Die Demokratie verteidigen

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Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in seiner mit Spannung erwarteten Rede im Europäischen Parlament die Abgeordneten aufgefordert, die Demokratie zu verteidigen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in seiner mit Spannung erwarteten Rede im Europäischen Parlament die Abgeordneten aufgefordert, die Demokratie zu verteidigen. Und er versprach mehr Geld für das EU-Budget, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden.

Von unserem Redakteur Guy Kemp, Straßburg

So viele EP-Abgeordnete sind bei Debatten nur selten im Plenum zu sehen. Als Emmanuel Macron allerdings den Saal betritt, fällt die Begrüßung durch die Parlamentarier doch eher zögerlich aus. Macron hat keine direkten Anhänger im Parlament. Seine Bewegung La République en Marche (LREM) ist noch nicht im EP vertreten und gehört keiner der dortigen politischen Gruppierungen an. Als überzeugter Europäer, als der er seit seinem Wahlkampf auftritt, konnte sich der französische Präsident dem Beifall einer Mehrheit des Hauses gewiss sein.

Seine eigentliche europapolitische Rede hatte Macron bereits im vergangenen September an der Sorbonne gehalten, als er von einer Neugründung Europas sprach. Das leitende Thema seines gestrigen Vortrags war die Verteidigung der europäischen Demokratie und, mit ihr verknüpft, der „europäischen Souveränität“.

Die „illiberale Faszination“ werde täglich größer, die Zweifel und Spaltungen in Europa würden zunehmen. Zudem seien große Umwälzungen etwa im digitalen Bereich oder den Konsequenzen des Klimawandels im Gange, die Ängste hervorbringen würden. Es sei aber der falsche Weg, die Verbundenheit mit der Demokratie aufzugeben. Vielmehr müsse eine „neue Souveränität in Europa“ hergestellt werden, „um den Bürgern zu zeigen, dass wir sie schützen und eine Antwort auf die Unordnung in der Welt geben können“, sagte Macron.

EU-Hilfe für Aufnahme von Flüchtlingen

„Gegenüber dem Autoritarismus, der uns überall umgibt, ist die Antwort nicht eine autoritäre Demokratie, sondern die Autorität der Demokratie“, gibt er als Losung gegen den ebenfalls aufkommenden Nationalismus aus. Das demokratische Modell Europas sei einzigartig auf der Welt und gehöre zur europäischen Identität, die die EU von autoritären Mächten unterscheide. „Ich will einer Generation angehören, die fest entschieden hat, seine Demokratie zu verteidigen“, stellt der französische Präsident klar.

Neben seinem starken Bekenntnis zur europäischen Demokratie ging Macron auch auf einzelne Punkte ein, die zum Teil bereits aus seiner Sorbonne-Rede bekannt waren. So verlangte er einen festen Zeitplan für eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Banken-Union müsse vervollständigt werden und es brauche ein Budget, um die Stabilität und Konvergenz in der Eurozone zu fördern. Womit er, wie sich bereits gezeigt hat, insbesondere beim konservativen Teil der deutschen Regierung auf Zurückhaltung stößt. „Madame No in Berlin“ habe bereits gezeigt, wie schwierig es werden würde, die Wirtschafts- und Währungsunion WWU weiterzubringen, warf später der Vorsitzende der Sozialdemokarten im EP, der deutsche Udo Bullmann, ein. Dennoch sprach sich Macron für eine parlamentarische Kontrolle und eine demokratische Governance der Eurozone aus. Wenn das in den kommenden Monaten und Jahre nicht umgesetzt werde, komme Europa nicht weiter, meinte er.

Der französische Präsident hat jedoch auch etwas zu bieten. So stellte er eine Erhöhung der französischen Beiträge zum EU-Budget in Aussicht, wenn dieser überarbeitet werde. Dazu gehörten die Abschaffung aller Rabatte sowie ausreichend Mittel für die Verteidigungs- und Migrationspolitik der EU. Kommunen und Regionen, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen finanzielle Unterstützung aus dem EU-Haushalt erhalten. Dieser Vorschlag Macrons zielt wohl darauf ab, die gegenwärtigen Blockaden bei der Reform der Dublin-Regeln über die Aufnahme von Asylsuchenden sowie bei der Verteilung von Flüchtlingen in den EU-Staaten zu überwinden. Doch dürfte damit auch Druck auf jene osteuropäischen EU-Staaten, wie Ungarn und Polen, gemacht oder ihnen ein Anreiz geboten werden, die keine Asylsuchenden aufnehmen wollen. Denn EU-Gelder, die für die Flüchtlingshilfe verwendet werden, könnten in den für diese Länder so wichtigen Strukturfonds fehlen.

„Das wahre Frankreich ist zurück“

Zudem will sich der französische Präsident für die Schaffung von mehr Eigenressourcen für das EU-Budget einsetzen. Dies ist eine der Hauptforderungen der EU-Parlamentarier bei den anstehenden Verhandlungen über einen mehrjährigen EU-Haushaltsplan. Diese Eigenmittel könnten eine Digitalsteuer sein, die Macron bei großen Internetfirmen eintreiben will. „Das wahre Frankreich ist zurück“, jubelte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der sich „auf breiter Linie“ mit den Ausführungen Macrons einverstanden erklärte. Dessen Wahl habe „Europa neue Hoffnungen gemacht“.

Er seinerseits hoffe, dass sich „eine Komplizität“ zwischen dem französischen Präsidenten und der EU-Kommission einstelle, wenn es zur Durchsetzung der angestrebten Reformen in der EU kommt, so Juncker. Der allerdings Macron auch darauf hinwies, dass Europa nicht allein eine Sache der Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland sei. Darauf verwiesen auch mehrere EP-Abgeordnete wie selbst der deutsche EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber, der, das Leitthema Macrons aufgreifend, darauf hinwies, dass „richtige Demokratie nicht hinter verschlossenen Türen“ stattfinde – ein Seitenhieb auf den Europäischen Rat – und auch nicht einzig bei den Treffen zwischen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Emmanuel Macron.

Kritik sah er sich auch wegen der Beteiligung Frankreichs an den Luftangriffen von Chemiewaffenanlagen in Syrien ausgesetzt. Der französische Präsident verteidigte das Vorgehen mit Vehemenz und meinte, die drei – USA, Großbritannien und Frankreich – hätten damit internationales Recht durchgesetzt und „unsere Werte“ verteidigt. Denn das Assad-Regime habe trotz internationalen Verbots wiederholt Chemiewaffen eingesetzt und ein Vorgehen gegen Damaskus sei im UN-Sicherheitsrat immer wieder blockiert worden. Dennoch sei man nicht mit Syrien im Krieg, bemühe sich weiter um eine friedliche Lösung, wozu sich Frankreich auf diplomatischer und humanitärer Ebene einsetze, so Macron.

Der Vorsitzende der Liberalen im EP, Guy Verhofstadt, bedauerte, dass hier die Schwäche der EU offensichtlich werde. Nicht die EU, sondern Frankreich und Großbritannien hätten eingegriffen. Was darauf zurückzuführen sei, dass Frankreich vor rund 65 Jahren die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt habe, so der Belgier. Doch auch hier zeigte sich Macron ganz europäisch und meinte, Frankreich glaube an die europäische Verteidigungspolitik. Immerhin seien die 28 in der vergangenen Zeit in diesem Bereich bereits viel weiter gekommen.

(Fotos: dpa)

 

GuyT
18. April 2018 - 16.24

Macron vernebelt die Bürger wie schon in den Wahlen mit schwammigen Worte und gutklingenden Floskeln. Was genau heißt die Autorität der Demokratie anstelle eine autoritären Demokratie? Ist Demokratie nur genehm wenn sie den Visionen der EU-Eliten entspricht. Be trachten man die Vorschläge Macrons genauer versteht man, dass viel Länder davon wenig Begeistert sind. Die von Macron vorgeschlagene Bankenunion, dass die nördlichen Euro-Länder, also auch Luxemburgs Sparer, in den südlichen Ländern Giro- und Spareinlagen in Höhe von 3'700 Milliarden Euro abzusichern hätten....