Raúl Castro ist neuer Parteichef

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(AP)

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In Kuba soll es künftig mehr Privatwirtschaft geben. Der VI. Kongress der Kommunistischen Partei stimmte in Havanna neuen Reformen zu. Präsident Raúl Castro ist jetzt auch Parteichef.

Die kubanischen Kommunisten wollen einen Riesenschritt in Richtung mehr Privatwirtschaft tun. Der VI. Kongress der Kommunistischen Partei Kubas nahm wie erwartet die von Staatschef Raúl Castro (79) vorgelegten Reformvorschläge an. Überzählige Staatsbedienstete sollen künftig in kleinen Privatbetrieben unterkommen. Die Kubaner werden auch Wohneigentum kaufen und verkaufen dürfen.

Raúl Castro wurde zum Ersten Sekretär des Zentralkomitees der KP gewählt. Das wurde am Dienstag zum Abschluss des Parteitags bekanntgegeben. Er folgt damit auch in dieser Funktion seinem älteren Bruder Fidel (84) nach. Stellvertreter wurde José Ramón Machado Ventura (80), ein Hardliner der alten Garde, der auch erster Vizepräsident Kubas ist. Das neue Politbüro hat nach Aussage Castros 15 Mitglieder, unter ihnen nur drei Neulinge.

Für die „Aktualisierung“

Bereits Montagabend hatten die 1000 Delegierten laut kubanischen Medien einmütig für eine „Aktualisierung“ des sozialistischen Modells gestimmt. Grundsätzlich hält Kuba am Sozialismus fest. Nur dieser sei in der Lage, «die Errungenschaften der Revolution» zu bewahren, heißt es. Fidel Castro schied aus dem Zentralkomitee aus.

In dem Programm „Leitlinien für die Wirtschafts- und Sozialpolitik“ sind 300 Maßnahmen aufgelistet, die Kuba aus seiner schweren Wirtschaftskrise herausführen sollen. Im Prinzip soll der unproduktive Staatsapparat gesundschrumpfen. Bis 2015 sollen 1,8 Millionen Angestellte im staatlichen Sektor ihre Arbeit verlieren und im privaten Sektor einen Job suchen. Schon seit vergangenen Oktober dürfen Kubaner Kleinunternehmen gründen.

Wesentliche Veränderungen

Raúl Castro hatte den Delegierten Veränderungen in der Steuerpolitik, bei der Entwicklung der Industrie, der Energiepolitik, der Landwirtschaft und im Tourismus vorgeschlagen. Sie waren im vergangenen Jahr von der Regierung ausgearbeitet worden. Die Reformen laufen auf eine Verlagerung der wirtschaftlichen Schwerpunkte von der Staats- in die Privatwirtschaft hinaus. Seit Ende vergangenen Jahres haben sich mehr als 170.000 Kubaner, die zuvor für den Staat arbeiteten, mit Kleinstbetrieben selbstständig gemacht. Geplant ist zudem, dass immer mehr junge Leute in Führungspositionen gelangen.

In einem am Montagabend (Ortszeit) veröffentlichten Beitrag im Internetportal Cubadebate.cu schrieb Fidel Castro, dass er dem Zentralkomitee jetzt nicht mehr angehöre. Zuvor hatte der Kongress ein neues, 150 Mitglieder starkes ZK gewählt. Dessen Zusammensetzung wurde zunächst noch nicht bekanntgegeben.

Fidel regierte fast 50 Jahre

Fidel Castro hatte seit dem Sieg der Revolution 1959 bis zum Sommer 2006 Kuba regiert. Dann trat er wegen einer schweren Erkrankung die Staats- und Regierungsführung zunächst vorübergehend und 2008 endgültig an seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Raúl ab. Schon in den Monaten vor dem Parteitag hatte er gesagt, dass er auch das Amt des Ersten Sekretärs der KP abgegeben habe.

Castro begrüßte auch die Initiative seines Bruders, die Ausübung von Spitzenämtern auf maximal zehn Jahre zu begrenzen. Er schrieb außerdem, dass sein Bruder den Anteil der Frauen und der „Nachfahren der afrikanischen Sklaven“ in der Parteiführung erhöhen wolle.