FußballNationalmannschaft: Die große Unbekannte nach 10 Monaten

Fußball / Nationalmannschaft: Die große Unbekannte nach 10 Monaten
Seine Tore in der Schweiz beweisen es: Christopher Martins ist treffsicherer geworden Foto: Jeff Lahr

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Nächste Gegner in der Nations League sind Aserbaidschan (5. September in Baku) und Montenegro (8. September im Stade Josy Barthel). Vier Tage vor dem ersten Pflichtspiel steht noch ein Testspiel gegen den Drittligisten 1. FC Saarbrücken, den Verein von Nationalstürmer Maurice Deville, auf dem Programm. Gestern verriet Luc Holtz in der traditionellen Pressekonferenz, für welche 23 Spieler er sich entschieden hat – nicht dabei ist Maxime Chanot. 

Nach eigenen Aussagen verbrachte Nationaltrainer Luc Holtz die letzten Tage sehr viel Zeit damit, sowohl die gesamten Covid-Reglemente der UEFA (31-seitiges Dokument) zu durchforsten als auch, sich gleichzeitig über die Freistellung der verschiedenen Spieler zu informieren. Kritik äußerte Luc Holtz an der Kommunikationen von UEFA und FIFA. Vor allem die Ansagen der FIFA bezüglich der Freistellung der Spieler waren in den Augen des Trainers nicht professionell. Gemeinsam mit dem New-York-City-Verteidiger Maxime Chanot traf Holtz die Entscheidung, auf eine Nominierung zu verzichten: Schlimmstenfalls hätte der Defensivspezialist seinem Verein aufgrund der Quarantänebestimmungen über drei Wochen gefehlt.

Fest stand derweil bereits, dass beide Spiele im September ohne Zuschauer stattfinden werden. Allerdings wird die UEFA Ende September darüber entscheiden, ob im Oktober wieder Zuschauer vor Ort sein können. Bezüglich Covid-19 war zudem in Erfahrung zu bringen, dass die Mannschaft fünf- bis sechsmal während des Beisammenseins getestet wird. 

Zu den Gegnern konnte sich der Nationaltrainer nicht äußern. Keine Nationalelf hat während der letzten zehn Monate Pflichtspiele bestritten, daher sei eine detaillierte Analyse überflüssig. Allerdings sieht Holtz Montenegro wegen der individuell besseren Spieler wohl im Vorteil. „Die Voraussetzungen für die anderen Spiele stehen alle bei 50:50.“

Seine Spieler stoßen mit sehr verschiedenen Voraussetzungen zur Nationalmannschaft. „Es wird eine sehr große Herausforderung. Zum einen waren wir als Gruppe seit zehn Monaten nicht mehr zusammen und zum anderen haben wir während dieser Zeit auch keine Begegnung bestritten. Jeder Spieler agiert in seinem Verein in einem anderen System, jeder Trainer hat unterschiedliche Vorstellungen. Von daher ist es jetzt umso komplizierter, die Automatismen im offensiven und defensiven Bereich zu verankern.“

Lob für „Kiki“

Ein großes Lob sprach Luc Holtz dem Mittelfeldspieler Christopher Martins aus. „Seine defensiven und offensiven Qualitäten waren stets bekannt, dennoch hat er zum Schluss der letzten Spielzeit auch an Treffsicherheit gewonnen. Dadurch war er mit seinen Toren in einigen Begegnungen spielentscheidend für seinen Verein Young Boys Bern.“

Die Offensivreihe bereitet dem Trainer zurzeit eher Kopfzerbrechen. Mit dem Rücktritt von Aurélien Joachim verliert die Nationalmannschaft ihren zweitbesten Torschützen aller Zeiten. Hinzu kommt die Verletzung von Dave Turpel, der 2020 kein Spiel mehr bestreiten wird. Da Mota ist es zurzeit nicht erlaubt, am Mannschaftstraining seines Vereins teilzunehmen. „Diese drei Spieler fehlen uns im Offensivbereich. Es ist auch hierzulande bekannt, dass die Auswahl an Spielern nicht groß ist, die über die Qualitäten verfügen, die ich bevorzuge. Wir haben viele Spieler, die den letzten Pass und zwischen den Linien spielen können. Allerdings fehlen uns solche, die den Lauf in den Rücken der gegnerischen Abwehr machen.“ Deswegen steht Alessio Curci im Aufgebot, „der zum Teil diese Qualitäten und das nötige Tempo mitbringt“. Für einen solch jungen Spieler gilt das „Prinzip der Entwicklung: Er soll und muss Fehler machen und aus diesen Fehlern lernen. Je früher, desto besser für die Zukunft“.

