Sein zweiter Streich?

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Es geht weiter bei der politischen Umwälzung in Frankreich. Im neuen Parlament werden viele neue Abgeordnete sitzen. Präsident Macron strebt eine absolute Mehrheit an. Wir servieren den politischen Apéro zum Wahlsonntag: mit allem Wissenswerten zu den "Législatives".

Wieso die Wahl so wichtig ist und wie sie abläuft

Frankreich wählt sein Parlament in der Regel kurz nach der Präsidentenwahl. Das gibt dem neuen Staatschef gute Chancen, eine Mehrheit für sein Programm in der Nationalversammlung zu bekommen. Für die Kandidaten der Partei des neuen Präsidenten Emmanuel Macron lassen Umfragen sogar einen Durchmarsch erwarten – auch wenn das Wahlsystem Prognosen zur Zahl der Sitze knifflig macht.

Mehr als 47 Millionen Franzosen sind stimmberechtigt. Es gilt ein reines Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen. Die Franzosen wählen in 577 Wahlkreisen jeweils einen Abgeordneten. Ähnlich wie in Großbritannien gilt dabei das Prinzip „Der Sieger nimmt alles“, die Stimmen der unterlegenen Kandidaten werden bei der Sitzverteilung im Parlament nicht berücksichtigt.

Ein Kandidat ist schon im ersten Wahlgang am Sonntag gewählt, wenn er mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen in seinem Wahlkreis bekommt. Zugleich müssen damit mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten für ihn gestimmt haben. Ansonsten entscheidet eine Stichwahl eine Woche später. An der Stichwahl können alle Kandidaten teilnehmen, für die im ersten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der Wahlberechtigten des Wahlkreises gestimmt haben. In der zweiten Runde gewinnt, wer die meisten Stimmen bekommt.

Frankreichs Präsident am Sonntagmorgen:


Die Rolle der „Assemblée nationale“ in Frankreich

Die „Assemblée nationale“ ist das zentrale Machtzentrum des französischen Parlaments. Ihre 577 Abgeordneten tagen im altehrwürdigen Pariser Palais Bourbon direkt an der Seine, sie werden für fünf Jahre direkt vom Volk gewählt.
Die Nationalversammlung ist zwar nur eine von zwei Kammern des Parlaments, der Senat hat bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mitzureden. Doch falls die Parlamentskammern sich nicht einigen, sitzt die Nationalversammlung am längeren Hebel: Die Regierung kann ihr dann das letzte Wort lassen.

Im Gegensatz zum Senat hat sie außerdem das Recht, die Regierung per Misstrauensvotum zu stürzen. Dann muss der Premierminister beim Präsidenten seinen Rücktritt einreichen. Deshalb gilt: Frankreichs Präsident hat zwar viel Macht – doch ohne Mehrheit in der Nationalversammlung schrumpft sein innenpolitischer Einfluss stark zusammen.

Ein schwieriges Wahlsystem für kleinere Parteien

Das System macht es vor allem für kleinere Parteien schwierig, Abgeordnetenmandate zu erringen. Die Rechtspopulisten von der Front National (FN) spielten deshalb bislang trotz zweistelliger Wahlergebnisse kaum eine Rolle im Parlament – oft verbündeten sich die anderen Parteien im zweiten Wahlgang gegen sie. 2012 kam die FN im ersten Wahlgang landesweit auf 13,6 Prozent der Stimmen, erhielt aber letztlich nur 2 von 577 Sitzen.

Wann wir die Ergebnisse kennen und was sie bedeuten

Die ersten Wahllokale in Frankreich schließen um 18.00 Uhr, in den großen Städten zwei Stunden später. Dann veröffentlichen französische Medien auch erste Hochrechnungen. Die Grundtendenz dürfte dann bereits klar sein.
Da die endgültige Entscheidung in der Mehrzahl der Wahlkreise erst in der Stichwahl eine Woche später fallen dürfte,
berechnen Umfrageinstitute auf Basis der Zahlen der ersten Runde Spannbreiten, wie viele Mandate jede Gruppierung letztlich erreichen könnte.

Die vollständigen Ergebnisse des ersten Wahlgangs wurden bei der vorangegangenen Parlamentswahl vor fünf Jahren erst am Montagmorgen veröffentlicht. Damals wurden nur 36 von 577 Sitzen bereits in der ersten Runde vergeben.

Die Zeitung „Le Monde“ erklärt die Wahlen im Stil einer BD:

Wie es nach dem heutigen Sonntag weitergeht

14. Juni: Die Regierung berät über ein neues Gesetz, um nach vielen Affären Interessenkonflikte in der Politik zu verhindern. Abgeordneten soll untersagt werden, Familienmitglieder zu beschäftigen. Es handelt sich um ein Wahlversprechen des sozialliberalen Präsidenten Emmanuel Macron.

18. Juni: Zweite Runde der Parlamentswahl.

21. Juni: Die Regierung berät über die Verlängerung des terrorbedingten Ausnahmezustandes bis Anfang November. Auch ein neues Sicherheitsgesetz steht auf dem Programm. Frankreich wird seit zweieinhalb Jahren von einer beispiellosen Terrorserie islamistischer Gewalttäter erschüttert.

27. Juni: Die neugewählte Nationalversammlung wählte ihre Vorsitzende oder ihren Vorsitzenden.

28. Juni: Die Regierung berät über ein Rahmengesetz zur Lockerung des Arbeitsrechts.

14. Juli: Französischer Nationalfeiertag: Militärparade in Paris, in Nizza Gedenken an den Terroranschlag, der ein Jahr zuvor 86 Menschen in den Tod gerissen hatte. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahm die Tat für sich in Anspruch.

Wie Frankreich seine Wahlen gegen Terror schützt

Die Abstimmung wird wegen der Terrorgefahr im Land von rund 50.000 Polizisten geschützt. Erst am vergangenen Dienstag hatte ein Ordnungshüter vor der Pariser Kathedrale Notre-Dame nach einem Hammerangriff auf einen Terrorverdächtigen geschossen.

Was die letzten Umfragen sagen

Umfragen sahen Macrons Partei „La République en Marche!“ und ihre Verbündeten zuletzt bei rund 30 Prozent. Wegen des Mehrheitswahlrechts könnte das Macron-Lager letztlich aber die Marke von 400 der 577 Abgeordnetenmandate knacken. Bisher ist die Macron-Partei überhaupt nicht in der Volksvertretung präsent.

Der Aufstieg von „La République en Marche!“ ist beispiellos und erschüttert die politische Landschaft Frankreichs bis ins Mark. Die bislang die Nationalversammlung dominierenden Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande müssen sich auf einen dramatischen Absturz einstellen. Auch die bürgerliche Rechte steht unter Druck.

Über ein halbes Jahrhundert hinweg hatten Sozialisten und bürgerliche Rechte die Geschicke des Landes bestimmt.
Der Front National von Rechtspopulistin Marine Le Pen dürfte laut Meinungsforschern seine Position im Parlament ausbauen – er ist bislang nur mit zwei Abgeordneten vertreten.

Die Presseagentur AFP bietet einen Überblick zu den bekanntesten Kandidaten: