Tokyo 2020Am Erfolgsrezept festhalten: Bogenschütze Jeff Henckels am Freitagmorgen in der Qualifikation im Einsatz

Tokyo 2020 / Am Erfolgsrezept festhalten: Bogenschütze Jeff Henckels am Freitagmorgen in der Qualifikation im Einsatz
Jeff Henckels  ist als erster Luxemburger noch vor der Eröffnungsfeier im Einsatz Foto: Jerry Gerard

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Aus luxemburgischer Sicht wird Bogenschütze Jeff Henckels am Freitagmorgen um 6 Uhr (MESZ) die Olympischen Spiele in Tokio eröffnen. Dabei will der 36-Jährige an seinem Erfolgsrezept der letzten Wochen festhalten.

17 Jahre liegt die Olympiapremiere von Jeff Henckels inzwischen zurück: Mit 19 Jahren hatte sich der Bogenschütze 2004 in Athen sehr viel vorgenommen. „Ich war jung und naiv und dachte wirklich, es würde alles easy laufen. Ich war optimistisch, dass ich das Ding gewinnen würde“, blickt der Recurve-Spezialist mit einem Lachen zurück. Dann kam es jedoch, wie es fast schon kommen musste: „Der Wettkampf ging mächtig in die Hose.“ Henckels scheiterte in der ersten K.o.-Runde und hatte folglich keine einfache Zeit. „Ich war ziemlich gefrustet und brauchte lange, um das zu verdauen.“ Vier Jahre später sollte es für eine Qualifikation für Peking somit auch nicht reichen.

Seinen zweiten Olympia-Einsatz hatte der Schütze des Guillaume Tell Strassen dann 2012 in London, Spiele, die er anders als seine Premiere in allerbester Erinnerung behalten hat, auch wenn das Resultat ähnlich ausfiel wie acht Jahre zuvor. „Ich hatte mir vorgenommen, die Spiele dieses Mal zu genießen, ohne Frust nach Hause zu reisen.“ Und auch wenn erneut in der ersten K.o.-Runde Schluss war, war Henckels mit seinem Wettkampf dieses Mal zufrieden. Dass Olympia mehr ist als nur das rein Sportliche, zeigen zudem die Erinnerungen des FLTA-Schützen an London 2012, die für ihn noch immer sehr präsent sind. „Die anderen luxemburgischen Sportler anfeuern, mit ihnen etwas zu unternehmen und dann noch die Stadt London, das war einfach enorm.“ Dabei kam Henckels zudem in den Genuss, Weltstars wie Usain Bolt oder Michael Phelps live zu sehen, Erinnerungen, die ihm niemand mehr nehmen wird.

Sich selbst überrascht

Dass die Spiele in Tokio nun gänzlich ohne Zuschauer stattfinden werden, bedauert der bald dreifache Olympionike deswegen sehr: „Das hat die Vorfreude schon sehr getrübt. Tokio ist auch eine Stadt, in der die Spiele ähnlich gut geworden wären wie in London.“ Doch nachdem es 2016 nicht für die Qualifikation für Rio gereicht hatte, freut sich Henckels dennoch, dass er nun erneut dabei sein darf. „Alle vier Jahre zu den Olympischen Spielen zu reisen, ist mir irgendwie zu anstrengend“, erklärt der 36-Jährige seinen olympischen Acht-Jahre-Rhythmus scherzhaft.

Dass Jeff Henckels 17 Jahre später ein weiteres Mal dabei ist, spricht jedoch für ihn. Umso mehr, da er vor einem Jahr kaum gewagt hatte, überhaupt von Tokio zu träumen. Nach einem Radunfall im Frühling 2020 während des Corona-Lockdowns und einer komplizierten Ellenbogenverletzung stand die Karriere des Recurve-Spezialisten bekanntlich auf der Kippe. Doch Henckels kämpfte sich zurück, zuerst mit einem Anfängerbogen, schließlich wieder mit mehr Zuggewicht. Bei seinem alten Pensum ist er jedoch bis heute nicht wieder angekommen.

Ohne Druck

Die Pause tat dem 36-Jährigen sichtlich gut. Mit einem freien Kopf und ohne großen Druck kehrte der Spaß an seiner Sportart zurück. Etwas, dass er zuvor häufiger vermisste. „Seit meinem Comeback will ich vor allem technisch sauber schießen“, betont Henckels immer wieder, und dies sollte ihm in den letzten Monaten auch gelingen. Ein dritter Platz beim European Grand Prix in Antalya, ein sechster Rang bei der EM an gleicher Stelle und ein neuer Landesrekord über 70 Meter beim Olympia-Qualifikationsturnier in Paris, den er um elf Punkte auf 682 Ringe nach oben schraubte. Leistungen, mit denen er sich selbst überraschte. Und auch wenn Jeff Henckels die direkte Olympia-Qualifikation immer wieder knapp verpasste, hatte er sich in der Weltrangliste dadurch so verbessert – aktuell bis auf Rang 30 –, dass er über genau diese vor drei Wochen doch noch nachrückte.

Seither ging für den 36-Jährigen alles sehr schnell: „Ich habe noch vier Tage gearbeitet, konnte danach dann etwas mehr trainieren, doch sicherlich keine 1.000 Pfeile pro Tag, ein solches Volumen hätte eher noch geschadet.“ Man merkt Jeff Henckels an, dass er sich auf seine dritten Spiele freut und sich ohne großen Druck in Richtung Tokio aufgemacht hat. An seinem Erfolgsrezept dieser Saison will er somit keinesfalls rütteln: Technisch sauber schießen und Spaß haben. Und wer weiß, vielleicht kommt das Resultat dieses Mal dann auch ganz von selbst.