Sozialer Unmut / Wilde Poststreiks und Straßenblockaden der Bauern in Serbien

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic ist wieder einmal in Ränkespiele verwickelt
Wenige Wochen vor den vorgezogenen Parlamentswahlen im Dezember machen Serbien wilde Streiks und Straßenblockaden zu schaffen. Belgrad sieht die Opposition, missliebige Medien und ausländische Geheimdienste am Werk. Aber es ist vor allem die hohe Inflation, die den sozialen Unmut verschärft.
Seinem Missmut über seine aufmüpfigen Landsleute in der Provinz lässt Serbiens allgewaltiger Präsident Aleksandar Vucic freien Lauf. Es sei „widerlich“, dass diese „buchstäblich vor jeder Wahl“ die Regierung zu „erpressen“ versuchten – und „fordern, was sie wollen“, kommentiert der autoritär gestrickte Landesvater aufgebracht die sich mehrenden Straßenblockaden unzufriedener Landwirte: „Mit echten Bauern lässt sich immer eine Lösung finden, aber nicht mit Betrügern.“
Nur wenige Wochen vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am 17. Dezember stören indes nicht nur die sich mehrenden Traktorblockaden von um ihre Existenz bangenden Kleinbauern und die wilden Streiks bei der Post das von der regierenden SNS gezeichnete Wahlkampfbild eines prosperierenden Landes. Es sind die nach wie vor sehr hohe Inflation von zuletzt 8,5 Prozent und die stark gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel, die den sozialen Unmut schüren.
So ist der Durchschnittslohn von August 2022 bis August 2023 zwar von umgerechnet 641 auf 734 Euro netto im Monat gestiegen. Doch der Effekt der nominalen Lohnerhöhungen wird durch die explodierten Preise vor allem für Grundnahrungsmittel verschlungen. „Mehr Geld, aber weniger Nahrung“, titelte letzte Woche die regierungskritische Zeitung Nova: „Für ein Gehalt elf Kilo weniger Fleisch oder 211 Kilo weniger Reis als im letzten Jahr.“
Nicht nur Rentnern, sondern auch kinderreichen Berufstätigen droht zunehmend das Abgleiten in die Armut. So liegen die Netto-Gehälter für Briefträger trotz Überstunden mit 340 bis 470 Euro pro Monat weit unter den Durchschnittsgehältern. Wie viele Kollegen müsse er die Babynahrungsmittel für seine drei Kinder auf Raten kaufen, empörte sich der streikende Briefträger Stefan Mitrovic letzte Woche bei einem Treffen mit Telekommunikationsminister Mihajlo Jovanovic: „Dies ist weder ein Gehalt noch ein Taschengeld.“
Erzürnt sind die streikenden Briefträger auch über die Tatsache, dass die durchaus profitable Post Millionenbeträge für „Sponsoren“-Verträge mit parteinahen Firmen investiert. Der seit 2012 regierenden SNS von Präsident Vucic kommen die am 24. Oktober in Novi Sad begonnenen und mittlerweile auf das ganze Land ausgeweiteten wilden Poststreiks angesichts bröckelnder Umfragewerte wiederum reichlich ungelegen. 500 bis 1.000 der Streikenden seien „politisch organisiert“, andere kämpften „im Interesse einer anderen Firma“, so letzte Woche der verstimmte Vucic.
Der „Westen“ ist schuld
Die Antwort auf die von ihm zunächst offen gelassene Frage, welche mysteriöse Firma der serbischen Post mit dem angeblichen Anzetteln von Arbeitskämpfen das Wasser abzugraben versuche, lieferte am Freitag die Polizei. Ohne Angabe von Gründen oder der Vorlage einer gerichtlichen Anordnung haben Beamte der Kriminal- und Steuerpolizei am Freitag fünf Stunden lang die Geschäftsräume des privaten Kurierdienstes „D Express“ untersucht – einer Tochterfirma der „United Group“ (UG): Zu dem in Amsterdam registrierten Medienkonzern zählen auch die regierungskritischen Kabel-TV-Sender N1 und Nova S.
Die UG-Tycoons hätten von dem Streik „profitiert“ und versuchten, „die Post zu zerstören“, titelte am Wochenende aufgeregt das regierungsnahe Boulevardblatt Alo!. Vucic habe die „illegale“ Hausdurchsuchung bei „D Express“ angeordnet, weil er die Beweggründe der streikenden Briefträger nicht verstehe, sagt hingegen der Oppositionspolitiker Dragan Djilas (SPP): „Sie streiken, weil sie mit ihren Gehältern nicht über die Runden kommen können.“
Mit Kündigungsdrohungen und Gehaltserhöhungen auf Raten hofft Belgrad, die unbotmäßigen Briefträger in dieser Woche endlich wieder an die Arbeit zu zwingen. Für die unruhige Lage im Land machen derweil die regierungsnahen „Novosti“ den Westen verantwortlich, der mit „intensivierten Geheimdienstaktionen“ seine Wahlfavoriten in Serbien zu unterstützen und damit Moskaus Interessen zu schaden trachte: „Sie trainieren die Leute in Journalistenseminaren, um einen hybriden Krieg gegen die Regierung und gegen Russland zu entfachen.“
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