RadsportMajerus übt Kritik am Weltverband: „Die UCI macht es sich zu leicht“

Radsport / Majerus übt Kritik am Weltverband: „Die UCI macht es sich zu leicht“
Christine Majerus kam am Samstag auf den Strade Bianche nicht ins Ziel – ihre Leistung ist für sie jedoch zweitrangig  Archivbild: Luis Mangorrinha/Editpress

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Christine Majerus (Boels-Dolmans) fuhr auf den Strade Bianche (1.UWT) am vergangenen Samstag, vor allem wegen der extremen Hitze, über dem Zeitlimit ins Ziel. Die nächste Herausforderung der 33-Jährigen ist nun die Verteidigung ihrer nationalen Titel auf der Straße und im Zeitfahren.

Das erste WorldTour-Rennen dieser Saison, das wegen der sanitären Krise von Anfang März auf den 1. August verlegt worden war, stellte sowohl die Damen als auch den Herren vor eine extreme Herausforderung. „Mein Radcomputer zeigte Temperaturen von bis zu 45 Grad an. Der Durchschnitt lag bei 41 Grad, was mir gar nicht liegt. Einigen Fahrerinnen gelingt es, sich unter solchen Bedingungen in eine Art Trance zu fahren“, erklärt Christine Majerus. „Nach getaner Arbeit an der Seite von Anna van der Breggen wurde mir in dem langen Anstieg Mitte des Rennens schnell klar, dass ich nicht bis nach Siena vorne mit dabei sein könnte.“

Während des Rennens habe ich versucht, den Zuschauern nicht zu nahe zu kommen, und habe mich meistens in der Straßenmitte aufgehalten

Christine Majerus, Radsportlerin

Majerus störte sich viel weniger an ihrem persönlichen Resultat als am Verhalten einiger Zuschauer am Streckenrand. „Bei den Rennen in der Vorwoche in Spanien waren ganze Zonen für die Zuschauer abgeriegelt. Ansonsten hatten die Radsportanhänger auch alle eine Maske an. In Italien war das Gegenteil der Fall. Es waren zwar weniger Leute an der Strecke als gewohnt – was mich aber schockiert hat, war die Tatsache, dass kaum einer von den Fans, die uns lautstark anfeuerten, eine Maske trug. Die „gestes barrières“ wurden von den Zuschauern in Italien erstaunlicherweise nicht beachtet. Während des Rennens habe ich versucht, den Zuschauern nicht zu nahe zu kommen, und habe mich meistens in der Straßenmitte aufgehalten.“

Forderung nach Chancengleichheit

Auch bei der Vorgehensweise der UCI gibt es für die Landesmeisterin noch viel Luft nach oben. „Das Protokoll der UCI schreibt für die Fahrerinnen und ihr Umfeld – die sogenannte ‚Team-Bubble’ – einen PCR-Test, jeweils sechs und drei Tage vor einem Rennen, vor. Das ist schön und gut, aber für die meisten ist es sehr schwierig, sich überhaupt testen zu lassen. In Paris, wo ich wohne, wurden bislang nur die Personen mit Symptomen getestet. Seit wenigen Tagen kann man sich jetzt auch am Flughafen Charles de Gaulle testen lassen. Eigentlich müsste der internationale Verband, der Chancengleichheit wegen, dafür sorgen, dass jede Mannschaft sich testen lassen kann. Die UCI könnte beispielsweise einen Arzt bereitstellen, der sich um diese Tests kümmern würde. Zumindest müsste der Verband mit Laboratorien zusammenarbeiten, da die Tests nicht überall zur Verfügung stehen, so wie es in Luxemburg der Fall ist. Die UCI macht es sich zu leicht. Die Mannschaften, sowohl bei den Herren als auch bei den Damen, fühlen sich alleingelassen. Keiner kümmert sich wirklich und läuft es nicht nach Protokoll, dann werden auch noch Strafen ausgesprochen. Diese Situation bereitet den Verantwortlichen der Mannschaften viel Kopfzerbrechen. Allerdings traut sich kaum einer, etwas zu sagen – was ich nicht verstehe“, so Christine Majerus, die kein Blatt vor den Mund nimmt. 

Seit der Wiederaufnahme der Straßensaison müssen die Konkurrentinnen jeweils einen Covid-Fragebogen ausfüllen. Vor und nach den Rennen ist das Tragen der Maske Pflicht. Zudem werden Zonen im Start- und Zielbereich für die Zuschauer abgeriegelt. „Ich vertraue auf die PCR-Tests, auch wenn sie keinen hundertprozentigen Schutz bieten. Es geht ja eigentlich darum, die anderen zu schützen. Deshalb sollte jeder sich testen lassen, ob Sportler oder nicht. Ich für meinen Teil habe gelernt, das Restrisiko zu akzeptieren. Ich vertraue darauf, dass die Mannschaften ‚sauber‘ sind, wenn sie zusammenkommen“, meinte die Boels-Dolmans-Fahrerin, die nach der Landesmeisterschaft nur allzu gerne bei der „Boels Ladies Tour“ gestartet wäre, die sie im vergangenen Jahr zu ihren Gunsten entschieden hatte. Die sechstägige Rundfahrt der WorldTour-Serie wurde jedoch wegen der Covid-19-Pandemie kurzfristig abgesagt.