LuxemburgCovid-Taskforce warnt vor möglicher Infektionswelle – nächste Woche entscheidend

Luxemburg / Covid-Taskforce warnt vor möglicher Infektionswelle – nächste Woche entscheidend
Der Luxemburger Forscher Alexander Skupin schlägt vor, dritte Impfungen „aktiv ins Auge zu fassen“ Symbolfoto: AFP

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Die luxemburgische Corona-Taskforce warnt in ihrem jüngsten Bericht vor einer sich möglicherweise verschlimmernden Dynamik bei den Infektionszahlen, die in letzter Zeit deutlich gestiegen seien. Alexander Skupin aus dem Taskforce-Team sagt im Gespräch mit dem Tageblatt, in der kommenden Woche werde sich zeigen, ob der Anstieg noch zu isolieren ist oder ob sich die Lage weiter zuspitzt.

Luxemburgs Covid-19-Taskforce ist aus der Sommerpause zurück – das erste Mal seit dem 29. Juli gibt es wieder einen Bericht der Initiative „Research Luxembourg“ zur Infektionslage im Großherzogtum. Das Team aus Wissenschaftlern berichtet darin von den zuletzt deutlich angestiegenen täglichen Fallzahlen – im Durchschnitt 75 pro Tag in der vergangenen Woche. In dem aktuellen Papier vom 26. August heißt es: „Der relativ kontinuierliche Anstieg und der hohe R-Wert deuten auf die Gefahr eines signifikanten epidemischen Rebounds hin.“ Zur Erinnerung – beim Reproduktionsfaktor („Reff-Wert“) handelt es sich um die Anzahl der Personen, die ein Infizierter jeweils im Durchschnitt ansteckt. Dieser lag laut dem Taskforce-Bericht in der vergangenen Woche bei 1,14.

Bedeuten diese Zahlen, dass Luxemburg auf eine neue Infektionswelle zusteuert? Alexander Skupin, mitverantwortliches Mitglied der Covid-Taskforce, sagt im Gespräch mit dem Tageblatt: „Das ist eine gute Frage, die wir uns im Team natürlich auch stellen. Die Indikatoren deuten darauf hin.“ Es sei nun wegweisend, wie sich die Zahlen in der kommenden Woche entwickeln. „Es hängt davon ab, ob diese Zelle über das Contact Tracing isoliert werden kann, oder ob sie schon zu diffus ist.“ Die Gesamtzahl der geschätzten aktiven Fälle ist laut dem Wissenschaftlerteam in der betrachteten Woche bis zum 25. August kontinuierlich auf 867 Fälle gestiegen, gegenüber 692 Fällen in der Woche davor.

Anscheinend werden die sozialen Interaktionen nicht mehr so vorsichtig geführt.

Dr. Alexander Skupin, mitverantwortliches Mitglied der Luxemburger Covid-19-Taskforce

Wie auch seine Teamkollegen in der Analyse vermutet Skupin, dass die ansteigenden Zahlen zum Teil auf aus dem Urlaub eingeschleppte Infektionen oder auch vermehrte Treffen zu Sommeraktivitäten zurückzuführen sind. „Anscheinend werden die sozialen Interaktionen nicht mehr so vorsichtig geführt“, so der Wissenschaftler. „Wir hatten eigentlich gehofft, diesen Trend wegen der Sommerferien erst etwas später zu sehen, so gegen Mitte September.“ Ein Erklärungsversuch für diesen „Frühstart“ sei laut Skupin, dass die Menschen möglicherweise etwas früher aus dem Urlaub zurückkommen als sonst oder sich bei dem schönen Wetter häufiger verabreden.

Jung, geimpft – und trotzdem ansteckend

Dass die Menschen derzeit deswegen weniger oder gar nicht mehr in den Urlaub fahren sollten, sieht der Wissenschaftler momentan als nicht sinnvoll an. „Es wäre aber wirklich gut, wenn wir uns alle weiterhin korrekt an die Hygienemaßnahmen halten und darauf einen starken Fokus legen“, ergänzt er. Das gelte auch für Geimpfte, die trotz eines abgeschlossenen Impfschemas immer noch Überträger sein könnten – vor allem bei der aktuell in Luxemburg vorherrschenden Delta-Mutation des Virus.

