Trump und die Balkan-StreithähneKosovo-Abkommen als US-Wahlkampfmunition

Trump und die Balkan-Streithähne / Kosovo-Abkommen als US-Wahlkampfmunition
Nur Wahlkampf für Trump? Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sah am Freitag  bei der Unterzeichnung im Weißen Haus aus, als wüsste er nicht recht, was mit ihm passiert. Foto: dpa/Evan Vucci

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Vor allem der nahende US-Stimmenstreit stand bei den am Freitag beendeten Kosovo-Gesprächen Pate: Ein von den USA vermitteltes Wirtschaftsabkommen zwischen Belgrad und Pristina soll rechtzeitig vor Wahlkampfbeginn die außenpolitische Erfolgsbilanz von US-Präsident Donald Trump ausbessern.

Ohne Unterschrift kam niemand raus: Selbst US-Präsident Donald Trump wollte sich den Fototermin des vom US-Sonderbeauftragten Richard Grenell vermittelten Abkommens zwischen Kosovo und Serbien am späten Freitagnachmittag in Washington nicht nehmen lassen. Persönlich unterzeichnete er mit Serbien und Kosovo jeweils einen gesonderten Vertrag. Die Nachbarn hätten sich auf „die Normalisierung ihrer Wirtschaftsbeziehungen verständigt“ und einen „enormen Schritt“ erzielt, erklärte der Gastgeber.

Von einem „enormen Fortschritt“ sprachen fast gleichlautend Trumps Gäste – Kosovos Premier Avdullah Hoti und Serbiens Präsident Aleksandar Vucic. Doch vor allem der nahende US-Stimmenstreit stand bei ihren zweitägigen Gesprächen Pate. Rechtzeitig vor dem US-Wahlkampfauftakt will Trump mithilfe der Balkan-Streithähne seine karge außenpolitische Bilanz aufpolieren. „Das Abkommen kommt Trump am meisten gelegen“, orakelte schon der Vertragsunterzeichnung das Belgrader Webportal „nova.rs“.

Auch nach der Unterzeichnungszeremonie blieb der genaue Wortlaut des Abkommens zunächst unbekannt. Laut serbischen Medienberichten sollen sich Pristina und Belgrad auf den Abbau von Handelshemmnissen und die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten sowie Investitionen in grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte wie den längst mit der EU vereinbarten Bau einer Autobahn und die Wiederinbetriebnahme der weitgehend stillgelegten Bahnverbindungen verständigt haben.

Der von den Gastgebern ursprünglich in das Abkommen gehievte Passus einer „gegenseitigen Anerkennung“ soll nach heftigen Protesten Belgrads wieder gestrichen worden sein. Für Unruhe in der Kosovo-Delegation soll wiederum nach Medienberichten in Pristina die Drohung von Ex-Premier Ramush Haradinaj gesorgt haben, die Regierung zu verlassen, falls Hoti ein Dokument unterzeichne, das die serbischen Ansprüche auf das Gazivod-Trinkwasserreservoir in Nordkosovo bestätige.

Für Trump, der am Freitag auch die Anerkennung Kosovos durch Israel und den Umzug der serbischen Botschaft nach Jerusalem ankündigte, dürfte derweil weniger der genaue Inhalt als das Zustandekommen des Vertragswerks als Wahlkampfmunition entscheidend sein. Das wieder aufgeflackerte US-Interesse an der Dauerbaustelle Kosovo könnte indes bald wieder erlahmen: Nach den US-Wahlen wird der EU vermutlich wieder die undankbare Hauptfederführung im zähen Dialog der unwilligen Nachbarn zufallen.

HTK
7. September 2020 - 8.59

Was kostet denn so ein Vertrag Donald?