CoronaAuch Russland geht mit Strenge gegen die Pandemie vor

Corona / Auch Russland geht mit Strenge gegen die Pandemie vor
Sowjetische Pionier-Skulptur mit Maske: Auch Moskaus Straßen sind leer, nachdem den zwölf Millionen Einwohnern der Stadt eine Isolation auferlegt wurde  Foto: AFP/Dimitar Dilkoff

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In Russland werden Quarantäne-Verstöße künftig mit bis zu sieben Jahren Haft bestraft. Das Unterhaus des russischen Parlaments verabschiedete gestern im Eilverfahren ein entsprechendes Gesetz. Zudem wurden die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie ausgeweitet. In mehr als 40 der 85 Regionen Russlands ist das öffentliche Leben damit weitgehend lahmgelegt.

Wer die Quarantäne missachtet und damit absichtlich viele Menschen infiziert oder den Tod eines anderen verursacht, dem drohen bis zu fünf Jahre Haft und Geldstrafen von bis zu zwei Millionen Rubel (23.000 Euro). Sterben zwei oder mehr Menschen, können bis zu sieben Jahre Haft verhängt werden.

Die Abgeordneten der Duma verabschiedeten zudem ein Gesetz, das es der Regierung ermöglicht, den landesweiten Notstand auszurufen. Die Duma beriet gestern außerdem über einen Gesetzentwurf, der bis zu fünf Jahre Haft für das Verbreiten von Falschinformationen über das Coronavirus vorsieht.

Nachdem die Hauptstadt Moskau mit ihren zwölf Millionen Einwohnern den Anfang gemacht hatte, wurden gestern in rund 40 russischen Regionen Ausgangsbeschränkungen verhängt. Insbesondere Großstädte wie St. Petersburg und Jekaterinburg sind davon betroffen. Dort dürfen alle Einwohner ihre Wohnungen nur noch zur Arbeit, in medizinischen Notfällen und zum Einkauf in Apotheken und Supermärkten verlassen. Parks, Einkaufszentren und Restaurants wurden geschlossen.

Kontrolle über Handy

Um die Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen zu überwachen, dürfen die Behörden nun auch auf Handy-Daten zurückgreifen. Mit Hilfe der Mobilfunkanbieter solle insbesondere kontrolliert werden, ob diejenigen, die nach einer Reise ins Ausland unter Quarantäne gestellt wurden, sich an die Vorgaben halten, erklärte Ministerpräsident Michail Mischustin gestern.

In Moskau soll mit Hilfe der Daten auch die Einhaltung der Ausgangssperre durch die zwölf Millionen Bürger überprüft werden, wie Bürgermeister Sergej Sobjanin mitteilte. Zuvor hatte er bereits angekündigt, die Einhaltung durch die zahlreichen Kameras im Stadtgebiet mit Gesichtserkennungssoftware überwachen zu lassen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte gestern in einem Brief an die russischen Behörden vor den „verheerenden Folgen“ der Coronavirus-Pandemie in den überfüllten Gefängnissen des Landes. Die Aktivisten forderten die Regierung auf, einige Häftlinge – insbesondere in Untersuchungshaft – vorzeitig zu entlassen.

Das Infektionsrisiko der rund 500.000 Gefangenen sei wegen „Überfüllung, schlechter Belüftung, unzureichender Gesundheitsversorgung und mangelnder sanitärer Einrichtungen“ besonders hoch, hieß es in dem Schreiben. Zudem seien mindestens 9.000 Häftlinge über 60 Jahre alt.

Putin und der Kontakt

Gestern wurde zudem bekannt, dass einer der wichtigsten Ärzte im Kampf gegen das Coronavirus, der erst kürzlich mit Präsident Wladimir Putin Kontakt hatte, positiv auf das Virus getestet wurde. Der Leiter des in der Behandlung von Corona-Patienten führenden Moskauer Kommunarka-Krankenhauses, Denis Prozenko, habe sich infiziert, berichteten staatliche Medien gestern.

Putin hatte das Krankenhaus vor einer Woche in einem Schutzanzug besucht und dabei auch mit Prozenko gesprochen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte dazu der russischen Nachrichtenagentur Interfax, es bestehe kein Grund zur Sorge, Putin lasse sich regelmäßig testen.

In Russland wurden nach offiziellen Angaben bis gestern 2.237 Infektions- und 17 Todesfälle gemeldet, die tatsächliche Zahl der Infizierten dürfte jedoch höher liegen. In den vergangenen 24 Stunden wurden rund 500 Neuinfektionen gemeldet – der bislang höchste Anstieg binnen eines Tages. Die meisten Fälle wurden in Moskau registriert. (AFP)