Rumänien / Präsident und Karlspreisträger Klaus Johannis in seiner Heimat zunehmend umstritten
Lobeshymnen sind Rumäniens Präsident Klaus Johannis bei der Verleihung des Karlspreises am heutigen Samstag gewiss. Doch die wegen der Pandemie zweimal verschobene Preisverleihung wirkt nicht nur zeitlich verspätet: Zuhause hat der zunehmend als Parteipolitiker agierende Landesvater viele Sympathien verspielt.
Mit fast zweijähriger Verspätung wird Rumäniens Präsident Klaus Johannis heute wegen seiner Verdienste um die europäischen Werte in Aachen der Karlspreis für 2020 verliehen. Mit „großem Einsatz“ habe der deutschstämmige Staatschef sein Land zu einer „rechtsstaatlichen Politik“ geführt, so das Karlspreis-Direktorium im Dezember 2019.
Tatsächlich galt der frühere Bürgermeister von Sibiu während seiner ersten Amtszeit (2014-2019) als unbeugsamer Verteidiger des Rechtsstaats. Beharrlich stemmte sich der frühere Parteichef der bürgerlichen PNL dem Ansinnen der damals regierenden Sozialisten (PSD) entgegen, die Gewaltenteilung auszuhebeln – und die Justiz unter ihre Kontrolle zu bringen.
Mit über zwei Dritteln der Stimmen wurde Johannis bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst 2019 denn auch in seinem Amt bestätigt. Lobeshymnen sind dem Siebenbürger Sachsen in Aachen zwar gewiss. Doch die wegen der Pandemie zweimal verschobene Preisverleihung wirkt nicht nur zeitlich verspätet: Zuhause hat der 62-Jährige zuletzt viel Kredit verspielt – und ist gar zu einem der unpopulärsten Politiker mutiert.
Laut einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Umfrage haben 52 Prozent seiner Landsleute mittlerweile eine negative und nur noch 28 Prozent eine positive Meinung über Rumäniens einstigen Hoffnungsträger. Der Grund für den verblassten Glanz der früheren Lichtgestalt ist nicht nur in der bescheidenen Erfolgsbilanz der seit 2019 regierenden PNL zu suchen. Kritiker werfen dem eigentlich überparteilichen Präsidenten vor, dass ihm der Machtkampf in seiner früheren PNL wichtiger als der Erhalt von deren im letzten Monat geplatzter Koalition mit dem Reformbündnis URL-Plus sei.
Nach dem Debakel der PNL bei der Parlamentswahl hatte Johannis Ende 2020 Finanzminister Florin Citu auf dem Premier-Sessel installiert. Doch sein Vertrauensmann erwies sich in der Koalition mit der URL-Plus keineswegs als Teamspieler. Ohne Rücksprache mit dem Partner, aber offenbar mit Rückendeckung von Johannis gab Citu nach dem Gesundheitsminister im letzten Monat auch noch dem Justizminister der URL-Plus den Laufpass. Der Juniorpartner kündigte erzürnt die Koalition auf. Der Premier konnte derweil so ein umstrittenes Entwicklungsprogramm für die Kommunen auf den Weg bringen: Die milliardenschwere Morgengabe an die PNL-Barone in der Provinz sollte dem von Johannis protegierten Citu die Wahl zum Parteichef sichern.
Skandalträchtiger Parteitag
Tatsächlich ist Citu auf dem skandalträchtigen PNL-Parteitag am letzten Wochenende die Entmachtung des bisherigen Parteichefs Ludovic Orban geglückt. Doch der Pyrrhussieg geht nicht nur mit tiefen Verwerfungen in der PNL, sondern auch mit dem endgültigen Scheitern der Koalition gepaart. Gemeinsam mit der Opposition will die URS-Plus in der nächsten Woche für ein Misstrauensvotum gegen Citu stimmen.
Zwar kann Johannis seinen Strohmann selbst bei Abwahl erneut als Premier nominieren. Doch nur die Duldung der Sozialisten könnte eine PNL-Minderheitsregierung im Sattel halten. Während die Pandemie das Land wieder voll erfasst hat, rutscht der wirtschaftlich angeschlagene Karpatenstaat immer tiefer in die Krise. Unter „dem hohen Patronat des Präsidenten“ hätten in der PNL „machtgeile Scheuklappenträger“ das Sagen, ärgert sich das deutschsprachige Portal adz.ro, das Johannis lange sehr gewogen war.
Die PNL und der Staatschef seien mit einem „Pro-Justiz-Diskurs“ an die Macht gekommen und die ersten gewesen, „die die Justizreformen vernachlässigt haben“, grollt das Portal G4media.ro: „Wir enden genau so, wie wir angefangen haben. Die Regierung will ohne Angst vor Staatsanwälten Millionen aus dem Staatshaushalt und den EU-Töpfen ausgeben. Und der Präsident spielt das Spiel mit.“
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