Die Stimme der Athleten im Kampf gegen Doping

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Obwohl es sich in erster Linie um sie dreht, werden sie in der Anti-Doping-Bewegung oft vergessen: Die Sportler. Ein paar haben sich nun zusammengetan, um eine Charta mit den Rechten der Athleten zusammenzustellen. Der erste Entwurf wurde vergangene Woche auf dem Symposium der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Lausanne vorgestellt. Auch in Luxemburg wird die Initiative positiv aufgenommen.

Beckie Scott

„Der Russland-Skandal legte weit mehr offen als Doping in Russland. Es zeigte Brüche und falsche Loyalität im gesamten System.“ So eröffnete Beckie Scott, die Präsidentin der WADA-Athletenkommission, ihre Rede auf dem jährlichen Anti-Doping-Symposium in Lausanne. „Die Sportler haben verstanden, dass es nicht mehr ausreicht, den Status quo zu verteidigen“, erklärte die ehemalige kanadische Skilangläuferin, bevor sie auf die neue Athleten-Charta zu sprechen kam. Man müsse die Athleten stärker in die Doping-Bekämpfung einbinden, meinte auch der stellvertretende WADA-Generaldirektor Rob Koehler. Immerhin seien sie das Herzstück des Sports.

Gewichtige Initiativen

Dr. Anik Sax von der luxemburgischen Anti-Doping-Agentur (ALAD) kann dem nur beipflichten. „Alle Initiativen, die von den Sportlern ausgehen, sind begrüßenswert und haben immer mehr Gewicht als solche, die von Funktionären ausgehen.“ Deswegen wird sich die ALAD in den nächsten Wochen mit der Athletenkommission des COSL zusammensetzen. Ihr Präsident Ralf Lentz erklärt, dass es nicht darum gehen würde, aktiv in den Anti-Doping-Kampf einzugreifen. Vielmehr wollte die Athletenkommission ihren Teil zur Sensibilisierung beitragen.

„Wir haben uns als Athletenkommission zusammengesetzt und geschaut, welche Prioritäten wir in den kommenden Jahren setzen wollen. Eines unserer Hauptanliegen ist die Sensibilisierung in der Doping-Bekämpfung“, so der Volleyballer vom VC Strassen. Gemeinsam mit der ALAD wird die Athletenkommission nun beraten, wie sie sich einbringen wird. „Es geht vor allem darum, dass wir Sportler aufklären, ihnen die Risiken erläutern. Ein Sportler, der nach den Regeln spielen möchte, soll nicht irgendwelche Probleme bekommen, nur weil er sich nicht bewusst war, dass ein bestimmtes Medikament verboten ist, er vergessen hat, anzugeben, wo er sich aufhält, oder sonst irgendeinen Fehler begeht.“

Ralf Lentz

Größeres Verständnis

Für Lentz ist es nur logisch, dass sich erfahrene Athleten in die Sensibilisierung einbringen. „Man begegnet sich auf Augenhöhe. Wir können besser nachvollziehen, mit welchen Problemen die jungen Sportler zu kämpfen haben. Das Verständnis ist einfach größer.“
Deshalb sollen sich die Sportler auch auf internationaler Ebene stärker einbinden, was nun auch passiert. Beckie Scott und Ben Sandford, ein ehemaliger neuseeländischer Skeletoni, haben in Lausanne den ersten Entwurf einer Athleten-Charta vorgestellt. Diese soll die Rechte der Sportler definieren und Letztere somit absichern.

Die meisten Punkte auf der Charta wirken eigentlich banal. Zum Beispiel, dass jeder Athlet das Recht auf sauberen und fairen Sport hat, dass für Chancengleichheit bei Wettkämpfen gesorgt ist oder alle nach dem gleichen Test-Programm kontrolliert werden. Doch so banal diese Punkte auch klingen mögen, so weit sind sie teilweise noch von der Realität entfernt.
Zwischen den unterschiedlichen Staaten gibt es riesige Unterschiede in der Doping-Bekämpfung. Athleten aus dem einen Land werden zum Beispiel häufiger getestet als jene aus einem anderen. Damit ist die Chancengleichheit nicht mehr garantiert.

Level Playing Field

Anik Sax sieht die Initiative für die Charta, an der in den kommenden Monaten noch auf verschiedenen Ebenen gearbeitet werden soll, um dann 2019 definitiv zu stehen, durchaus positiv. Doch die erfahrene Anti-Doping-Kämpferin weiß auch, dass es nicht unbedingt einfach sein wird, sich zu einigen.

„Man muss bedenken, dass es zwischen den Athleten auch große Unterschiede gibt. Je nach Sportart oder Herkunftsland ändern die Interessen der Sportler. Einer, der Millionen verdient, hat wahrscheinlich andere Anliegen als einer, der nur durch seinen Sport nicht über die Runden kommt“, gibt sich Sax realistisch. Doch auch sie würde es begrüßen, wenn die Sportler mit einer Stimme sprechen würden.

Für Lentz ist die Athleten-Charta eine tolle Diskussionsgrundlage. „Dadurch werden vielleicht Dinge infrage gestellt, bei denen dies ansonsten nicht der Fall wäre.“ Aber auch der Präsident der COSL-Athletenkommission weiß, dass die Umsetzung einer allgemeinen Charta nicht unbedingt einfach wird. „Wenn sie erst mal steht, sollte sich jedes Land daran orientieren und analysieren, in welchen Bereichen es Nachholbedarf gibt. Auf jeden Fall kann eine Charta dazu beitragen, dass wir dem ‚Level Playing Field‘ ein Stück näher kommen können.“