EIB-Finanzierung20 Millionen Euro für Luxemburger Weltraumfirma Spire Global

EIB-Finanzierung / 20 Millionen Euro für Luxemburger Weltraumfirma Spire Global
Die Satelliten von Spire sind etwa so groß wie eine Flasche Wein oder ein Schuhkarton Foto: Spire Global

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Erstmals hat Europas Investitionsbank EIB eine junge Firma aus dem New-Space-Bereich mit 20 Millionen Euro Risikokapital ausgestattet. Es gilt, eine Lücke in der Attraktivität des Standortes Europa zu füllen. Es handelt sich dabei um das Unternehmen Spire Global, mit Europasitz in Luxemburg.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist eine besondere Bank. Sie will, wie jede Bank, einen Gewinn erzielen – doch zahlt sie nie eine Dividende an ihre Aktionäre aus. Erwirtschaftete Gewinne fließen ins Eigenkapital der Bank und erlauben ihr, mehr Geschäfte zu tätigen. Die EIB ist eine Art Hausbank der Europäischen Union (EU). Sie hilft politische Ziele, etwa die Förderung des Binnenmarktes und der Wissensgesellschaft oder grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte und den Kampf gegen den Klimawandel, mit der Finanzierung von ausgewählten Projekten zu unterstützen. Die Anteilseigner der EIB sind die Mitgliedsländer der EU.

Ein Bereich, in dem Europas Investitionsbank seit einigen Jahren tätig ist, ist die Finanzierung von jungen, innovativen Unternehmen, die bereits erste Erfolge vorweisen können und in eine Phase schnellen Wachstums eingetreten sind. Um zu wachsen, brauchen sie jedoch viel Kapital. „Doch bei solchen Finanzierungen klafft in Europa eine Lücke“, so Hristo Stoykov, zuständig für diesen Bereich bei der EIB, gegenüber dem Tageblatt. „Das Angebot in Europa ist sehr unterentwickelt. In den USA und China steht dem Sektor mehr Risikokapital zur Verfügung.“ Ein Hemmnis für die Entwicklung von innovationsstarken Firmen in Europa.

In die Bresche ist, vor ungefähr fünf Jahren, die EIB gesprungen. Etwa 2,5 Milliarden Euro an Venture-Finanzierungen für wachstumsstarke Unternehmen in der Spätphase wurden seitdem an circa 150 Unternehmen vergeben. Das Darlehen wird jeweils auf den Kunden und das Projekt zugeschnitten.

Impfstoff gegen Corona

Die Finanzierungen, die sich meist über fünf bis sieben Jahre hinziehen, sind mit Risiko behaftet. Der Empfänger der Kredite verfügt im Normalfall über keine Sicherheiten, die er einem Investor anbieten kann. Die EIB finanziert daher nie mehr als 50 Prozent eines Projekts. Zudem wird der Kredit in Tranchen ausgezahlt, die an das Erreichen gewisser Ziele gebunden sind. Auch erwartet die EIB bei jedem Projekt eine angemessene Gewinnmarge. Zur Bezahlung gehört meist auch ein kleiner Anteil an der Firma (den die EIB jedoch zurück- oder weiterverkauft).

Hristo Stoykov: „Wir finanzieren Innovation, von denen alle profitieren.“
Hristo Stoykov: „Wir finanzieren Innovation, von denen alle profitieren.“ Foto: EIB

Ein hoher Gewinn bei einigen Projekten ist notwendig, um Verluste bei anderen auszugleichen, erklärt Hristo Stoykov. Von den getätigten Investitionen „entwickelt sich bisher lediglich ein halbes Dutzend schlechter“. Die Rechnung gehe, unter dem Strich, auf. Zudem haben die Investitionen weitreichende, positive Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft. „Wir finanzieren Innovation, von denen alle profitieren.“

Zu den finanzierten Projekten zählen schwimmende Windmühlen zur Stromproduktion und selbstfahrende Busse. Auch ein Impfstoff gegen Corona war dabei. „Im Januar hatten wir bei Biontech angerufen und ihnen 90 Millionen angeboten“, so Hristo Stoykov. Auch das deutsche Unternehmen CureVac, das US-Präsident Donald Trump kaufen wollte, „haben wir finanziert. Etwa ein Dutzend europäische Firmen mit Covid-Strategien haben wir dieses Jahr finanziert.“

Von dieser Art der Finanzierung konnte nun erstmals auch eine Firma aus Luxemburg profitieren: Die EIB hat dem Weltraumunternehmen Spire Global ein Risikodarlehen von 20 Millionen Euro gewährt. Es handelt sich gleichzeitig auch um die erste Direktfinanzierung der EIB in der jungen europäischen New-Space-Industrie.

