EU-ParlamentAbgeordnete haben Gesetzesinitiative zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen vorgelegt

EU-Parlament / Abgeordnete haben Gesetzesinitiative zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen vorgelegt
Ein Mann arbeitet in einer Tuchfabrik in Bangladesch: Beschäftigte in der Textilindustrie in Asien sind oft prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt Foto: Mohammad Ponir Hossain/Reuters

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Die Unternehmen in der Europäischen Union sollen mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und künftig darauf achten, dass ihre Waren und Dienstleistungen nicht auf Kosten der Umwelt und Menschenrechte hergestellt oder erbracht werden. Das EU-Parlament (EP) diskutierte am Montag eine entsprechende Gesetzesinitiative, über die bis am heutigen Mittwoch abgestimmt wird.

Der Einsturz einer Textilfabrik in der Hauptstadt von Bangladesch im April 2013, bei dem über 1.100 Menschen starben, warf ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen von Näherinnen und Nähern, die Kleider für den europäischen Markt herstellen. Berichte über Zwangsarbeit von Uiguren in China mehrten sich in jüngster Zeit. Kinderarbeit ist weltweit längst noch nicht überall abgeschafft. Und die Verschmutzung der Umwelt im Zuge der Produktion von Gütern wird in den EU-Ländern zwar zunehmend eingedämmt, findet aber auch dort und in noch höherem Maße in anderen Weltregionen weiterhin statt. Mit ihrer Gesetzesinitiative legen die EU-Parlamentarier ihren Vorschlag zur Regelung der Sorgfalts- und Rechenschaftspflicht für Unternehmen vor, die diese im Rahmen ihrer Tätigkeit einhalten sollten. Das bedeutet, dass die Unternehmen künftig darauf achten müssen, dass bei der Herstellung ihrer Produkte weder Menschen noch die Umwelt zu Schaden kommen. Und das entlang der gesamten Lieferkette der für die Produktion notwendigen Materialien und Dienstleistungen.

Die europäische Gesetzgebung soll daher ebenfalls angewendet werden, wenn Schäden in Drittstaaten entstehen, sagte am Montag die Berichterstatterin im EP, die niederländische Sozialdemokratin Lara Wolters. Doch auch Unternehmen, die ihre Waren und Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt verkaufen, hier aber nicht vertreten sind, müssten sich an die neuen Regeln halten. Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht müsste demnach Bedingung sein, um überhaupt Zugang zum Binnenmarkt zu erhalten.

„Die Wertschöpfungsketten müssen positiv verändert werden“, sagte die S&D-Politikerin und wies darauf hin, dass es diesbezüglich bisher noch keine Haftung gebe. Produkte, die durch Kinder- oder Zwangsarbeit oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen entstanden sind, sollten erst gar nicht in die EU eingeführt werden, so die EP-Abgeordneten in einer Resolution zu ihrer Gesetzesinitiative. Die EU-Parlamentarier wollen möglichst viele Betriebe einbeziehen, nicht nur große, börsennotierte, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen, die einem großen Risiko ausgesetzt seien. Bei Letzteren werden gerne mittelständische und kleine Schokoladenhersteller als Beispiel angeführt.

In einigen EU-Staaten besteht bereits ein sogenanntes Lieferkettengesetz, wie es in Deutschland bezeichnet wird, wo sich die Regierung vergangene Woche auf ein solches geeinigt hat. Frankreich hat bereits 2017 eine entsprechende Regelung eingeführt, die allerdings nur für Betriebe ab 5.000 Mitarbeitern gilt. Neben Luxemburg wird in einer Reihe weiterer EU-Länder ein derartiges Gesetz ausgearbeitet. Um aber eventuellen Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen, soll eine einheitliche Lösung her. Die EU-Kommission wird bis zum Sommer einen Vorschlag vorlegen, wie EU-Justizkommissar Didier Reynders am Montag versicherte. Anschließend werden sich die EU-Staaten und das EP auf einen gemeinsamen Text einigen müssen.

Sanktionen vorgesehen

Laut einer Studie der Kommission kommen „derzeit nur 37 Prozent der befragten Unternehmen der Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Umwelt und die Menschenrechte“ nach, halten die EP-Abgeordneten in ihrer Resolution fest. Allerdings würden auch 70 Prozent der Unternehmen die Einführung einer Sorgfaltspflicht befürworten.

Die EP-Abgeordneten fordern allerdings auch, dass insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) technische Unterstützung angeboten werden müsse, damit sie den Nachweis erbringen können, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und ihre Zulieferer entsprechend kontrollieren. Didier Reynders wies denn auch darauf hin, dass bereits eine Folgeabschätzung der Gesetzesvorlage durchgeführt werde und die direkten und indirekten Kosten vor allem für die KMUs dabei berücksichtigt werden. Die Unternehmen müssen auch in der Lage sein, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen. Denn auf der anderen Seite werden ihnen Sanktionen angedroht, sollten sie dies nicht tun. Mitgliedstaaten könnten in diesem Fall etwa Geldbußen verhängen oder nichtkonforme Unternehmen von öffentlichen Aufträgen oder Beihilfen ausschließen.