EditorialSchongang nach Schonfrist: Wann kommt die Regierung in die Gänge?

Editorial / Schongang nach Schonfrist: Wann kommt die Regierung in die Gänge?
 Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Zugegeben, nach den ersten Wochen von Schwarz-Blau war sich der Leitartikler sicher, dass ihm die Themen in den kommenden fünf Jahren nicht ausgehen würden. So schnell ändern sich die Zeiten. Um politische Aktualität kommentieren zu können, muss sie erst einmal vorhanden sein. Dies liegt vor allem im Kompetenzbereich der Regierung. Doch nach der – von der Vorgängerregierung teilweise beschlossenen – Anpassung der Steuertabelle, Maßnahmen im Logement, über die sich vor allem Investoren freuen, einem mehr als umstrittenen Bettelverbot und einer zaghaften Diskussion über das Rentensystem wurde es relativ still. Fast so, als hätte die Regierung nach der 100-tägigen Schonfrist den Schongang eingelegt.

Bis auf Friedens Tabubruch in Sachen Atomenergie beim EU-Gipfel und der darauffolgenden Relativierung seiner Aussagen bleiben er und seine Minister und Ministerinnen unauffällig. Ob es am Fehlstart der CSV-DP-Regierung liegt oder einfach der Tatendrang bereits nach wenigen Monaten im Amt nachgelassen hat, bleibt erst einmal abzuwarten. Fakt ist allerdings, dass auch der erste Haushaltsentwurf wirkliche politische Akzente vermissen lässt. Übergangsbudget hin oder her, wenigstens der Hauch einer eigenen Handschrift sollte schon zu erkennen sein. Nicht einmal die von Finanzminister Gilles Roth (CSV) angekündigten Sparmaßnahmen tauchen im Budget auf, wie der Rechnungshof in seinem Gutachten feststellte. Auch die von der neuen Koalition zur Priorität erklärte Armutsbekämpfung sucht man vergebens. Der Haushaltsentwurf zeigt dafür aber Parallelen zum ersten Budget der Dreierkoalition. Im März 2014 erklärte der damalige Finanzminister ebenfalls, bei den Funktionskosten des Staates sparen zu wollen. Gramegna sprach damals von einem Sparpotenzial von 50 Millionen Euro. Auch die Neueinstellungen beim Staat wurden 2014 gedrosselt.

Damit wurde der DP-Minister Gramegna wesentlich konkreter als sein CSV-Nachfolger. Dem akzentlosen Budgetentwurf zufolge könnte der politische Schongang noch bis Oktober und damit zur Präsentation des Haushaltes für 2025 fortgeführt werden. Eine Trägheit, die auch parteiintern sowohl bei der CSV als auch bei der DP dem einen oder anderen sauer aufstößt. Es scheint, als wolle sich die Regierung schon jetzt ohne weitere größere Schäden bis zu den Europawahlen am 9. Juni retten. Das sind noch gut anderthalb Monate. Einen Monat später stehen bereits die Sommerferien an, in denen das Land bekanntlich mindestens acht Wochen stillsteht. Und dann wären wir schon fast bei der Vorstellung des neuen Haushaltsplans. Sollten sich CSV und DP hierfür erneut an Blau-Rot-Grün inspirieren, wären das keine guten Aussichten. Die Austeritätspolitik des „Zukunftspak“ machte vielen Menschen zu schaffen. 

Die Herausforderungen unseres Landes sind heute enorm. Mit Stillstand werden sie allerdings nur noch größer. Wann kommt die Frieden-Regierung endlich in die Gänge?