SchachFamilie Burdot aus Steinheim mischt die Schachwelt auf

Schach / Familie Burdot aus Steinheim mischt die Schachwelt auf
Yvan, Clara, Dora und Louis mischen die nationale Schachwelt mächtig auf Foto: Editpress/Claude Lenert

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Als die siebenköpfige Familie Burdot aus Steinheim Ende 2013 erstmals die Schachbühne betrat, konnte noch niemand ahnen, wie sehr sie den luxemburgischen Jugendbereich prägen würde. Nur sechs Jahre später stehen für die vier Kinder insgesamt sechs individuelle Meistertitel sowie sechs weitere Medaillen zu Buche.

Das erfolgreiche Jahr 2019

Den bisherigen Höhepunkt erreichte die Familie im vergangenen Jahr, als sie bei den nationalen  Jugendmeisterschaften gleich dreimal Gold (Clara bei den U16, Yvan bei den U10, Dora bei den U8) und einmal Silber (Louis bei den U14) gewinnen konnte – und somit drei der sieben Meister im Jugendbereich stellte.

Im Sommer legte Dora in ihrem ersten Schachjahr sogar spektakulär nach und erreichte bei den Meisterschaften der EU-Staaten im österreichischen Mureck den zweiten Platz bei den Mädchen unter acht Jahren. Der Weg zur Vize-EU-Meisterin unterliegt jedoch durchaus einem Zufall, wie sich Vater Yves erinnert: „Eigentlich wollten wir sie bei der nationalen Jugendmeisterschaft noch gar nicht antreten lassen, da wir ihre Spielstärke als zu gering empfunden hatten. Der Hauptgrund für die Teilnahme war die Tatsache, dass es in Echternach ein Heimspiel war.“

Mit Setzlisten-Platz 3 hatte Yvan beim gleichen Turnier ebenfalls Hoffnungen auf eine Podiumsplatzierung in der U10-Kategorie, doch der Sprung gelang nicht, was der am Ende Sechstplatzierte bedauert. „Ich war aufgrund der Ausgangslage schon enttäuscht, dass es nicht gereicht hat. Beim nächsten Turnier in Innsbruck ist mir dann aber das Podium gelungen“, weist Yvan auf den späteren Erfolg hin.

Yvan Burdot wurde U10-Landesmeister
Yvan Burdot wurde U10-Landesmeister Foto: Christian Jeitz

Louis landete seinerseits bei den U14 nach einer soliden Leistung im Mittelfeld. Viele Umstellungen in seinem Spiel ergaben jedoch eine andere Zielsetzung: „Ich habe sehr viele Erfahrungen machen können und daher war das Turnier durchaus positiv. Leider war der Start durchwachsen.“ Dem 13-Jährigen gelang dennoch insgesamt ein großartiges Jahr und er verbesserte seine Elo-Zahl um satte 270 Punkte, gleichbedeutend mit dem Sprung in die Top drei der luxemburgischen Jugendspieler und die Top100 aller luxemburgischen Spieler.

Diese Turniere sind immer etwas Besonderes, aber halt auch stark besetzt. Leider habe ich zu viele Chancen am Brett verpasst und das Endresultat war angesichts der vorhandenen Möglichkeiten nicht so gut

Clara Burdot, EM-Teilnehmerin

Clara, die als Einzige der Familie an den Jugend-Europameisterschaften in der slowakischen Hauptstadt Bratislava teilnehmen durfte, blickt zwiegespalten auf das Turnier zurück, das sie auf dem 90. Platz unter 96 Spielerinnen beendete: „Diese Turniere sind immer etwas Besonderes, aber halt auch stark besetzt. Leider habe ich zu viele Chancen am Brett verpasst und das Endresultat war angesichts der vorhandenen Möglichkeiten nicht so gut.“

Dora Burdot, Vize-EU-Meisterin (l.), beim Siegerfoto des U8-Jahrgangs 
Dora Burdot, Vize-EU-Meisterin (l.), beim Siegerfoto des U8-Jahrgangs  Foto: Christian Jeitz

