BasketballWie der Basketball in Trier erneut um seine Existenz kämpft 

Basketball / Wie der Basketball in Trier erneut um seine Existenz kämpft 
Die Gladiators Trier um den luxemburgischen Nationalspieler Thomas Grün (Nummer 10)  kämpfen um ihre Existenz – doch hinter ihnen steht eine ganze Region, die den Profi-Basketball in Trier nicht missen möchte Archivbild: Julien Garroy/ Le Quotidien

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Es scheint, als gäbe es in Trier keine Saison, die nicht mit Rückschlägen verbunden ist. Nach der Insolvenz der TBB Trier 2015 und den immer wieder aufkommenden finanziellen Problemen der Gladiators, fehlen dem Basketballverein nach der kompletten Absage der Pro A etwa 300.000 Euro. Doch es ist nicht die Mentalität der Trierer, aufzugeben. Eine ganze Region kämpft nun dafür, den Profi-Basketball an der Mosel erneut am Leben zu halten. 

Es benötigt viel Kraft und Zeit, um Rückschläge wegzustecken. Einen Neubeginn zu wagen, verlangt Mut und erfordert einiges an Aufbauarbeit – bei Verantwortlichen, Spielern, Mitgliedern oder Fans. Fast genau fünf Jahre ist es her, dass der Trierer Basketball die dunkelste Stunde seiner Geschichte erlebte. Damals musste die Treveri Basketball AG, die Betreibergesellschaft des Bundesligisten TBB Trier, im März 2015 Insolvenz anmelden und der Erstligist war nach 25 Jahren gezwungen, den Gang in die deutsche Zweitklassigkeit anzutreten. Ein Vierteljahrhundert Erstliga-Basketball in Deutschland, dazu die Gewinne des deutschen Pokals 1998 und 2001Trier hat eine lange Geschichte hinter sich und will diese noch weiterschreiben. Doch irgendwie wirkt es, als würde der Verein nicht zur Ruhe kommen. Denn auch 2020 werden dem Verein Steine in den Weg gelegt. Durch die Corona-Zwangspause fehlen etwa 300.000 Euro.

Es schien in dieser Saison bei den Trierern zu laufen: Am 17. Spieltag strömten 4.187 Zuschauer in die Arena, um den sechsten Sieg in Folge zu feiern. Die Trierer genießen dabei immer wieder prominente Unterstützung – auch der ehemalige TBB-Spieler Brian „Air“ Harper, der mit den Trierern schon den FC Bayern München in der Arena besiegte, und auch der aktuelle Nationaltrainer Deutschlands, Henrik Rödl, der fünf Jahre Headcoach der Trierer war, fanden sich in den Reihen der Trier Arena wieder. Zwischenzeitlich befanden sich die Moselstädter auf dem fünften Platz in der Tabelle. „Wir standen mehr als die Hälfte der Saison auf einem Play-off-Platz und waren sehr zufrieden“, erklärt Geschäftsführer Achim Schmitz. Doch einfach sollte es für die Gladiators, für die der luxemburgische Nationalspieler Thomas Grün spielt, auch in dieser Saison nicht werden. Nein, es sollte sogar um einiges schlimmer werden. „Wir hatten unser letztes Heimspiel am 8. März“, erinnert sich Schmitz. „Rund eine Stunde vor Spielbeginn habe ich von der Warnung des Gesundheitsministers Jens Spahn erfahren, der sagte, dass Veranstaltungen von über 1.000 Zuschauern nicht mehr stattfinden sollen.“

120.000 Euro als Ziel 

Glück für die Trierer, so war es nur eine Empfehlung und das Spiel konnte über die Bühne gebracht werden – doch Schmitz ahnte schon zu diesem Zeitpunkt nichts Gutes. „Es hatte sich bereits an dem Tag herauskristallisiert. Zwei Tage später kam dann die Meldung der Landesregierung, dass Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Zuschauern verboten werden.“ Schnell realisierte der Vorstand der Trierer, in dieser Saison kein Heimspiel mehr mit Zuschauern austragen zu dürfen – kurz danach kam die Meldung der Verantwortlichen der Pro A, dass die Saison komplett abgebrochen sei. „Das war für uns ein Desaster“, sagt Schmitz. „Wir hätten noch drei Heimspiele in der regulären Saison gehabt und waren davon überzeugt, in die Play-offs zu kommen. Da hätten wir dann noch mal die Zuschauereinnahmen des einen oder anderen Spiels generiert.“ So stehen die Gladiators am Ende der Saison auf einem wertlosen siebten Platz. 90.000 Euro hätte man für den Einzug in die Play-offs von den Sponsoren garantiert bekommen. „Wir hätten dazu, ähnlich wie in der letzten Saison, noch die Trikots oder die Spiele vermarkten können. Deswegen haben wir den Ausfall auf etwa 300.000 Euro beziffert.“

Ein Defizit, das die Gladiatoren zurzeit in Existenzängsten leben lässt. Noch am Abend der Saison-Absage habe sich der Trierer Vorstand versammelt, um einen Sanierungsplan zu erarbeiten, der sich letztendlich aus drei Säulen zusammensetzt, erklärt der Trierer. „Die wichtigste Säule sind unsere Fans“, sagt Schmitz, der seit der Gründung der Gladiators 2015 als Geschäftsführer tätig ist. „Stand as One 30“ heißt die Fan-Aktion, bei der die Unterstützer des Trierer Basketballs virtuelle Tickets für 30 Euro erwerben können. Den letzten Kontostand veröffentlichte der Verein am Donnerstagmorgen, als die Fans bereits 94.579,30 Euro gespendet hatten. Ziel der Aktion ist es, bis nächsten Mittwoch 120.000 Euro eingesammelt zu haben. Ist dies nicht der Fall, würde das Geld nicht ausgezahlt werden. „Wenn wir diese Marke erreichen, wäre der Fortbestand des Trierer Basketballs erst mal gesichert. Wie es danach weitergeht, müssen wir im Einzelnen sehen, aber erst mal geht es ums Überleben“, so Schmitz. Als zweite Säule spricht er die Sponsoren an. Das Problem dabei sei aber, dass auch die mittelständischen Unternehmen selbst ums Überleben kämpfen. Als letzte Geldquelle erwähnt Schmitz, den fehlenden Betrag über Kredite aufzufangen.

Kaderplanung nicht möglich

Pläne, wie es in der nächsten Saison weitergehen könnte, kann Schmitz momentan noch nicht machen. „Unmöglich“ sei dies, in Anbetracht dessen, nicht zu wissen, wann und wie es weitergeht. In den Wochen vor der Corona-Krise hatte man sich in Trier bereits mit einigen Spielern über die kommende Saison unterhalten, doch diese Gespräche seien „alle auf Eis gelegt“. Noch weiß niemand, wie viel die Sponsoren in der nächsten Saison geben können. „Unser Budget für die nächste Saison einzuschätzen geht nicht. Das wäre ein Würfelspiel. Deswegen zählt im Moment auch nur, den Basketball in Trier irgendwie zu retten.“

Um Geld zu sparen, haben die Trierer im Verein Kurzarbeit eingeführt. Die Spieler kämpfen aktuell selbst auch um den Erhalt des Vereins: Vergangenen Donnerstag war Mannschaftskapitän Simon Schmitz zwei Stunden als Kassierer in einem Geschäft der Sponsoren tätig, in den sozialen Netzwerken machen die Spieler fleißig Werbung für die „Stand as One 30“-Kampagne. Fit halten dürfen sich die Spieler bei Trainingseinheiten, die maximal zu zweit stattfinden. Die beiden US-Amerikaner Kyle Dranginis und Jordan Geist sind in ihre Heimat zurückgekehrt, ihre Verträge wurden aufgelöst. 

Schmitz ist guter Dinge, die Marke von 120.000 Euro zu erreichen, um somit auch im nächsten Jahr Profi-Basketball an der Mosel zu sehen. Wegen der Verantwortlichen, der Spieler, der Mitglieder und der Fans, die gemeinsam an einem Strang ziehen – um auch in der nächsten Saison Basketball-Feste feiern zu können. 

 

Thomas Grün: „Ich mache mir Gedanken um den Verein“

Der luxemburgische Nationalspieler Thomas Grün verbringt seine Zeit gerade bei seiner Freundin in Esch/Alzette. Es sei ein komisches Gefühl gewesen, dass die Saison vom einen auf den anderen Tag beendet wurde, sagt Grün. Nun befindet sich der Profi-Basketballer in einer verfrühten Sommerpause. „Ich habe mich in den letzten Tagen so erholt, wie ich es gemacht hätte, wenn wir die Saison regulär zu Ende gespielt hätten.“ Doch für den Differdinger fühlt sich die Saison wie ein unfertiges Produkt an. Die ganze Saison habe sich die Mannschaft darauf vorbereitet, in den Play-offs den besten Basketball zu spielen, nun habe man nicht mehr die Möglichkeit. „Es gibt Wichtigeres als Basketball“, weiß der 1,96-Meter-Mann. „Aber es ist schon schade, weil wir vor allem im letzten Spiel gemerkt haben, dass Automatismen greifen und die Defense mit der Offense immer besser harmoniert.“ Sollte der Basketball in Trier bestehen, würde Grün weiterhin für die Moselstädter auflaufen – der 25-Jährige hat noch einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison. „Ich mache mir Gedanken um den Verein“, gibt Grün zu. „Es wäre schade für die Region und auch für die ganzen Luxemburger, die immer nach Trier zum Basketball kommen.“ Trotz der Existenzängste des Vereins denkt Grün nicht über andere Vereine nach. „Ich fühle mich sehr wohl in Trier und werde mich richtig vorbereiten und mich voll auf nächstes Jahr fokussieren. Mein Motto ist es, den Tag zu leben. Was danach kommt, spielt noch keine Rolle.“ Seit 2016 spielt er an der Mosel, vor allem die „familiäre Atmosphäre“ im Verein habe es ihm angetan. „Dazu kommt, dass wir eine der geilsten Hallen der zweiten Liga haben. Es macht richtig Spaß, hier zu spielen.“ Sportlich habe sich Grün, der als Rookie nach Trier kam, „sehr gut entwickelt“, sagt Geschäftsführer Schmitz. Grün: „Ich habe mich vom unerfahrenen Rookie zum erfahrenen Zweitliga-Spieler entwickelt. Ich war lange ein Spieler, der vor allem für seine Defense-Qualitäten geschätzt wurde, aber jetzt kann ich auch in der Offense Akzente setzen.“