Ein Netz von 100 Satelliten

Spire Global verfügt über Satellitentechnologie, mit der sich Wetterprognosen erstellen und die Position von Schiffen und Flugzeugen aus dem Weltraum verfolgen lassen. Das Unternehmen wurde 2012 gegründet und ist in vier Ländern (USA, Großbritannien, Singapur und Luxemburg) vertreten. „Wir haben 100 Satelliten und 60 Antennen“, so Geschäftsführer und Gründer Peter Platzer gegenüber dem Tageblatt. „Die dritt-größte Konstellation der Welt.“ Die Satelliten sind etwa so groß wie eine Flasche Wein oder ein Schuhkarton.

Peter Platzer: „Europa braucht mehr Innovation. Doch die gibt es nicht ohne Risikokapital.“
Peter Platzer: „Europa braucht mehr Innovation. Doch die gibt es nicht ohne Risikokapital.“ Foto: Spire/Tommy Chandler

Ein besonderes Angebot von Spire habe man derweil von Amazon und Jeff Bezos abgeschaut, so Platzer. Dabei geht es um die Infrastruktur, die Weltraumunternehmen brauchen. „Wir bieten alle Dienstleistungen aus einer Hand“, so der gebürtige Österreicher. „Dann können Unternehmen sofort loslegen.“ Die Geschäftssparte „orbital services“ helfe beim Bau und der Steuerung von Satelliten, beim Betreiben einer Bodenstation und beim Anfragen von Lizenzen. „Wir haben über 150 Kunden, die die höchsten Anforderungen stellen, denen wir diese Infrastruktur anbieten.“ Zu den Kunden zählen S&P, NASA, die ESA und die Air Force.

Das Geld der EIB will Spire für Forschung, zur Einstellung neuer Ingenieure, für eine kommerzielle Expansion, für Marketing und für den Start weiterer Satelliten einsetzen, so der zuständige Investment Officer Luis Cervera. Details werden aus wettbewerblichen Gründen keine genannt. „Wir werden weiter aufbauen und erweitern“, so Peter Platzer. Es gelte, neue Produkte auf den Markt zu bringen. „Europa braucht mehr Innovation. Doch die gibt es nicht ohne Risikokapital.“

In der Pressemitteilung zur Finanzierung äußerte sich auch Paolo Gentiloni, EU-Kommissar für Wirtschaft, zu der Finanzierung. „Die von privaten Unternehmern bislang noch kaum beachtete New-Space-Wirtschaft bietet ein enormes Wachstums- und Job-Potenzial“, sagt er. „Mit der Finanzierung der EIB kann Spire Global bei Forschung und Entwicklung aufs Tempo drücken, sein Netzwerk für die Analyse von Weltraumdaten erweitern und viele hoch qualifizierte Arbeitsplätze schaffen.“ Es soll nicht die einzige New-Space-Finanzierung durch die EIB bleiben. Die Entwicklungsbank will europäische Weltraum-Start-ups künftig verstärkt fördern.

Luxemburg hat sich derweil bereits am Kapital von Spire Global beteiligt. Insgesamt 15 Millionen Euro investierte der Luxembourg Future Fund in die Gesellschaft. Der Beteiligungsfonds ist auf innovative kleine und mittlere Unternehmen aus dem Technologiebereich spezialisiert. Ein Ziel des Fonds ist die Diversifizierung der Luxemburger Wirtschaft. Spire ist seit Mitte November 2017 ein luxemburgisches Unternehmen. Von seinen weltweit 250 Mitarbeitern sind 50 hierzulande tätig. Mit dem neuen Kapital sollen nun weitere hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen.