Montag20. Oktober 2025

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Pilot und Fokker-Experte werden beschuldigt

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Am Mittwoch beantragt die Verteidigung den Freispruch von zwei Ex-Technikern. Für Me Andre Lutgen, Anwalt des damaligen Chef-Technikers Guy Arend, steht fest: Allein der Pilot trägt die Verantwortung für den Flugzeugunfall am 6. November 2002.

Am Mittwoch beendete Me Andre Lutgen, der Anwalt von Guy Arend, einem der Ex-Cheftechniker der Luxair, sein Plädoyer. Auch er hatte am Dienstag seine Argumentation auf die Verjährungsfrist (die Ereignisse seien zu alt, um eine effiziente Verteidigung zu ermöglichen) gestützt und auf die Tatsache, dass sein Mandant vor dem Fokker-Crash vom 6. November 2002 keine Kenntnis der „Service- Dokumente“ von Fokker und seinem Zulieferer hatte. Damals habe der Flugzeughersteller den Einbau einer weiteren Sicherung für den Schubhebel angeregt. Da es sich aber nur um eine Option handelte, sahen viele Fluggesellschaften, darunter auch die Luxair, von der Modifizierung ab.

Für Lutgen trägt allein der Pilot die Verantwortung für den Unfall, der 20 Menschenleben forderte. Ein Ingenieur oder ein Techniker könne nicht ohne eine genaue Anweisung des Flugzeugbauers ein neues Teil einbauen. Dasselbe gelte für jegliche Modifizierung. Es gehe darum, die Zertifizierung der Flieger zu gewährleisten.

„Schuld-Ball“ für Fokker-Experten der Luxair

Auch dieser Anwalt, wie schon die Verteidiger der anderen Angeklagten, spielte den „Schuld-Ball“ zum Fokker- Experten der Luxair, Gilbert Schummer. Dieser hätte nichts gesagt. Lutgen erinnerte auch daran, dass nur sehr wenige Fluggesellschaften ihren Schubhebel zusätzlich gesichert hätten. Schließlich sei auch Fokker schuld, weil die Firma unklar geblieben war. „Und warum haben die Piloten, die jeden Tag mit den Fokker 50 flogen, nie etwas über die Risiken gesagt und keine weitere Sicherung des Hebels gefordert“, fragte Lutgen.

Auf diese Frage reagierte jedoch der Vorsitzende der Strafkammer, Prosper Klein. Er betonte, dass die Piloten sehr wohl über die Gefahr einer Fehlmanipulierung des Hebels Bescheid wussten. Zeugenaussagen und interne Luxair-Berichte würden dies bestätigen. Eine Hauptursache für den Crash soll das vorsätzliche Einlegen des Rückschubs während des Fluges durch den Piloten der Unglücksmaschine gewesen sein. Sein Klient habe sich auf jeden Fall strikt an die Arbeitsteilung und die Vorschriften gehalten, unterstrich der Verteidiger, der ebenfalls den Freispruch für den ehemaligen Techniker beantragte.

Moes gab zu, Fokker-Dokumente gesehen zu haben

Als letzter Verteidiger der Anwälte der sieben Angeklagten trat Me Frank Wies ans Rednerpult. Er verteidigt den damaligen Ingeneering-Chef bei der Luxair, Leon Moes. Auch wenn er nur Techniker war, stünden seine professionellen Kompetenzen außer Frage, betonte sein Anwalt. Er habe seine gesamte Karriere bei der Luxair verbracht und immer an den Fort- und Weiterbildungskursen teilgenommen, inklusive denen von Fokker.

Sein Mandanten sei nach dem Unfall schockiert gewesen. Die Flugsicherheit habe immer eine wichtige Rolle für ihn gespielt. Müsse nun der einzige Angeklagte, der ehrlich gesagt hatte, dass er die Fokker-Dokumente 1992 und 1994 gesehen hatte, verurteilt werden, fragte Wies. Und gab sofort die Antwort: „Nein“. Dann beantragte auch Wies, die strafrechtliche Verfolgung als „unannehmbar“ einzustufen, weil die Anklageerhebung zu lange gedauert hatte.

Technik keine Unfallursache

Moes hätte guten Gewissens gehandelt, als er die Fokker-Bulletins beiseite legte und auf eine genauere Aufforderung seitens des Flugzeugbauers wartete. Die Technik könne ohnehin nicht als Unfallursache angesehen werden, da während Jahren Fokker-50-Maschinen ohne Probleme ihre Zielorte erreichten. Schuld sei das unprofessionelle Verhalten von Claude Poeckes, der gleich eine Serie von fatalen Fehlern im Cockpit begangen hätte. Dem Piloten der Unglücksmaschine wird unter anderem vorgeworfen, verbotenerweise den Rückschub aktiviert und trotz der Ankündigung, eine Warteschleife zu fliegen, den Landeanflug fortgesetzt zu haben.

Dann sei die Aufgabenaufteilung innerhalb der Luxair nicht klar definiert gewesen, erklärte der Verteidiger weiter. Sein Klient hätte immer gedacht, dass eine andere Person, die leider inzwischen verstorben ist und daher nicht mehr aussagen kann, sich um die sogenannten „Service-Dokumente“ kümmerte. Auch habe es zu dieser Zeit (90er Jahre), weder von Fokker noch von anderer Seite Hinweise auf ein erhöhtes Risiko im Falle einer falschen Manipulierung des Schubhebels gegeben. Es sei des Weiteren undenkbar gewesen, dass ein Pilot vorsätzlich während des Fluges in den Landeanflug-„Rückgang“ schaltet. Im Rahmen des Luxair- Prozesses fand man jedoch heraus, das mehrere Piloten dieses Manöver versucht hatten. Die falsche Bedienung des Hebels hatte einen unkontrollierbaren Sinkflug zur Folge.

Me Frank Wies beantragt Freispruch für Ex-Techniker Leon Moes

Bei der Frage des Transfers der Verantwortung innerhalb der Luxair, scheiden sich zwischen Verteidigern der Angeklagten die Geister. Man müsse zwischen einem Arbeits- und einem Verantwortungstransfer unterscheiden, so Me Wies. Seiner Meinung nach seien der direkte Vorgesetzte von Leon Moes, Marc Gallowitch, und die Generaldirektion ebenso schuld an der Entscheidung, die Modifizierung nicht in die Fokker 50 eingebaut zu haben. Moes hätte sich an die vorgeschriebenen Prozeduren gehalten.

Das erkläre aber nicht, warum der Ex- Techniker die Schuld für das Nicht- Integrieren der zusätzlichen Sicherheit in das Flugzeug alleine auf sich nimmt, bemerkte Richter Klein. Warum hat er nicht Marc Gallowitch über seine Zweifel informiert, wenn er welche hatte?

Der Verteidiger beantragte den Freispruch für seinen Mandanten oder zumindest mildernde Umstände oder eine Haftaussetzung, sollte es zu einer Verurteilung kommen.

Strafgericht berechtigt?

Danach trug Me Guy Loesch sein Plädoyer vor. Er vertritt bei den Zivilklagen alle Luxair- Angeklagten mit Ausnahme des Unglückspiloten. In seiner Rede ging es hauptsächlich um die Frage, ob ein Strafgericht die Höhe einer Entschädigung festlegen dürfe. Der Anwalt hätte vor ein paar Tagen behauptet, dass eine Strafkammer, laut Warschauer Konvention von 1929, keine Entscheidung über finanzielle Entschädigungen zu fällen habe.

Dies sei die Aufgabe eines Zivilgerichts. Der Vertrag besagt, dass zwischen einer strafrechtlichen Verfolgung und einer Schadensersatzklage im Bereich des internationalen Flugverkehrs ein Unterschied besteht. Bei Entschädigungsforderungen wird sich auf den Nicht- Respekt eines Vertrags, hier zwischen einem Transportunternehmen und den Passagieren, berufen. Strafrechtliche Verurteilungen spielten hier keine Rolle, unterstrich der Anwalt. Unter anderem würden Fälle aus Frankreich dies dokumentieren. Folglich müsste das Strafgericht sich als „nicht zuständig“ für die Entschädigungsklagen erklären.

„Luxair-U-Boot“ und „Schreibtischtäter“

Er sei schockiert über die Aussagen einiger Anwälte der Nebenklage gewesen, die ihn vor ein paar Tagen als „Luxair- U-Boot“ und „Schreibtischtäter“ bezeichneten, nur weil er ein juristisches Problem aufwarf. Er habe die Information nur sofort weitergegeben, um den anderen Anwälten die Chance zu geben, auf die neue Sachlage zu reagieren.

Es folgte eine Aufzählung der Anstrengungen, welche die Verantwortlichen der Fluggesellschaft und die Versicherungsgesellschaft der Luxair unternehmen, um die Familien der Opfer so schnell wie möglich zu entschädigen. 15 der 21 Opfer- Familien seien schon entschädigt worden, betonte der Anwalt. Man dürfe nicht die Familien der Opfer vergessen, die keine Klage eingereicht hätten. Es könne jedoch nicht sein, dass jemand für einen erlittenen Schaden zweimal entschädigt wird.

Am Ende der Verhandlung wurde über eine weitere Verlängerung des Prozesses diskutiert. Es ist geplant, die Verhandlung bis Mittwoch nächster Woche weiter zu führen. Für Donnerstag sind weitere Plädoyers angekündigt.