Von weit rechts nach ultra-rechts

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(AFP/Markus Schreiber)

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Die neue israelische Regierung steht. Sie rückt nicht nur weiter nach rechts, sondern von weit rechts nach ultra-rechts. Hintergrund zu einem schmutzigen Spiel.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ernannte Lieberman am Mittwoch trotz Bedenken in seiner Partei zum Verteidigungsminister. Die US-Regierung erklärte daraufhin, die Zusammensetzung der Koalition werfe „legitime Fragen“ zur Entschlossenheit der Regierung auf, eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen. Netanjahu und Lieberman, die in der Vergangenheit zumeist als erbitterte Rivalen auftraten, präsentierten gemeinsam in der Knesset ihre Koalitionsvereinbarung.

Lieberman, der immer wieder mit harschen anti-arabischen Parolen von sich reden macht, versprach dabei eine „ausgewogene, an Vernunft und Verantwortung ausgerichtete Politik“. Netanjahu erklärte, „wir verbünden uns, um Israel voranzubringen“. Durch den Beitritt von Israel Beitenu verfügt die Regierung im 120 Abgeordnete zählenden Parlament nun über 66 statt bisher 61 Stimmen.

Übernahme des Verteidigungsministeriums

Die Übernahme des Verteidigungsministeriums durch den 57-jährigen Hardliner Lieberman löst bei der Opposition, aber auch in Teilen von Netanjahus Likud-Partei die Sorge vor einer weiteren Verhärtung des Nahostkonflikts aus. Der Likud-Politiker Mosche Jaalon, der vor einigen Tagen als Verteidigungsminister zurückgetreten war, warnte vor einem Anstieg extremistischer Tendenzen in der Partei und im Land. Der frühere Ministerpräsident Ehud Barak sah die Regierung „infiziert durch faschistoide Sprösslinge“.

Erinnert wurde auch an Liebermans Drängen 2001, den Assuan-Staudamm zu bombardieren, weil Ägypten die Palästinenser unterstütze. Der US-Außenamtssprecher Mark Toner äußerte sich besorgt angesichts von Berichten aus Israel, wonach die neue Koalition so weit rechts stehe, wie nie zuvor in der Geschichte des Landes. „Wir wissen auch, dass viele ihrer Minister gesagt haben, sie lehnen eine Zwei-Staaten-Lösung ab. Dies wirft legitime Fragen auf, in welche Richtung sie streben wird“, sagte Toner.

Instabilität drohe

Die Koalition werde aber nach ihren Taten beurteilt. Für die Palästinenserführung erklärte der PLO-Generalsekretär Saeb Erakat, es drohe vermehrte Instabilität in der Region. Insbesondere die Ernennung Liebermans werde „zu Apartheid, Rassismus, religiösem und politischem Extremismus führen“, sagte Erakat. Viele Kommentatoren in Israel verweisen allerdings darauf, dass Lieberman in der Praxis eher zu pragmatischem Handeln neige und wenn nötig auch seine Wortwahl zügele.

Neben Ex-Außenminister Lieberman soll am Montag auch seine Parteikollegin Sofa Landver als Ministerin eingeschworen werden. Sie übernimmt wieder das Einwanderungsministerium, das sie bis vor einem Jahr innehatte. Die neuen Koalitionspartner vereinbarten auch, die Beihilfen für arme Rentner deutlich anzuheben. Dafür werden von 2017 an 1,4 Milliarden Schekel (325 Millionen Euro) bereitgestellt.

Todesstrafe gefordert

Liebermans Forderung, die Todesstrafe für anti-israelische Attentäter leichter verhängen zu können, könnte dagegen im Parlament scheitern. Einer entsprechenden Gesetzesänderung will die sozialkonservative Regierungspartei Kulanu nicht zustimmen. Obwohl die Todesstrafe in Israel rechtlich trotz großer Hürden zulässig ist, wurde sie bisher nur 1962 gegen den NS-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann vollstreckt.