BasketballVon null auf hundert: Bei der Résidence sind plötzlich die Ersatzspieler wie Thierry Cames gefordert

Basketball / Von null auf hundert: Bei der Résidence sind plötzlich die Ersatzspieler wie Thierry Cames gefordert
Thierry Cames (in Weiß) hat seinen Wechsel nach Walferdingen bisher keine Sekunde bereut Foto: Gerry Schmit

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Von der Bank in die Starting Five: In den letzten Wochen waren in Walferdingen plötzlich die Ersatzspieler gefordert und meisterten die neue Aufgabe mit Bravour. So wie Thierry Cames, der von einer großen Herausforderung, aber zugleich auch einer einmaligen Chance spricht.

Mit zwei Punkten Vorsprung thront die Résidence Walferdingen, zwei Spieltage vor Abschluss der Qualifikationsphase, auf dem ersten Tabellenrang und kann rein theoretisch nur noch von der Etzella Ettelbrück von der Spitze verdrängt werden. Ein Sieg in den letzten beiden Begegnungen – am Freitag gegen Tabellenschlusslicht Racing oder nach der Länderspielpause gegen Fels – reicht dem Team aus dem Alzette-Tal jedoch sicher, um als Klassenprimus in die nächste Meisterschaftsphase einzuziehen. 

Dabei waren die letzten Wochen keine einfachen für den Vorjahreshalbfinalisten. Seit zwei Wochen müssen Kapitän Dean Gindt und seine Teamkollegen ohne ihre beiden verletzten Profi-Spieler Alex Stein und Armon Fletcher auskommen. Zu allem Überfluss hat sich mit Xavier-Robert François ein dritter Spieler aus der Starting Five – der aktuell wohl stärksten der Liga – mit Covid-19 infiziert und musste es erst einmal etwas ruhiger angehen lassen. So schlug in den letzten Spielen die Stunde der luxemburgischen Ersatzspieler, die bisher noch nicht in diesem Maß gefordert waren und ihre Aufgabe mit Bravour erledigten. Einer von ihnen ist Thierry Cames, der nicht nur in die Startfünf vorrückte, sondern am Samstag gegen die Sparta auch noch fast 39 Minuten auf dem Parkett stand. Im Vergleich hierzu: Bei seinem Saisondebüt am zweiten Spieltag gegen die Musel Pikes waren es 30 Minuten weniger.

Wir haben hier gesehen, dass wir auch etwas können

Thierry Cames, über den Sieg gegen Esch

Nicht so einfach, wie der 23-Jährige erklärt: „Sonst wirst du eingewechselt und gibst die ganze Zeit über Vollgas. Bei 39, oder wie gegen Esch sogar 40 Minuten Einsatzzeit ist dies nicht mehr möglich. Die Konzentration geht weg und du machst viel mehr Fehlpässe.“ Konditionell eine ganz andere Hausnummer, wie Cames betont: „Das machen ja sonst eigentlich nur die Profi-Spieler.“ Auch von richtigem Training konnte man bei der Résidence in den letzten Wochen nicht wirklich reden. Denn fehlen drei, oder wie in der letzten Woche sogar vier Spieler aus der Starting Five – Dean Gindt ging angeschlagen in die letzte Partie gegen die Sparta und musste im Vorfeld dieser ebenfalls langsamer machen –, wird es beim sonst schon kleinen Kader sehr eng, umso mehr, da unter der Woche auch mal Spieler aufgrund von Schule oder Studium fehlen. „Da gab es wirklich Trainingseinheiten, bei denen nur vier Spieler des Herren-Teams dabei waren“, betont Cames. 

