NascarRennfahrer Linster zwischen amerikanischem Traum und europäischer Wirklichkeit

Nascar / Rennfahrer Linster zwischen amerikanischem Traum und europäischer Wirklichkeit
Zwischen 2017 und 2018 ist Gil Linster bereits für das CAAL Racing Team gefahren Foto: Stephane Azemard/EuroNascar

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Gil Linster kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Im europäischen Nascar startet der Luxemburger Rennfahrer in der kommenden Saison wieder für das Team CAAL Racing – 2017 wagte er mit dem italienischen Rennstall seine ersten Schritte in der „Nascar Whelen Euro Series“. Dem 28-Jährigen steht allerdings ein stressiges Jahr bevor. Denn neben seinem Engagement in Europa startet er gleichzeitig in den USA – und verfolgt weiter seinen Traum, als erster Europäer im amerikanischen Nascar Fuß zu fassen.

Tageblatt: In der vergangenen Saison ging es etwas chaotisch zu. Sie durften endlich wieder nach Amerika reisen, mussten aber aufgrund der Corona-Pandemie nach drei Monaten schon wieder zurück nach Hause …

Gil Linster: Chaotisch trifft es gut. Das Jahr 2021 verlief aber schon besser als 2020, da ich mehr fahren und viel Erfahrung sammeln konnte. Die drei Monate in Amerika haben mir dabei geholfen, mich weiterzuentwickeln und auch auf den Ovalen weiterzukommen. Viel Zeit blieb aber nicht, da ich nur 90 Tage bleiben durfte.

Sie sind anschließend wieder in der „Nascar Whelen Euro Series“ gelandet. Ist Ihnen der Wechsel zwischen Ihrem Boliden aus Amerika und dem in der EuroNascar schwergefallen?

Nein, eigentlich nicht. Das hat gut geklappt. Mein Wagen in Amerika hatte mehr PS und war insgesamt schwieriger zu fahren – das Heck bricht beispielsweise viel schneller aus. Das Auto, das ich im EuroNascar fahre, ist im Vergleich viel schwerer und deswegen auch etwas einfacher zu fahren. Das Einzige, an das ich mich neu gewöhnen musste, waren die Bremsen. Man muss anders damit umgehen, weil der Bolide schwerer ist.

Sind Sie rückblickend mit dem Verlauf des Jahres zufrieden?

Nein, absolut nicht. In Amerika habe ich an zwei größeren Rennen teilgenommen. Beide Male gab es Probleme mit dem Motor. Auch nach meiner Rückkehr nach Europa lief es nicht besonders gut. Das war mir aber im Voraus klar. Ich bin mitten in der Saison in die Serie eingestiegen und habe ein Auto bekommen, das zu dem Zeitpunkt frei war. Es war nicht das beste Auto im Feld, sonst wäre das Cockpit auch wahrscheinlich nicht frei gewesen. Ich habe die Gelegenheit aber genutzt, um mich zu beweisen. Ich wollte zeigen, dass ich auch mit einem langsamen Auto schnell fahren kann. Das hat sich auch gelohnt, ich habe jetzt ein besseres Cockpit in einem anderen Team für die kommende Saison ergattert.

Das Problem ist auch, dass noch keiner vor mir diesen Weg erfolgreich eingeschlagen hat, deshalb kann auch niemand mir Tipps geben

Gil Linster, über seinen Traum, als erster Europäer im amerikanischen Nascar durchzustarten

Sie verlassen also das Team DF1 Racing. Es sah lange danach aus, als würden Sie auch in der kommenden Saison für den österreichischen Rennstall starten …

Es gab von Anfang an Probleme mit dem Auto. In Zolder ist dann noch das Gaspedal hängen geblieben und ich bin ausgeschieden. Natürlich kann so etwas passieren. Das Auto war aber insgesamt nicht auf dem Niveau, um mit den Besten mitzuhalten. Beim letzten Rennen der Saison hatte das Team zudem Probleme, das Auto rechtzeitig zur Strecke zu bringen. Es kam erst mit anderthalb Tagen Verspätung an und ich konnte nicht starten. So was sollte in einer professionellen Serie natürlich nicht passieren. Meine Koffer waren bereits gepackt und ich war schon quasi auf dem Weg zum Flughafen, als der Anruf kam, dass es Probleme mit einem Lastwagen gebe und das Auto deswegen nicht rechtzeitig vor Ort sein könne. Ich blieb zu Hause. Einen Plan B gab es nicht. Das Auto kam dann zwar noch irgendwann samstags an. Da waren Training und Qualifying aber schon beendet. 