Der Wissenschaftler Alexander Skupin ist Professor am „Luxembourg Centre for Systems Biomedicine“ (LCSB) der Uni.lu und mitverantwortliches Mitglied der Covid-19-Taskforce „Research Luxembourg“
Der Wissenschaftler Alexander Skupin ist Professor am „Luxembourg Centre for Systems Biomedicine“ (LCSB) der Uni.lu und mitverantwortliches Mitglied der Covid-19-Taskforce „Research Luxembourg“ Foto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Laut dem Taskforce-Bericht liegt die geschätzte Verbreitung der Delta-Variante in Luxemburg momentan bei 96,7 Prozent. Zum Vergleich: In der Kalenderwoche 28, also vor rund sechs Wochen, verzeichnete das Wissenschaftlerteam noch einen Wert von 49,2 Prozent. Skupin appelliert deshalb an die Jüngeren, trotz vollständiger Impfung weiterhin vorsichtig zu sein. „Auch wenn man jung ist und denkt, dass man selbst ja jetzt dank der Impfung geschützt ist – was ja auch stimmt –, kann man immer noch etwas zum Infektionsgeschehen beitragen“, mahnt das Taskforce-Mitglied. In der Analyse von „Research Luxembourg“ heißt es zu den möglichen Konsequenzen: „Andernfalls könnte die hohe Zahl der Fälle in den nächsten Wochen eine große Welle auslösen und die Belastung für das Gesundheitssystem erhöhen.“

Skupin für baldige Booster-Impfungen 

Skupin schlägt deshalb unter anderem vor, die Booster-Impfungen in Form einer dritten Dosis für den Herbst aktiv ins Auge zu fassen. „Gerade bei Älteren wurde zum Beispiel laut Daten aus Israel beobachtet, dass die Immunität etwas früher abbaut“, so das Taskforce-Mitglied. In den Krankenhäusern sei die Lage derzeit nicht kritisch, auch wenn in den vergangenen Tagen einen Anstieg verzeichnet worden sei. „Die Krankenhauszahlen hinken ja üblicherweise immer so zehn bis 14 Tage hinterher“, sagt Skupin. Verglichen mit vergangenem Herbst seien diese Zahlen allerdings derzeit glücklicherweise wesentlich niedriger, erklärt er weiter – das sei seiner Ansicht nach den Impfungen zu verdanken.

Würde man sich die Corona-Mutationen mit ihren jeweiligen Eigenschaften einmal wegdenken, wie zum Beispiel das deutlich erhöhte Ansteckungsrisiko der Delta-Variante, wäre das Großherzogtum übrigens laut Skupin mittlerweile sehr nah an der Herdenimmunität. „Wir sind ja momentan ungefähr bei 60 Prozent Impfquote, da gäbe es momentan dann wahrscheinlich auch keinen Anstieg mehr, sondern eher einen Abfall der Zahlen“, vermutet der Wissenschaftler. „Es würde dann zwar weiterhin Infektionscluster geben – die wären aber dann deutlich besser isolierbar.“

In Luxemburg kursierende Corona-Varianten

Derzeit ergeben die mit Abstand meisten Sequenzierungen im Großherzogtum das Resultat: Delta-Variante. Laut dem jüngsten „Revilux“-Bericht des Nationalen Gesundheitslabors (LNS) ist die hochansteckende Mutation in der 32. Kalenderwoche für 96,7 Prozent der Neuinfektionen in Luxemburg verantwortlich. Im Vergleich zur Vorwoche ist das ein Anstieg von 2,3 Prozent. In elf Fällen sei trotz vollständiger Impfung eine Infektion mit Delta festgestellt worden. Die Gamma-Variante wurde bei 3,3 Prozent der Tests festgestellt. Das LNS hat von den 295 Neuinfektionen in der untersuchten Woche 60,4 Prozent analysiert – das entspricht 178 Sequenzierungen. Damit sei die vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) empfohlene Mindestabdeckung von 10 Prozent erreicht – aber nicht der empfohlene Mindestprobenumfang von 198, schreibt das Labor.

Rupert Schneider
29. August 2021 - 21.08

Eine dritte und evtl. um die Jahreswende vierte Impfung muss auf jeden Fall her, sonst bekommen wir das nie in den Griff. Die Daten aus Israel zeigen auch ganz deutlich eine sehr gute Wirkung der dritten Dosis ohne jegwelche Langzeitfolgen, sogar für Schwangere und Kinder ab 5 Jahren. Worauf warten unsere Entscheidungsträger also noch?

Jo60
28. August 2021 - 19.56

Dass die Hygienemaßnahmen nicht mehr so richtig berücksichtigt werden, stelle ich nicht nur bei den einzelnen Menschen fest sondern bei verschiedenen Restaurantbetreiber und Wirten. Die Geimpften haben ja im Hinterkopf, dass sie geschützt sind und offenbaren so den Hintergedanken für den sie sich doch vor allem zur Impfung entschieden haben und nicht wie so oft moniert dass sie die Anderen schützen wollen. Und so könnten die Geimpften die große Masse der Superspreader werden.

Jimbo
28. August 2021 - 9.07

Natierlech ginn et steigend Zuelen. dLeit kommen aus dem Kollektivcongé zreck… An an 3 Wochen fänkt dEchoul erem un…

Theophile koch
28. August 2021 - 1.06

Ach so eine dritte dosis aber nicht mit mir habe schon zwei aber eine dritte Nein....

Jacky Wano
27. August 2021 - 19.36

Steigende Zahlen, weil die Menschen sich bei dem „schönen Wetter“ treffen??? Also, hier in Luxemburg war der Herr die letzten Wochen nicht…