SeparatistenEU-Parlament entzieht katalanischen Abgeordneten Immunität

Separatisten / EU-Parlament entzieht katalanischen Abgeordneten Immunität
Den drei EP-Abgeordneten Antoni Comín, Carles Puigdemont und Clara Ponsatí (v.l.n.r.) wurde gestern im Europäischen Parlament die parlamentarische Immunität entzogen Foto: AFP/John Thys

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Das Europaparlament hebt auf spanischen Wunsch die Immunität des früheren Regierungschefs von Katalonien auf. Doch der Streit geht weiter – auch in der EU.

Der ungelöste Katalonien-Konflikt lässt die Europäische Union nicht los. Vier Jahre nach dem gescheiterten Sezessionsversuch Kataloniens von Spanien hat das Europaparlament am Dienstag in Brüssel die Immunität des früheren katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont aufgehoben. Auch den Abgeordneten Toni Comín und Clara Ponsatí wurde der parlamentarische Schutz entzogen.

Für den Entzug der Immunität stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten. Im Fall von Puigdemont votierten 400 Abgeordnete mit Ja, 248 mit Nein. Puigdemont werde die Parlamentsentscheidung vor dem höchsten EU-Gericht in Luxemburg anfechten, kündigte sein Anwalt in Spanien, Gonzalo Boye, an. Damit zeichnet sich eine jahrelange gerichtliche und politische Auseinandersetzung ab.

Der politische Streit begann gleich nach dem umstrittenen Votum. „Wir haben unsere Immunität verloren, aber das Europäische Parlament hat mehr als das verloren“, kritisierte Puigdemont. Die Abgeordneten hätten ihre Glaubwürdigkeit verspielt, da sie auf Spanien andere Maßstäbe anlegten als auf Russland oder Venezuela. Es handelte sich um einen „klaren Fall von politischer Verfolgung“.

Kritik kam auch von den Grünen. Es sei nicht klar, ob das spanische Gericht, das die Aufhebung der Immunität und die Auslieferung beantragt hatte, dafür überhaupt zuständig sei, sagte Fraktionschefin Ska Keller. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Spanien und Katalonien müsse politisch gelöst werden, forderte ihr Kopräsident Philippe Lamberts.

Zufrieden zeigten sich dagegen die spanischen Sozialisten. „Das Europäische Parlament richtet über niemanden“, erklärte Iratxe Garcia Perez, die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. „Eine klare, absolute Mehrheit des Parlaments unterstützte die Tatsache, dass die spanische Justiz in der Lage sein sollte, ihre Arbeit zu tun.“

Erleichtert ist auch die Regierung in Madrid. Die spanische Außenministerin Arancha González-Laya sagte, die Parlamentsentscheidung zeige, dass Puigdemont, Comín und Ponsatí sich nicht hinter ihrem Abgeordnetenmandat verstecken könnten. Sie müssten sich nun der spanischen Justiz stellen. Bei einer Rückkehr in ihre Heimat drohen den drei EU-Abgeordneten langjährige Haftstrafen.

Unabhängigkeit der Justiz angezweifelt

Allerdings sieht es derzeit nicht so aus, als müssten Puigdemont und seine Mitstreiter sich bald vor Gericht verantworten. Belgien und Schottland haben mehrere Gesuche zur Auslieferung nach Spanien abgelehnt. Zur Begründung verwies Belgien darauf, dass die von der spanischen Justiz angeführten Straftatbestände wie „Rebellion“ im belgischen Strafrecht nicht bestünden.

Darüber hinaus gibt es aber auch Zweifel an der Unabhängigkeit der spanischen Justiz. Normalerweise wäre dies ein Fall für die EU-Kommission, die über den Rechtsstaat in den 27 Mitgliedstaaten wacht. In Ländern wie Ungarn oder Polen ist Brüssel deshalb bereits aktiv geworden, in Spanien nicht. Auch dies kritisieren die katalanischen Separatisten – sie fühlen sich ungerecht behandelt.

Puigdemont hatte nach seiner Flucht nach Brüssel 2017 mehrfach versucht, mit der Brüsseler Behörde in Kontakt zu treten. Doch die Kommission verweigerte den Dialog. Nun hat auch das Europaparlament mit den Katalanen gebrochen. Dennoch bleibt der Konflikt ein Fall für die EU – nun sind die Richter in Luxemburg gefragt. Bis zu einem Urteil könnten allerdings noch Monate vergehen.