Im Sturm wurde Edvin Muratovic vom F91 Düdelingen berufen. Er kann sich durch seine „Athletik gegen Verteidiger behaupten“. Obwohl er sich in der jüngeren Vergangenheit etwas schwer im Verein getan hat, handelt es sich um einen Kämpfer. „Er geht oft dorthin, wo es wehtut und bringt auch von der Mentalität her vieles mit, um im Kollektiv zu funktionieren“. Interessant bleibt zu sehen, wie er sich auf internationaler Ebene schlagen wird.

FLF-Aufgebot

Tor: Anthony Moris (Union Saint-Gilloise/B), Ralph Schon (FC Wiltz 71), Tim Kips (F91 Düdelingen)
Abwehr: Laurent Jans (FC Metz/F), Tim Hall (Gil Vicente/P), Dirk Carlson (Karlsruher SC/D), Vahid Selimovic (OFI Kreta/GRE), Lars Gerson (IFK Norrköping/SWE), Kevin Malget (Swift Hesperingen), Enes Mahmutovic (FK Lwiw/UKR)
Mittelfeld: Vincent Thill (FC Metz/F), Leandro Barreiro (FSV Mainz 05/D), Danel Sinani (Norwich City/ENG), Olivier Thill (FC Ufa/RUS), Aldin Skenderovic (Progrès Niederkorn), Christopher Martins (Young Boys Bern/CH), Mathias Olesen (1. FC Köln/D), Florian Bohnert (FSV Mainz 05/D)
Angriff: Gerson Rodrigues (Dynamo Kiev/UKR), Maurice Deville (1. FC Saarbrücken/D), Stefano Bensi (Fola Esch), Edwin Muratovic (F91 Düdelingen), Alessio Curci (FSV Mainz 05/D)

Personalien

Nationaltrainer Luc Holtz …
… über Marvin Martins und Chris Philipps: „Beide Spieler sind noch immer auf Vereinssuche oder haben sich noch nicht für einen Verein entschieden. Deshalb habe ich sie nicht ins Aufgebot berufen, da diese Spieler seit sechs Monaten weder ein Training absolviert noch ein Spiel bestritten haben. Unter diesen Voraussetzungen wird es schwer, ein internationales Spiel zu bestreiten.“
… über Maxime Chanot: „Ich hatte ein längeres Telefonat mit Maxime. In den USA gäbe es keine Garantie, dass Chanot bei einer Rückkehr nicht zwei Wochen in Quarantäne muss. Es wird schwer, einen Spieler aus Amerika zu uns kommen zu lassen. Rechnet man die zehn Tage Aufenthalt bei der Nationalmannschaft hinzu, dann wäre er im Monat September 24 Tage nicht in seinem Verein. Das kann man keinem Spieler antun. Deshalb haben wir entschieden, dass er in New York bleibt.“
… über Aurélien Joachim: „Vor ein paar Wochen hat Aurélien mir mitgeteilt, dass er einen Schlussstrich unter seine internationale Karriere ziehen möchte. Er habe das Gefühl, dass jüngere Spieler bereit sind, seine Aufgabe zu übernehmen. Ich kann seine Entscheidung nachvollziehen. Er will sich langsam auf sein Leben nach der Karriere konzentrieren. Dennoch ist es für uns ein riesiger Verlust. Ich möchte ihm für seine Leistung danken.“
… über Daniel Da Mota: „Leider durchlebt Dan eine sehr schwierige Situation bei seinem Verein. Er darf nicht am Mannschaftstraining teilnehmen. Er fällt sozusagen in dieselbe Kategorie wie Martins und Philipps.“
… über Enes Mahmutovic: „Auch er hatte eine schwierige Saison bei seinem Verein. Am Anfang war er lange Zeit verletzt, dann hat er wieder etwas Fuß gefasst. Sein Wechsel zu Lwiw gibt ihm die Möglichkeit, sich wieder in einer ersten Liga zu präsentieren. In der Pause haben wir spezifische Trainingseinheiten mit Enes und anderen Spieler abgehalten. Er bringt athletische Voraussetzungen mit, dihe für uns wertvoll sein können.“