Rechtspopulisten vor dem Durchbruch

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Die rechtspopulistische Partei "WahreFinnen" steht bei den Wahlen am Sonntag vor ihrem Durchbruch. Sie kann mit einer Vervierfachung ihres Stimmenanteils rechnen.

Alle großen Parteien sind zur Zusammenarbeit mit ihnen bereit – auch in der Regierung. „Timo Soini ist ganz bestimmt kein Rassist“, begründet Finnlands Ministerpräsidentin Mari Kiviniemi, warum sie nach den Wahlen am Sonntag nicht das Geringste gegen eine Koalition mit den „Wahren Finnen“ hätte. Die Rechtspopulisten gelten bei allen Umfragen als klare Favoriten der Reichstagswahl und stehen vor ihrem Durchbruch: Nach 4,1 Prozent 2007 kann Parteichef Soini (48) mit seinen Parolen gegen Zuwanderung, EU, Schwulenehe und liberale Abtreibungsregeln bei der Stimmenauszählung am Sonntagabend mit mindestens 15 Prozent rechnen.

Damit würden die Wahren Finnen schon in die Nähe der traditionell größten Parteien des nordeuropäischen Landes kommen. Das Zentrum von Kiviniemi (42), die Konservativen hinter Finanzminister Jyrki Katainen und die oppositionelle sozialdemokratische Spitzenkandidatin Jutta Urpilainen (35) kämpfen um den ersten Platz in der Wählergunst. Der gibt dann automatisch Anspruch auf das Spitzenamt in einer in der Regel ziemlich breiten Koalitionen.

Bereitschaft zur Kooperation

Auch Katainen und Urpilainen haben längst ihre Bereitschaft zum Zusammengehen mit Timo Soini und seinen „Wahren Finnen“ bekundet. „In Finnland sind wir traditionell zur Zusammenarbeit mit allen Parteien bereit“, sagen die Spitzenkandidaten der Mitte wie aus einem Mund. Nur die Grünen, bisher zusammen mit dem Zentrum, Konservativen und der liberalen SVP (Partei der schwedischsprachigen Minderheit in Finnland) in der Regierung spielen nicht mit. Sie schließen jede Zusammenarbeit mit den Wahren Finnen aus.

Finnische Wahlkämpfe sind weder Straßenfeger noch gefährlich für schwache Herzen. Auch der Sturm der Rechtspopulisten nach vorn hat vergleichsweise wenig Zündstoff geliefert. „Ich will hier raus“, ruft Timo Soini in seinem Wahlkampf und meint den Euro. Gut angekommen sind seine eingängigen Parolen gegen die „Schuldenexzesse“ in Südeuropa und die strikte Weigerung, dafür Euro aus dem, wie er findet, braven, fleißigen und sparsamen Nokia-Land bereitzustellen.

„Schuldenexzesse“ …

Soini hat damit das Wahlkampfthema Nummer Eins gesetzt und die liberale Ministerpräsidentin sowie ihren konservativen Finanzminister dazu gebracht, auch eine harte EU-Linie bei der Schuldenregelung für Irland, Portugal und andere einzuschlagen. Verblüffend wenig wird im Wahlkampf über die Atomkraft diskutiert. Mit dem noch laufenden Neubau eines Atomreaktors und grünem Licht für zwei weitere peilen die Finnen einen massiven Ausbau der Kernenergie an. Die Katastrophe von Fukushima hat daran nichts geändert.

Als ziemlich entscheidende Frage beim Wahlausgang gilt, ob Kiviniemi den knappen Zentrums-Vorsprung von 0,8 Prozentpunkten aus der Wahl 2007 gegen Katainen verteidigen kann. Die Regierungschefin ist erst ein Dreivierteljahr im Amt, hat aber gut gepunktet: Ihr Vorgänger und Parteifreund Matti Vanhanen machte vor allem durch bizarre SMS- und Internetaktivitäten mit wechselnden Partnerinnen auf sich aufmerksam. Als zweifelhafte Praktiken bei der Wahlkampffinanzierung dazukamen, musste er abtreten.

Sollte Katainen die populäre Kollegin Kviniemi am Ende doch überholen, werden beide wohl einfach die Plätze im Kabinett tauschen. In jedem Fall mit den rechtspopulistischen «Wahren Finnen»