Mangel an TransparenzAstraZeneca muss sich vor EU-Kommission erklären

Mangel an Transparenz / AstraZeneca muss sich vor EU-Kommission erklären
AstraZeneca muss sich am heutigen Mittwoch bei der EU-Kommission zu den Lieferproblemen erklären  Foto: AFP/Ben Stansall

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Die Ankündigung des Pharmakonzerns AstraZeneca, bis zum März nur einen Bruchteil der vereinbarten Menge an Impfstoff-Dosen an die EU-Staaten zu liefern, sorgte gestern weiter für Unmut.

Das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca hatte am Freitag angekündigt, bis Ende März nur 31 Millionen der von der EU für das erste Quartal bestellten 80 Millionen Impfdosen liefern zu können. Als Begründung gab der Hersteller Probleme in einer Produktionsstätte an. Ob es aber wirklich daran liegt, wird allseits bezweifelt. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte gestern, dass noch immer nicht bekannt sei, weshalb es zu den angekündigten Lieferproblemen kommen soll. Bei einem Treffen am heutigen Mittwoch zwischen den zuständigen Stellen in der Kommission sowie Vertretern von AstraZeneca soll diese Frage geklärt werden, sagte der Sprecher gestern weiter.

Offenbar soll AstraZeneca Impfstoffe an andere Länder verkauft haben – weshalb die EU-Staaten nun das Nachsehen hätten. „AstraZeneca soll die Karten auf den Tisch legen“, fordert daher die luxemburgische EU-Parlamentarierin Tilly Metz, die im Allgemeinen den Mangel an Transparenz kritisiert, der in Bezug auf die Verträge herrsche, die die EU-Kommission mit verschiedenen Pharmaunternehmen zum Kauf der Covid-19-Impfstoffe für die Mitgliedstaaten eingegangen sei.

Die EU-Kommission hat angesichts der Ankündigung von AstraZeneca längst reagiert. Am Montag hat EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides deutlich gemacht, dass die Verzögerungen bei den Lieferungen des Impfstoffes „nicht akzeptabel“ seien. Bei ihrer Rede vor dem Davos-Wirtschaftsforum legte die EU-Kommissionspräsidentin gestern noch einmal nach: „Die Unternehmen müssen liefern. Sie müssen ihre Verpflichtungen einhalten“, so Ursula von der Leyen, die, ebenfalls wie Kyriakides, die Schaffung eines sogenannten „Transparenzregisters“ ankündigte.

Mit dem Register will die Kommission nachverfolgen, wie viele Impfdosen von den Produzenten in der EU hergestellt und wohin sie geliefert werden. Was die Kommission darüber hinaus mit dem Transparenzregister vorhat, ob sie aufgrund der damit gewonnenen Erkenntnisse beispielsweise Exportbeschränkungen verhängen wolle, dazu konnte ein Kommissionssprecher gestern keine weiteren Auskünfte geben. Er verwies lediglich darauf, dass bis gegen Ende der Woche genauere Modalitäten, was es mit dem Transparenzregister auf sich habe, festgelegt werden würden.

Tilly Metz: Zusagen gegenüber ärmeren Ländern einhalten

Tilly Metz begrüßt die Bemühungen der Kommission für mehr Transparenz. Sie hätte sich aber bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Botschaft der Kommission gewünscht, dass sich die EU von den Pharmaunternehmen „nicht über den Tisch ziehen lassen wolle“. Die luxemburgische Grünen-Abgeordnete fordert allerdings auch, dass die EU ihre Zusagen einhält, solidarisch mit weniger bemittelten Ländern bei der Bereitstellung von Corona-Impfstoff zu sein. Sie warnt daher vor Exportbeschränkungen, die ärmere Länder treffen könnten. Zudem könnte mittels mehr Transparenz seitens der Pharmakonzerne offengelegt werden, wer wie viel für eine Impfdose zahlt.

Auch deshalb will Tilly Metz Einsicht in die Lieferverträge, die die EU mit Wissen der Mitgliedstaaten mit den Pharmafirmen abgeschlossen hat. Bislang konnte sie unter Auflagen nur den mittlerweile veröffentlichten Vertrag mit dem Unternehmen Curevac einsehen. Nun versucht sie mit anderen EU-Parlamentariern ebenfalls Einblick in die anderen Verträge zu bekommen und hat daher eine entsprechende Anfrage an die EU-Kommission gestellt. Immerhin haben die EU sowie die Mitgliedstaaten den Impfstoffherstellern 2,75 Milliarden Euro für die Erforschung und Produktion von Vakzinen bereitgestellt, argumentiert die Grünen-Politikerin. Ein Argument, das auch von der Kommission immer wieder ins Feld geführt wird, wenn sie auf die Einhaltung der Verträge pocht und die Einführung des Transparenzregisters begründet.

Doch nicht nur mit AstraZeneca gibt es Lieferprobleme. Auch Pfizer/Biontech hat seit vergangener Woche nicht die vereinbarte Menge an Impfstoffdosen an die EU geliefert. Ende dieser Woche sollte der Engpass behoben sein, sagte gestern der Kommissionssprecher. Luxemburg dürfte ebenfalls von den von AstraZeneca eingeschränkten Liefermengen betroffen sein. Immerhin sollte das Land 200.000 Dosen von dem britisch-schwedischen Hersteller erhalten, sagte gestern Tilly Metz.

Romain Juni
27. Januar 2021 - 16.28

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