Von neun auf 40 Minuten

Trotzdem sieht man in Walferdingen die ganze Situation eigentlich entspannt, immerhin kann die Mannschaft bereits seit Wochen fest für die Play-off-Phase planen. Somit hätten Stein und François, im Gegensatz zu Fletcher, der noch immer seine Rückenverletzung vom Sturz in Heffingen auskuriert, im Notfall auch bereits wieder eingesetzt werden können. „Doch warum ein unnötiges Risiko eingehen?“, findet auch Cames. Und so könnte die Länderspielpause in der nächsten Woche vom Zeitpunkt her für den Tabellenführer eigentlich auch zu keinem besseren Zeitpunkt kommen. „So können sich die angeschlagenen Spieler richtig erholen und wir mit unserer kleinen Rotation ausgeruht in das letzte Qualifikationsspiel und schließlich das Play-off gehen“, findet auch der 23-jährige Sportstudent. Dass bis dahin alle luxemburgischen Auswechselspieler auch noch wertvolle Spielminuten sammeln konnten, ist der positive Aspekt dieser unglücklichen Situation. „Wir haben die Möglichkeit, pünktlich für den Start der Play-offs den Spielrhythmus zu finden und Selbstvertrauen zu tanken“, erklärt Cames.

Welches Potenzial die Résidence-Bank besitzt, stellte sie eindrucksvoll gegen den Basket Esch unter Beweis, der zwar ohne Profi-Spieler Jordan Hicks, aber wieder mit Clancy Rugg antrat. Die Résidence überraschte in dieser Partie vor zwei Wochen mit einem 70:67-Erfolg, womit wirklich niemand gerechnet hatte: „Einen Sieg hielten wir im Vorfeld nicht für möglich. Clancy hatte dann zwar früh Foulprobleme, so wurde es eher eine Begegnung der Luxemburger. Doch auch ohne Amis ist Esch eine Topmannschaft.“ Eine Partie fürs Selbstbewusstsein, wie Thierry Cames anmerkt: „Wir haben hier gesehen, dass wir auch etwas können.“

Und so scheint man in Walferdingen gerüstet für den Beginn des Play-offs, wo man es besser machen möchte als im letzten Jahr. Mit einem Freilos direkt ins Halbfinale eingezogen, hatte das Team von Trainer Alexis Kreps gegen den späteren Meister Düdelingen nicht den Hauch einer Chance: „Wir haben gesehen, dass, egal wie stark die reguläre Saison verlief, die Karten im Play-off neu gemischt werden“, blickt der 23-Jährige zurück. „Das war uns eine Lehre, denn es heißt nicht, dass du als Tabellenerster im Duell gegen den Achten locker gewinnen wirst.“ Das immer noch junge Team sei seither reifer geworden, betont Cames jedenfalls: „Letztes Jahr war eine wichtige Erfahrung.“

Lust am Basketball verloren

Dass der 23-Jährige noch immer Basketball spielt, hat er irgendwie auch seinen Eltern zu verdanken. Sein Debüt im luxemburgischen Oberhaus gab Thierry Cames in der Saison 2014/15 bei der Sparta Bartringen. „Doch irgendwie hatte ich zu der Zeit die Lust am Basketball verloren“, erklärt er. Damit er als Sportstudent jedoch nicht ganz mit seiner Sportart aufhörte, überzeugten ihn seine Eltern, wenigstens auf einem etwas tieferen Niveau weiterzumachen. Und so wechselte Cames nach Mamer, zum Klub seiner Kindheit. Mit dem Verein schaffte er dann auch auf Anhieb den Aufstieg in die Nationale 2.

Die Motivation kehrte langsam zurück und so überredete Marcus Neal, der eigentlich Trainer in Walferdingen werden sollte, ihn zu einem Wechsel zur Résidence. „Ich gab dem Klub die Zusage, bevor es dann doch nichts mit dem Trainerposten von ihm wurde.“ Doch die Entscheidung für die Résidence hat er bis heute nicht bereut. „Der Spaß ist zurückgekehrt. Ich mag dieses Team sehr, wir sind alle eng befreundet und natürlich hilft auch der Erfolg“, gibt er mit einem Lachen zu. Mit Kreps, den er noch aus Bartringer Zeiten kannte, hat das Team den perfekten Coach gefunden, der für Cames alles noch einfacher macht: „Er lässt uns auch schon einmal die Freiheiten, die wir brauchen.“ Und dass er inzwischen älter ist und einen anderen Blick auf den Sport hat, hilft ihm dabei ebenfalls. Und wer weiß, nach diversen Aufstiegen kann Thierry Cames am Ende der Saison vielleicht ein weiteres Erfolgserlebnis feiern.