Beginn der Schach-Leidenschaft

Wer denn der Auslöser der großen Familienkarriere ist, weiß Louis sofort: „Mein Vater ist schuld.“ Yves relativiert diese Aussage jedoch sofort: „Ich war es, der aktiv nach einem Verein in der Umgebung gesucht hatte, aber Louis hat wirklich gedrängt, um ebenfalls mitzudürfen. Da auf der Ausschreibung des Echternacher Vereins stand, dass dies erst ab sechs Jahren möglich ist, haben wir diesen Zeitpunkt abgewartet.“ Nach den ersten positiven Schritten von Louis folgten Clara und Yvan dann kurz darauf. Nach Dora im letzten Jahr steht nun auch der jüngste Sohn Nathan nach den Angaben des Vaters bereits kurz vor dem Sprung in die Schachkarriere: „Er spielt schon gut. Mal schauen, wann die Jugendmeisterschaften in unserer Nähe gespielt werden“, scherzt Yves.

Vereinsleben und Training

Wie bereits zu den Anfängen sind die Freitagabend-Sitzungen im Echternacher Verein mit dem Vorstandsvorsitzenden Serge Brittner fester Bestandteil des Trainings geblieben. Yves war von Beginn an überzeugt: „Serge macht eine tolle Arbeit und reißt die Kinder mit. Wir haben ihm sehr viel zu verdanken.“ Einmal monatlich leitet der erfahrene Trainer Hans-Hubert Sonntag, der neben seinen Einsätzen für den Echternacher Verein auch schon länger Bestandteil der Trainingsstruktur der Burdots ist, das Training.

Die Familie nutzt zudem die Möglichkeit im Schach, in mehreren Ländern in Vereinen aktiv zu sein, und tritt auch für das belgische Eynatten an. Hier starten die Kinder jährlich bei den dortigen Landesmeisterschaften, die zu einem Highlight im Kalender geworden sind. 2017 gelang Yvan das Kunststück, sich in der U8-Kategorie vor der gesamten Konkurrenz aus Belgien durchzusetzen. Der 10-Jährige erinnert sich noch gerne an die Siegerehrung: „Ich konnte natürlich nicht zum Belgischen Meister gekürt werden und so stand ich einfach ohne Medaille auf der Bühne. Die Organisatoren wussten einfach nicht, was sie mit mir machen sollten.“ Den Kontakt nach Belgien nutzen Louis, Clara und Yvan über das gesamte Jahr für Skype-Trainingssitzungen mit dem dortigen Trainer Aleksej Litwak.

Familienleben

Wer nun allerdings eine strikte Schachfamilie vor Augen hat, dem sei gesagt, dass nicht nur der schachinteressierte Vater einen Einfluss auf den Nachwuchs hat, sondern auch die musikbegeisterte Mutter ihre Leidenschaft fest mit eingebunden hat. So sind sowohl Clara (Cello), Louis (Trompete), Yvan (Schlagzeug), Dora (Geige) und Nathan (Bratsche) eines Musikinstruments mächtig. Zudem hat Clara noch eine Passion für Pferde, sodass die Integration des Schachspiels durchaus eine Herausforderung ist.

Ich konnte natürlich nicht zum Belgischen Meister gekürt werden und so stand ich einfach ohne Medaille auf der Bühne. Die Organisatoren wussten einfach nicht, was sie mit mir machen sollten.

Yvan Burdot, Nach seinem Landesmeistertitel in Belgien

Dennoch unterliegt die Ferienplanung oftmals der Turnierplanung, wie Mutter Nadja berichtet: „Diese Turniere sind immer etwas Besonderes, aber halt auch stark besetzt. Leider habe ich zu viele Chancen am Brett verpasst und das Endresultat war angesichts der vorhandenen Möglichkeiten nicht so gut.“ Bei Clara hat sich hingegen eine andere „Problematik“ ergeben: „Es ist schon etwas frustrierend, seit dem Gymnasium alle Geburtstage bei Schachturnieren feiern zu müssen. Ich möchte auch mal mit meinen Freunden feiern.“

Höchste Konzentration bei Louis Burdot 
Höchste Konzentration bei Louis Burdot  Foto: Christian Jeitz

