Cannabis doch kein IQ-Killer?

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Gerade als eine Langzeitstudie vermeintlich endgültig nachgewiesen hat, dass Kiffen in jungen Jahren dumm macht, meldet ein anderer Forscher Zweifel an: Die Studie sei fehlerhaft.

Im August haben US-Wissenschaftler eine vielbeachtete Studie veröffentlicht, die belegen soll, dass Cannabis-Konsum besonders bei jungen den Intelligenzquotienten schrumpfen lässt. Sie stellten fest, dass sich bei Langzeitkonsum bestimmte Bereiche des Gehirns deutlich verschlechtern würden und dieser Zustand über Jahre anhalte.

Die Forscher um Madeline Meier von der Duke University in Durham im Bundesstaat North Carolina werteten dafür Daten einer neuseeländischen Langzeitstudie aus, die über fast 40 Jahre lief. Dabei absolvierten die Probanden mit 13 eine Reihe von IQ-Tests, die im Alter von 38 wiederholt wurden. Durchschnittlich erreichten sie beim zweiten Test einen um acht Punkte tieferen Wert. Die Duke-Forscher betonten, dass die schlechten Werte nicht mit der Ausbildung oder dem Konsum von Alkohol und anderer Drogen erklärt werden konnten.

Nun widerspricht ein norwegischer Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „PNAS“ der These, dass Cannabis für den Abbau im Gehirn verantwortlich sei. Ole Røgeberg vom Ragnar Frisch Centre for Economic Research in Oslo macht andere Faktoren für den verminderten IQ von erwachsenen Kiffern verantwortlich. Er sieht den sozioökonomischen Status von Frühkiffern als Grund dafür, dass sie im späteren Leben gebremst sind.

Methodische Fehler

Bei seiner Studie stützte sich Røgeberg ebenfalls auf die Daten aus Neuseeland, die er in einer mathematischen Simulation auswertete. Sie zeigte, dass Personen aus einem ärmeren, weniger gebildeten Umfeld eher als Jugendliche zu kiffen beginnen und später eher abhängig werden. Gleichzeitig büßen Vertreter dieser Bevölkerungsgruppe im Laufe ihres Lebens IQ-Punkte ein, da sie meist weniger anspruchsvolle Ausbildungen absolvieren und später in Berufen arbeiten, die sie geistig weniger herausfordern.

Kinder aus gutem Elternhaus schließen dagegen eher eine höhere Ausbildung ab und wechseln dann in spannendere Berufe, was sich im späteren Leben positiv auf den IQ auswirkt.

Hier knüpft Røgebergs Kritik an der ersten Studie an. Zwar diskreditiert er die Ergebnisse nicht, lastet ihnen aber methodische Fehler an, weil sie die von ihm aufgezeigten sozioökonomischen Faktoren zu wenig berücksichtigt hatte. „[Meine] Resultate deuten darauf hin, dass der kausale Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum in der Jugend und dem IQ in der Studie mindestens überschätzt wurde und die tatsächlichen Effekte vielleicht sogar gegen null gehen könnten“, schreibt der Norweger.

Interessante Erkenntnisse

Madline Meier, eine der Autorinnen der ersten Studie, bezeichnet die Erkenntnisse von Røgeberg als interessant, wie die Fachzeitschrift „Nature“ schreibt. Sie betont aber, dass aufgrund ihrer Studie, der Rückgang des IQs nicht ausschließlich mit sozioökonomischen Faktoren erklärt werden könne.

In ihrer Untersuchung hätten sie festgestellt, dass der IQ von abstinenten Jugendlichen bis ins Erwachsenenalter gleich blieb, unabhängig vom sozioökonomischen Status. Deshalb sei sie überzeugt, dass der sozioökonomische Status keinen Einfluss auf einen schrumpfenden IQ habe.