Tauziehen um Zulassung von Glyphosat in der EU

Tauziehen um Zulassung von Glyphosat in der EU
(AFP)

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Das Tauziehen um die weitere Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union – ein Mittel, das in Unkrautvernichtern enthalten ist und im Verdacht steht, krebserregend zu sein – dürfte bald in die nächste Runde gehen. Die Grünen im Europäischen Parlament sind bereits in der Offensive.

Im vergangenen Jahr konnten sich die EU-Staaten nicht darauf einigen, die Zulassung von Glyphosat, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, um 15 Jahre zu verlängern. Das Vorhaben hatte hohe Wellen geschlagen, da – anders als die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) – die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Mittel bereits im März 2015 als „wahrscheinlich karzinogen“ eingestuft hatte.

Nachdem das Europäische Parlament sich in einer Resolution dafür ausgesprochen hatte, Glyphosat nur mehr beschränkt für eine Dauer von sieben Jahren zuzulassen und die Mitgliedstaaten sich auch nicht auf eine reduzierte Zulassungsdauer von neun Jahren einigen konnten, entschied die EU-Kommission, die Zulassung der Chemikalie vorläufig bis Ende des Jahres zu verlängern. Bis dahin muss eine endgültige Entscheidung gefunden werden, wozu die Behörde in Brüssel demnächst einen Vorschlag vorlegen dürfte.

US-Chemieunternehmen auf den Leim gegangen

Vor allem die Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament machen jedoch bereits jetzt wieder gegen den weiteren Gebrauch von Glyphosat mobil. Dabei lehnen sie insbesondere die von der EFSA vorgelegte Einschätzung ab, nach der es keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise dafür gebe, dass Glyphosat krebserregend sei. Der luxemburgische EP-Abgeordnete Claude Turmes wirft der EU-Agentur vor, vom US-Chemieunternehmen Monsanto bestellten Studien auf den Leim gegangen zu sein. Wie aus veröffentlichten E-Mails des Glyphosat-Produzenten hervorginge, habe das Unternehmen im Sommer 2012 wissenschaftliche Übersichtsstudien in Auftrag gegeben, die zum Schluss kämen, dass das Mittel nicht krebserregend sei. Auf diese Studien habe sich auch die EFSA basiert, um ihr Gutachten zu erstellen, so Claude Turmes.

Die Grünen im EP kritisieren die Kriterien, nach denen die EU-Agentur ihre Einschätzung getroffen hat. So würden sie sich dabei auf geheime Studien der Industrie berufen, während die WHO-Agentur nur öffentlich zugängliche Studien benutze, die zudem einer Peer-Review, also der Durchsicht mehrerer anderer Experten, unterzogen wurden. Zudem verlasse sich die EFSA auf anonyme Autoren, wohingegen die WHO-Agentur unabhängige Wissenschaftler engagiere, die zudem auf Interessenskonflikte überprüft werden, erläutert Claude Turmes.

Untersuchungsausschuss einsetzen

Wegen dieser Mängel will die Grünen-Fraktion daher einen Untersuchungsausschuss im EP einsetzen, der die Arbeit der EFSA unter die Lupe nehmen soll. Zudem haben sie vor, vor dem Europäischen Gerichtshof Klage gegen die EU-Agentur zu erheben, da diese – anders als in einer EP-Resolution gefordert – die geheimen Studien nicht vorgelegt hat, auf die sie sich bei ihrer Einschätzung zur Gefährlichkeit von Glyphosat bezogen habe.

Ohnehin plädiert Claude Turmes mit seiner Fraktion dafür, Glyphosat zu verbieten, da es Alternativen dazu gebe. Das Mittel käme beispielsweise in der Biolandwirtschaft nicht zum Einsatz und es gebe mittlerweile neue und effiziente mechanische Mittel zur Unkrautbekämpfung, die den Gebrauch derartiger Herbizide überflüssig mache. Zudem fordert der luxemburgische Grünen-Parlamentarier, die Zulassung von biologischen Pflanzenschutzmitteln zu erleichtern. Diese wären weniger aggressiv, aber ebenso zielführend wie die chemischen Wirkstoffe. Schlussendlich fordern die Grünen im EP die Schaffung eines Anti-Glyphosat-Fonds, der aus dem Landwirtschaftsbudget gespeist werden und die Landwirte in einer Übergangsphase bei der Umstellung von glyphosathaltigen Mitteln auf andere Mittel der Unkrautbekämpfung unterstützen soll.