Angesprochen auf den Vergleich mit anderen europäischen Schachfamilien wie den holländischen Van Foreests (siehe Infobox) antwortet Yves ironisch: „Das sind schon unsere Vorbilder. Ich möchte gerne wissen, wie die so stark geworden sind. Das ist mir ein absolutes Geheimnis.“ Louis fügt jedoch den anderen Vergleich hinzu: „Eigentlich denken wir bei Vergleichen eher an die Familie Bellahcene, da wir diese schon öfter bei Turnieren getroffen haben.“ Bezüglich des familieninternen Konkurrenzverhaltens hat Yves eine klare Meinung: „Die Kinder ziehen an einem Strang und das ist sehr wichtig. Dass sie aufgrund ihrer Jahrgänge nie in einer Kategorie spielen können, ist in dem Sinne eine gute Sache.“

Vorbilder und Ziele

Was die Inspiration an stärkeren Spielern betrifft, haben die Burdots neben dem Auftritt bei stark besetzten internationalen Turnieren den Luxus, beim amtierenden Meister in Luxemburg zu spielen. Louis nimmt diese Möglichkeiten gerne wahr: „Wenn wir am gleichen Spielort unterwegs sind, dann sehe ich mir die Spiele der ersten Mannschaft an. Zudem nimmt Serge im Training Beispiele aus der ersten Mannschaft – allerdings auch die schlechten“, fügt der 13-Jährige schmunzelnd hinzu.

Yves sieht es als große Motivation für die Kinder und Louis stimmt ihm zu: „Es ist schon cool, einen jungen starken Spieler wie Christopher Noe (23 Jahre, 2.525 Elo) in unseren Reihen spielen zu haben. Mit Andrey Sumets (39 Jahre, 2.566 Elo) konnte ich mal nach einer Runde eine Partie spielen und er hat mir viele Erklärungen gegeben. Das war schon eine starke Sache.“ Yves erinnert sich gerne an einen stolzen Jungen an diesem Abend.

Auf Ziele angesprochen, möchte nur der im letzten Jahr aufstrebende Louis klarere Auskünfte geben: „Es ist schwer, jetzt abzuschätzen, wohin der Weg führt, aber internationaler Meister wäre schon gut.“ Das nächste kurzfristige Ziel für die Burdot-Familie wird unterdessen die Titeljagd bei den diesjährigen Jugendmeisterschaften sein, die an den beiden kommenden Wochenenden in Differdingen ausgetragen werden.

Am Computer lassen sich verschiedene Spielsituationen auch interaktiv trainieren
Am Computer lassen sich verschiedene Spielsituationen auch interaktiv trainieren Foto: Editpress/Claude Lenert

Der Vergleich

Familie Burdot (Luxemburg):
– Clara (Jahrgang 2004) 1x Gold/2x Bronze – 1x Meisterin – 1.592 Elo-Punkte
– Louis (2006) 5x Silber – 2x Meister – 1.808 Elo-Punkte
– Yvan (2009) 1x Gold, 1x Silber, 1x Bronze – 2x Meister – 1.318 Elo-Punkte
– Dora (2011) 1xGold – 1x Meisterin – 1.128 Elo-Punkte
– Nathan (2013)

Familie Van Foreest (Niederlande)
– Jorden (1999) – 2.644 (Großmeister)
– Lucas (2001) – 2.523 (GM)
– Machtheld (2007) 2.094  
– Nanne (2007) 1.854 
– Pieter (2002) 1.697
– Tristan (2005) 1.258

Familie Bellahcene (Frankreich)
– Bilel (1998) – 2.536 (GM)
– Rayane (1996) – 2.013
– Meriem (2002) – 1.914
– Sofia (2005) – 1.895
– Anissa (1999) – 1.740
– Jenna (2008) – 1.522
– Mohamed (2003) – 1.494

Elo-Punkte

Die „Elo“ beschreibt die Wertungszahl, die jedem Spieler auf internationaler Ebene zugeschrieben wird. Die Spieler können diese in direkten Duellen mit anderen Spielern verbessern oder verschlechtern.
Zur Einordnung: 
Niedrigste Elo-Zahl (Anfänger): 1.001
Top 10 in Luxemburg: 2.241
Nummer 1 in Luxemburg: Michael Wiedenkeller (2.458)
Top 100 der Welt: 2.649
Nummer 1 der Welt: Magnus Carlsen (2.872)

winter
3. Mai 2020 - 22.42

Séi fuddelen! 4 Kanner? Da kënnen déi jo vu mueres bis owes doheem trainéieren! ? Mä mol am Eescht, Respekt!