War dieser Zwischenfall ausschlaggebend für Ihre Entscheidung, das Team zu wechseln?

Ein weiteres Riesenproblem war, dass das Auto dann trotzdem sonntags im Rennen aufgetaucht ist. Ein anderer Pilot des Teams hatte am Samstag einen Unfall gebaut. Das Team hat dann entschieden, meinen Boliden mit den Sponsoren des zweiten Fahrers zu überkleben, sodass dieser das Rennen am Tag danach fahren konnte. Generell verstehe ich diese Entscheidung. Dies passierte allerdings ohne mir oder meinen Sponsoren Bescheid zu geben. Diese haben sich anschließend gewundert, warum mein Auto auf der Strecke war – ich ihnen aber zuvor schon gesagt hatte, dass wir nicht starten können. Sie fragten sich, was ich mit dem Geld mache, das sie mir geben.

Sie haben nun schon ein anderes Team gefunden?

Ja, ich werde für CAAL Racing starten. Ein Top-5-Team.

Dem 28-jährigen Luxemburger steht eine stressige Saison bevor
Dem 28-jährigen Luxemburger steht eine stressige Saison bevor Archivbild: Joé Weimerskirch

Wie kam es dazu?

Ich habe für ein drittes Team, Hendrick Motorsports, in den Niederlanden getestet und habe Videos davon in den sozialen Medien gepostet. CAAL Racing hat diese gesehen. Dann ging es relativ schnell. Irgendwann gab es einen Anruf, ob ich nicht zurück zur Familie kommen wolle (von 2017 bis 2018 ist Linster schon für das italienische CAAL Racing Team gestartet; Anm. d. Red.). Natürlich ist der Druck jetzt größer. 2017 fuhr ich in die Top 10, 2018 sogar in die Top 5. Sie wollen, dass ich auch dieses Jahr wieder vorne mitmische. Die Erwartungen sind groß.

Unterstützt Ihr neues Team Sie auch bei Ihrem Traum, in Amerika durchzustarten?

Das Team steht komplett hinter mir. Ich werde zwischen den Rennen in Europa nach Amerika reisen, um dort zu testen und Rennen zu bestreiten. Die Idee ist, dass ich aus Amerika nach Europa komme und nicht umgekehrt.

Wie wird dies in der Praxis aussehen?

Ich werde zwischen den Rennen im EuroNascar in die Staaten reisen, um dort in der Zwischenzeit Kilometer zu sammeln. Es geht darum, möglichst viel zu testen und Rennen zu fahren. Schon Ende Dezember reise ich nach Amerika. Ich werde dann hauptsächlich mit Dirt-Autos von 650 PS auf Ovalen mit unbefestigtem Boden trainieren. Es geht darum, die Augen-Hände-Koordination zu perfektionieren. Ich werde auch an Kartrennen teilnehmen – das Niveau in den USA ist viel höher als in Europa. Ich hoffe dadurch dann auch einen Vorteil in Europa zu bekommen. Jetzt ist es aber vorerst wichtig, im EuroNascar zu liefern. Ich habe mittlerweile 28 Jahre und muss meinen Palmarès weiter füllen, um mich auch in Amerika noch besser verkaufen zu können.

Warum ist eine Saison, die nur in den USA stattfindet, noch nicht möglich?

Ich habe Sponsoren, die mich in Amerika unterstützen. Das Problem ist halt, dass ich immer nur 90 Tage dort bleiben darf. Eine längere Aufenthaltsgenehmigung kriege ich momentan nicht. Um eine ganze Saison zu bestreiten, müsste ich aber ein Visum für zehn Monate erhalten. Das Problem ist auch, dass noch keiner vor mir diesen Weg erfolgreich eingeschlagen hat. Deshalb kann auch niemand mir Tipps geben und mir sagen, was ich machen soll. Der Weg ist deshalb holprig.