Donnerstag13. November 2025

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Fährt die US-Wirtschaft an die Wand?

Fährt die US-Wirtschaft an die Wand?
(dpa)

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Eine bevorstehende Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung ist für die Amerikaner nichts außergewöhnliches. Dieses Mal aber drohen Budgetkürzungen die Wirtschaft abzuwürgen. Im Wahlkampf lauert noch manche böse Überraschung.

Der Kampf ums Weiße Haus gewinnt an Fahrt. Doch die Wahlkampagnen von US-Präsident Barack Obama und seines republikanischen Herausforderers Mitt Romney werden von einer noch nie dagewesenen Haushaltskrise der US-Regierung überschattet.

Die USA steuern auf eine sogenannte Finanzklippe zu, hinter der der Abgrund lauert. So nennen Politiker und Analysten in Washington das Zusammentreffen von Sparmaßnahmen, langfristiger Haushaltskrise und einem drohenden „Shutdown“, der Einstellung staatlicher Dienstleistungen wegen Zahlungsunfähigkeit.

Am Limit der Kreditsumme

In den letzten Wochen des Jahres wird die US-Regierung das Limit jener Kreditsumme erreichen, die sie legal ausleihen darf. Hebt der Kongress diese Schuldengrenze nicht über die derzeitigen 16,4 Billionen Dollar (13,2 Billionen Euro), könnte Amerika theoretisch seine Schulden nicht bezahlen. Nach politischen Querelen zwischen Republikanern und Demokraten bei der vorigen Anhebung der Schuldengrenze im August 2011 hatte der Kongress automatische, schwere Einschnitte für innerstaatliche Ausgaben und das Militärbudget beschlossen. Diese sollen Ende 2012 in Kraft treten.

Das Staatsdefizit für das laufende Jahr könnte mit der Schuldenbremse von etwa 1,2 Billionen Dollar 2013 auf etwa 600 Milliarden Dollar schrumpfen, das sind etwa 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Als politische Gegenmaßnahme zu den geplanten Steuererhöhungen will Obama die geltenden Steuersenkungen für Haushalte mit weniger als 250 000 Dollar Jahreseinkommen ausdehnen. Die Steuereinnahmen von besserverdienenden Bürgern werden gebraucht, um das Budgetloch zu stopfen, so Obama.

Vergiftetes Klima in Washington

Republikaner und Demokraten spielen die Auswirkungen dieses Steuervorschlags hoch, der etwa 50 Milliarden Dollar im Jahr einbringen könnte. Der Streit macht das vergiftete Klima in Washington deutlich. Demokraten und Republikaner sind sich in allem uneinig, außer darin, der anderen Seite keinen Erfolg zuzugestehen.

Selbst wenn nur die Entscheidung über das Schuldenlimit verzögert werde, könne dies nach Ansicht des IWF „die Unsicherheit erhöhen und die Finanzmärkte stören“. Auch die Steuererhöhungen und Budgetkürzungen könnten sich schon vor Jahresende bemerkbar machen, wenn Washington weiter zaudere, meint die Budgetbehörde. Familien würden ihre Ausgaben in Erwartung höherer Steuern einschränken, Firmen Investitionen und Neueinstellungen verschieben – aus Angst, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr nachgebe.

Senkung der Einkommenssteuer

Gleichzeitig läuft eine 2001 von George W. Bush eingeführte und später von Obama verlängerte Senkung der Einkommenssteuer aus. Jegliche Steuererhöhung schwäche die Wirtschaft, argumentieren aber Romney und die das Repräsentantenhaus kontrollierenden Republikaner. Politischer Streit ist vorprogrammiert. Einigt sich der Kongress nicht, dann drohe ein Ende der wirtschaftlichen Erholung, die die USA nach der Finanzkrise 2008 erlebt haben, warnen Ökonomen. Dies könne negative Auswirkungen auf die bereits angeschlagene Weltwirtschaft haben, prophezeit der Internationale Währungsfonds IWF.

Die Kongress-Budgetbehörde befürchtet, dass die US-Wirtschaft mit ihrem derzeit ohnehin schwachen 2-Prozent-Wachstum in eine Rezession stürzen könnte. Im ersten Halbjahr 2013 werde mit einem auf Jahresbasis gerechneten Negativwachstum von 1,3 Prozent gerechnet. Diese Trendumkehr würde die Arbeitslosigkeit, schon jetzt konstant auf über 8 Prozent, weiter verschlimmern.

Geld beinahe ausgegangen

Die finanzpolitischen Unsicherheiten in den USA, gekoppelt mit einem möglichen Überschwappen der Euro-Schuldenkrise, waren für die Ratingagentur Fitch Anlass, das Top-AAA-Rating der US-Anleihen mit einem negativen Ausblick zu bewerten. Die Ratingagentur Standard und Poor’s hatte dieses bereits im August 2011 um eine Stufe auf AA-plus herabgesetzt – ein noch die dagewesener Vorgang. Dem Finanzministerium wäre damals beinahe das Geld ausgegangen: Erst in letzter Minute hatte sich der Kongress auf eine Erhöhung der Schuldendecke geeinigt. Trotzdem steigt die Nachfrage nach US-Anleihen – sie gelten im Vergleich zum gefühlten Chaos in Europa immer noch als sicherer Hafen.

Dem Milliardeninvestor Warren Buffett sind die steigenden Staatsschulden schon lange ein Dorn im Auge: Die derzeitige Pattsituation zur Schuldenbremse im Kongress könne mit einem Kompromiss gelöst werden, der „alle ein bisschen unglücklich macht, aber sicherlich besser wäre, als dahinzutreiben wie jetzt“, sagte der 81-jährige dem Wirtschaftssender „CNBC“.