Lycée Robert SchumanSchüler machen Nägel mit Köpfen: Diskussion zur Nachhaltigkeit mit hochkarätigen Gästen

Lycée Robert Schuman / Schüler machen Nägel mit Köpfen: Diskussion zur Nachhaltigkeit mit hochkarätigen Gästen
Die Gesprächsrunde am Mittwoch: Semion Smolenskiy, Christophe Murroccu, Thomas Gibon, Claude Meisch, Monica Camposeo, Claude Turmes, Marie-Paule Kremer, Joerg Altekruse, Julia Ruhmann und Julien Lemmer Foto: Editpress/Alain Rischard

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Viele Monate lang planten Schüler des Lycée Robert Schuman Luxemburg eine Diskussionsrunde zum Thema Nachhaltigkeit mit hochkarätigen Gästen aus Politik, Zivilgesellschaft und Forschung. Mit solchen Aktionen zeigten die Schüler, dass sie Verantwortung übernehmen könnten, lautete eine der Aussagen am Mittwoch.

Vor einem Jahr hatte Julien Lemmer noch gar nichts mit Klimaschutz oder den 17 Nachhaltigkeitszielen bis 2030 am Hut. „Ich wusste nicht, was das ist“, sagte der Schüler des Lycée Robert Schuman Luxemburg gegenüber dem Tageblatt. Heute ist er Präsident des LRSL-Actionteam4future. Im Januar 2022 nahm seine Klasse, eine 6e, an einem Workshop von Youth4planet teil. Am Ende wurde die Frage gestellt, ob niemand Lust hätte, eine eigene Gruppe in seinem Lyzeum ins Leben zu rufen. Eine Liste zirkulierte durch die Klasse und am Ende standen vier Namen drauf, darunter jener von Julien Lemmer. Die Lehrerin reichte diese Liste an die Direktion des LRSL weiter, die grünes Licht gab. Fortan trafen sich die Mitglieder einmal in der Woche und arbeiteten konkrete Aktionen zu den 17 Nachhaltigkeitszielen aus.

Am 24. Februar 2022 brach der Ukraine-Krieg aus. „Ich verfolgte den ganzen Tag die Nachrichten“, sagte Lemmer. Am Abend traf er den Entschluss, etwas tun zu müssen. Er schickte über Teams eine Nachricht an das Team und schlug eine Spendenaktion für die Organisation LUkraine vor. Dies sollte die erste Aktion des LRSL-Actionteam4future sein. Nach etwa einer Woche war alles vorbereitet. Schüler und Eltern konnten ihre Sachspenden abgeben. Zwei Autos konnten damit vollgeladen werden. Es folgten weitere Aktionen. Unter anderem gründete das Team ein Instagram-Profil und postete während der COP27 aktuelle Beiträge. Als größte Aktion bezeichnete der engagierte Schüler die Diskussionsrunde am Mittwochmorgen im Lyzeum. Monatelang hatte man an der Planung der Runde gearbeitet.

Wäre die Natur eine Bank, hätten wir sie schon längst gerettet

Eduardo Galeano, Schriftsteller

Julien Lemmer hatte die Idee, ein solches Team in jedem Lyzeum des Landes zu gründen. Zwar gebe es bereits ähnliche Initiativen, doch handele es sich dabei meist nur um Pilotprojekte. Seine Idee: Nicht nur die Erwachsenen sollen über die Nachhaltigkeitsziele bestimmen können, sondern es sollte schon früh in den Schulen darüber diskutiert und aktiv mitgemacht werden. In seiner Rede am Anfang der „Table ronde“ am Mittwoch zitierte der LRSL-Actionteam4future-Präsident den Schriftsteller Eduardo Galeano: „Wäre die Natur eine Bank, hätten wir sie schon längst gerettet.“

Umbruchphase in Klimadiskussion

An der von den Schülern organisierten Diskussionsrunde nahmen mit Energieminister Claude Turmes („déi gréng“) und Bildungsminister Claude Meisch (DP) gleich zwei Minister teil, die sich mit Schülern, Youth4planet-Mitgliedern, dem „Mouvement écologique“ und einem Forscher des LIST den vom LRSL-Team aufgesetzten Fragen stellen mussten. Das Thema: „Nohaltegkeet – COP27 – an elo?“. Journalistin Monica Camposeo moderierte die Runde. Zu Beginn erinnerte sie an die wichtigsten Resultate, die im November 2022 auf der Weltklimakonferenz in Ägypten festgelegt wurden: Erstens, die Einrichtung eines Fonds, in den reichere Länder einbezahlen, um ärmere Staaten zu unterstützen, zweitens, keine Änderung beim Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu reduzieren, und drittens, keine neuen Ziele beim Ausstieg aus den fossilen Energien.

Wir können gemeinsam festgelegte und von den einzelnen Staaten ratifizierte Ziele nicht auf jeder COP neu diskutieren

Christophe Murroccu, Mitglied des „Mouvement écologique“

Semion Smolenskiy ist Schüler im „Lycée technique d’Ettelbruck“ und war auf der COP27 dabei. Er berichtete von der Schwierigkeit, die rund 200 Staaten mit unterschiedlichen Interessen hatten, ein Abkommen zum Klimawandel zu finden. Joerg Altekruse, Filmemacher und Präsident von Youth4planet international, monierte, dass diese Staaten nun zum 27. Mal zusammengekommen seien, um „ziemlich wenig zu beschließen“. Der Präsident der nächsten COP sei ein Vertreter der Ölindustrie. „Schlimmer kann es nicht werden“, sagte er. Andererseits zeige dies auch deutlich, dass sich die ganze Klimadiskussion in einer Umbruchphase befindet. Denn Ölindustrievertreter als Präsidenten würden offenbaren, dass diese sich in der Defensive befinden.

Auf einer COP müssen radikalere Entscheidungen getroffen und diese auch umgesetzt werden

Julien Lemmer, Schüler und LRSL-Actionteam4future-Präsident

Auch Christophe Murroccu, Mitglied des „Mouvement écologique“, nannte die COP27 eine große Enttäuschung. „Wir können gemeinsam festgelegte und von den einzelnen Staaten ratifizierte Ziele nicht auf jeder COP neu diskutieren“, sagte er. LIST-Forscher Thomas Gibon schloss sich der Aussage von Murroccu an und bezeichnete die COP27 als frustrierend für ihn persönlich. Zwei Wochen jedes Jahr seien viel zu wenig. Eigentlich sollte man seiner Meinung nach eine Art fortlaufende COP einrichten, wo sich die einzelnen Vertreter stets austauschen könnten. Der LRSL-Schüler Julien Lemmer schob ein: „Auf einer COP müssen radikalere Entscheidungen getroffen und diese auch umgesetzt werden.“ Marie-Paule Kremer, erste Direktionsberaterin des Nachhaltigkeitsministeriums, betonte: „Ziele haben wir bereits, nun müssen die Maßnahmen her.“

Turmes lobt Greta Thunberg

Energieminister Claude Turmes resümierte die Bestrebungen gegen den Klimawandel: „Wir müssen weg von den fossilen Energien wie Gas, Erdöl oder Kohle und müssen diese ersetzen durch Solar-, Windenergie und Wasserkraft.“ Er wandte ein, dass die Klimadiskussion ihren Ursprung nicht auf einer COP gehabt habe, sondern auf der Straße. Greta Thunberg habe man zu verdanken, dass eine weltweite Bewegung losgetreten wurde. „Das war vor vier Jahren der Wendepunkt“, sagte Turmes. Man solle die „good vibrations“ der „Fridays for Future“-Aktionen nutzen. Julia Ruhmann, Mitglied von Youth4planet Luxemburg, bezeichnete sich als Freund der Tat. Sie arbeitet viel mit Schülern zusammen und setzt den Akzent auf die Sensibilisierung und die Umsetzung.

Der Festsaal im Lycée Robert Schuman war prall gefüllt
Der Festsaal im Lycée Robert Schuman war prall gefüllt Foto: Editpress/Alain Rischard

Für Bildungsminister Claude Meisch haben die jungen Menschen vieles richtig gemacht, indem sie auf die Straße gingen und ihre Meinung sagten. Meisch verteidigte die Schüler vor dem allgemeinen Vorwurf, diese würden nur auf die Straße gehen, um die Schule zu schwänzen. Das sehe er anders. Dadurch würden die Schüler lernen, Verantwortung zu tragen. Die Energiemaßnahmen an den Schulen betreffend verwies der Minister auf die Pläne, auf den Dächern der Schulen Solarzellen zu installieren und parallel dazu Energie einzusparen. Meisch sprach sich zudem dafür aus, die Ziele der nachhaltigen Entwicklung fächerübergreifend in die Schulprogramme zu integrieren.

Wir müssen weg von den fossilen Energien wie Gas, Erdöl oder Kohle und müssen diese ersetzen durch Solar-, Windenergie und Wasserkraft

Claude Turmes, Energieminister

Claude Turmes berichtete von der Einrichtung von Solarpaneelen auf dem Flachdach der Europaschule auf Kirchberg. Die Zellen seien zusammen mit Schülern installiert worden. Dies sei möglich gewesen, da ein Flachdach weniger Gefahren berge als schiefe Dächer. Klimaschutz lerne man am besten anhand von konkreten Aktionen. Auch erwähnte Turmes die Arbeit der „Energiedetektive“ an den Schulen. Diese Detektive würden verschiedene Energiequellen an ihrer Schule unter die Lupe nehmen und dadurch eventuelle Missstände aufdecken, erklärte Julien Lemmer. Er nannte als Beispiel die konkrete Aktion, an der Schüler die Lichtquellen im LRSL analysierten und die Resultate der Direktion mitteilten.

Der Energieminister bezeichnete den Finanzplatz als größten Verschmutzer Luxemburgs. Viele Milliarden auf den Banken würden dazu eingesetzt, fossile Geschäfte voranzutreiben. Deshalb sei in Luxemburg das Steuergesetz angepasst worden. Investmentfonds, die in erneuerbare Energien investieren, brauchen demnach weniger Steuern zu zahlen.