KosovoVerschärfte Spannungen nach der Abwahl von Premier Kurti – auch zwischen EU und USA 

Kosovo / Verschärfte Spannungen nach der Abwahl von Premier Kurti – auch zwischen EU und USA 
„Hard times“, harte Zeiten, erlebt gerade der ganze Kosovo: Zur Viruskrise kommt eine politische Krise hinzu Foto: AFP/Armend Nimani

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Einen Monat nach dem von den USA beschleunigten Ende von Kosovos hoffnungsloser „Koalition der Hoffnung“ ist in Pristina noch immer keine neue Regierungsmehrheit in Sicht. Dafür durchziehen neue Gräben das Amselfeld – auch zwischen den westlichen Schutzmächten.

Den Verantwortlichen für seinen Fall wittert Kosovos abgewählter Premier Albin Kurti jenseits der Landesgrenzen. Der US-Beauftragte für Kosovo, Richard Grenell, sei an dem Sturz seiner Regierung per Misstrauensvotum „direkt beteiligt“ gewesen, so der seit einem Monat nur noch geschäftsführende Premier: „Meine Regierung wurde gestürzt, weil es Grenell vor den US-Wahlen eilig hat, mit Serbien ein Abkommen zu unterzeichnen.“

„Trump schürt in Kosovo Chaos zum schlecht möglichsten Zeitpunkt“, klagt auch die US-Zeitschrift Foreign Policy über den mitten in der Viruskrise von Washington aus Wahlkampfgründen forcierten Regierungssturz. Einen Monat nach dem von den USA beschleunigten Ende der „Koalition der Hoffnung“ von Kurtis linksnationaler LVV mit der bürgerlichen LDK ist in Pristina tatsächlich noch immer keine neue Regierungsmehrheit in Sicht. Dafür durchziehen neue Gräben das Amselfeld – auch zwischen den westlichen Schutzmächten.

Sie herzten sich kaum und schlagen sich nun heftig: Zwischen den Ex-Partnern der nach weniger als zwei Monaten geplatzten Regierungsehe ist das Tischtuch völlig zerschnitten. Während LDK-Chef Isa Mustafa nun an einer neuen Minderheitskoalition mit der AAK von Ex-Premier Ramush Hadadinaj unter Führung seines Parteifreunds Avdullah Hoti zimmert, pocht LVV-Chef Kurti auf Neuwahlen – aber erst nach der Viruskrise.

Mustafa kann auf den Segen Washingtons und die Unterstützung von Staatschef Hashim Thaçi bauen. Kurti wähnt hingegen das Recht und die sich gegen einen Regierungswechsel inmitten der Viruskrise aussprechende EU auf seiner Seite. Denn laut Verfassung hat die größte Partei das Recht, als erste einen neuen Premier zu nominieren. Thaçi hat die LVV dazu zwar schon mehrmals aufgefordert. Da die Verfassung aber dafür keine Frist nennt, lässt sich Kurti mit der Nominierung eines ohnehin chancenlosen Premieranwärters Zeit.

Kurti habe das Recht auf die Benennung eines Premierkandidaten verwirkt, so der ungeduldige Thaçi: Er werde das Regierungsmandat darum einer Koalition erteilen, die über eine Mehrheit im Parlament verfüge. Umgekehrt droht Kurti dem Präsidenten mit dem Gang vors Verfassungsgericht, sollte Thaçi die beschleunigte Bildung einer LDK-geführten Regierung forcieren: Zu Kosovos Politkrise droht sich auch noch eine Verfassungskrise zu gesellen.

Selbst wenn es der LDK gelingen sollte, die geplante Minderheitskoalition mit der AAK und Nisma unter Dach und Fach zu bringen, ist der von Grenell erhoffte „schnelle Deal“ für ein Abkommen zwischen Serbien und Kosovo vor den US-Wahlen kaum in Sicht. Zudem ist der Argwohn der Europäer groß, dass Washington insgeheim doch auf den von den wichtigsten EU-Partnern klar abgelehnten Gebietsaustausch setze. Nach dem „Schlamassel“, das Washington in Kosovo angerichtet habe, sei nur zu hoffen, dass die USA sich an ihr Wort halten würden, so Viola Von Cramon, die deutsche Kosovo-Berichterstatterin des Europaparlaments: „Kein Geheimplan, kein Landtausch.“