutschland stoppt vorerst Pipeline Nord Stream 2

Die deutsche Regierung stoppt vorerst das Genehmigungsverfahren für die umstrittene Pipeline Nord Stream 2. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag in Berlin.

Konkret zieht die Regierung einen Bericht an die Bundesnetzagentur zurück. Er habe das Wirtschaftsministerium gebeten, den bestehenden Bericht zur Analyse der Versorgungssicherheit bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen, sagte Scholz. „Das klingt zwar technisch, ist aber der nötige verwaltungsrechtliche Schritt, damit jetzt keine Zertifizierung der Pipeline erfolgen kann.“ Ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen, betonte Scholz.

Die zuständige Abteilung des Wirtschaftsministeriums werde einen neue Bewertung der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung dessen vornehmen, „was sich in den vergangene Tagen verändert hat“, sagte der Bundeskanzler. „In dieser Phase ist es jetzt wichtig, neben ersten Sanktionen eine weitere Eskalation und damit eine weitere Katastrophe zu verhindern. Darauf zielen alle unsere diplomatischen Anstrengungen.“ Dem Vernehmen nach ließ Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen solchen Schritt bereits nach seinem Amtsantritt prüfen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montagabend die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Der Kremlchef ordnete auch eine Entsendung russischer Soldaten in die Ostukraine an. Er plant damit bereits zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine. Der Westen wirft ihm vor, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.

Der 1.230 Kilometer lange Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland ist zwar fertiggestellt, es fließt bislang aber noch kein Erdgas durch die Pipeline. Das Zertifizierungsverfahren lag zuletzt bereits auf Eis. Die Bundesnetzagentur hatte das Verfahren im November ausgesetzt und verlangt, dass die Betreibergesellschaft nach deutschem Recht organisiert ist. Die Nord Stream 2 AG will der Auflage mit der Gründung einer deutschen Tochtergesellschaft nachkommen.

US-Präsident Joe Biden hatte bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst deutlich gemacht, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für die bereits fertig gestellte Leitung bedeuten würde. Die USA werden nach eigenen Angaben noch am Dienstag weitere, möglicherweise schwere Sanktionen gegen Russland ankündigen. Das US-Präsidialamt teilt mit, dies werde mit den Verbündeten und Partnern koordiniert.

Johnson kündigt Wirtschaftssanktionen an

Die britische Regierung will scharf auf die russische Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete reagieren. Es werde ein Sofortpaket von Wirtschaftssanktionen geben, kündigte Premierminister Boris Johnson am Dienstag in London nach einer Sitzung seines Sicherheitskabinetts an. „Wir müssen sicherstellen, dass wir die Nabelschnur durchtrennen“, sagte Johnson. Er betonte, dass auch die Gaspipeline Nord Stream Ziel von Sanktionen sein müsse. Kabinettsmitglied Sajid Javid sagte, die russische Invasion habe bereits begonnen.

Die britischen Maßnahmen zielten nicht nur auf die selbst ernannten Volksrepubliken, sondern „auf Russland selbst, indem wir die russischen Wirtschaftsinteressen so hart wie möglich ins Visier nehmen“, sagte Johnson. Es sollten diejenigen getroffen werden, die Russlands „Kriegsmaschinerie“ unterstützen. „Dies ist, ich betone, nur das erste Sperrfeuer britischer Wirtschaftssanktionen gegen Russland, weil wir davon ausgehen, dass noch mehr russisches irrationales Verhalten folgen wird“, sagte Johnson.

Der russische Präsident Wladimir Putin habe das internationale Recht „vollständig zerrissen“, sagte Johnson. Er warnte, Putin strebe eine großangelegte Invasion an. Großbritannien werde alles tun, dass Putin damit scheitere. Johnson räumte ein, der Westen habe nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 versagt. Europa habe zu wenig getan, um sich von russischem Öl und Gas zu lösen.

In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj drückte Johnson in der Nacht zum Dienstag seine „tiefe Besorgnis“ über die Entwicklung aus, teilte Downing Street mit. Er werde „weitere defensive Unterstützung“ für die frühere Sowjetrepublik erwägen, wenn Kiew dies wünsche. Großbritannien hat unter anderem Panzerabwehrwaffen an die Ukraine geliefert.

China ruft zu Zurückhaltung auf

Angesichts der Eskalation im Ukraine-Konflikt ruft China alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf. „China fordert erneut alle Parteien auf, Zurückhaltung walten zu lassen“, sagte Außenminister Wang Yi am Dienstag (Ortszeit) nach Angaben des chinesischen Außenministeriums in einem Telefonat mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken. Es sollen Anstrengungen unternommen werden, „die Situation zu deeskalieren und Differenzen durch Dialog und Verhandlungen“ zu lösen.

Die chinesische Botschaft in der Ukraine sprach eine Warnung an ihre Staatsbürger vor Ort aus. Es sei zu „großen Veränderungen der Lage in der Ostukraine“ gekommen. Von Reisen in die instabilen Regionen solle daher abgesehen werden, hieß es. Auch wurden Chinesen in der Ukraine dazu aufgerufen, sich mit Lebensmitteln, Wasser und anderen täglichen Notwendigkeiten einzudecken.

Wang Yi hatte am Wochenende in einer Video-Rede bei der Münchener Sicherheitskonferenz Hinweise auf die chinesische Haltung in dem Konflikt geliefert. Dort sprach er sich zwar erneut gegen eine Osterweiterung der NATO aus. Er sagte aber zugleich, dass die territoriale Integrität eines jeden Landes geschützt und respektiert werden müsse. Die Ukraine sei hier „keine Ausnahme“.

Auch auf der Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Montagabend (Ortszeit) rief China zu einer friedlichen Lösung auf. „Alle betroffenen Parteien müssen Zurückhaltung üben und alles vermeiden, was Spannungen schüren könnte“, sagte der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun. „Wir glauben, dass alle Länder internationale Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta lösen sollten.“

Claude Oswald
22. Februar 2022 - 17.25

Et ass jo awer net, wéi wann dem Putin séng Actioun net ze verstoe wier. Just eis Politiker wëllen dat anscheinend net verstoen a weise sech skandaliséiert.

Romain Juni
22. Februar 2022 - 14.01

Biden freut sich bestimmt dass Nordstream nicht in Betrieb geht.Fragt sich nur wie Deutschland ohne Kohle, Atom und Gas über die Runden kommen soll.Die Flattermuehlen produzieren nicht immer so viel Energie wie jetzt während der Sturmtage und die Sonne lässt sich selten blicken.