Sonntag9. November 2025

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Müdigkeit, Druck und wenig Vertrauen

Müdigkeit, Druck und wenig Vertrauen
(dpa)

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Laut einer aktuellen Studie klagen zahlreiche Piloten aus Luxemburg über Müdigkeit und Sicherheitsbedenken. Besonders betroffen davon sind demnach Cargo- und Low-Cost-Airlines.

Die Klageliste ist lang: Übermüdung, Personalfragen, Ausrüstung, Knatsch mit dem Management sowie Sicherheitsfragen. Piloten unter Luxemburger Flagge geben ihren Unternehmen schlechte Noten. Hintergrund ist eine aktuelle Studie zum Thema Sicherheitskultur unter Piloten in Europa. Dahinter steckt die „London School of Economics and Politics“, kurz LSE, zusammen mit Eurocontrol im Rahmen des Future Sky Safety Program der Europäischen Kommission. Insgesamt wurden 7.000 europäische Piloten befragt.

222 Piloten von luxemburgischen Unternehmen machten bei der Studie mit. Das sind etwas mehr als 33 Prozent der bei Luxemburger Fluggesellschaften beschäftigten Piloten. Die Studie beschäftigte sich im Besonderen mit elf Aspekten der Sicherheitskultur in Luftfahrtzentren. Bei der Auswertung fiel auf: Piloten von Fracht- und Low-Cost-Gesellschaften hatten weit höhere Sicherheitsbedenken als Piloten von Linienfluggesellschaften.

Luxemburger Piloten fliegen übermüdet

Besonders beunruhigend ist, dass 58 Prozent der befragten Piloten angeben, manchmal übermüdet zu fliegen. Bei den Cargo-Airlines sind es sogar 83 Prozent, Low-Cost-Airlines liegen bei 76 Prozent. Laut der Studie wird das Problem Übermüdung angeblich bei der Hälfte der Fälle nicht ernst genommen.

Auch die „Association luxembourgeoise des pilotes de ligne“ (ALPL) stimmt die Studie bedenklich. „Sehr besorgniserregend ist die große Zahl der Piloten, insbesondere die der bei Luxemburger Gesellschaften beschäftigten, die in der Studie angegeben haben, übermüdet zu fliegen. Dies spiegelt wider, was wir tagtäglich von unseren Mitgliedern hören. Der wirtschaftliche Druck, unter dem die Fluggesellschaften in Europa, aber auch hier in Luxemburg stehen, wird direkt an die Piloten weitergegeben. Dies kann letztendlich die Sicherheit negativ beeinträchtigen“, erklärt ALPL-Generalsekretär Dirk Becker.

Gemeinsam nach Lösungen suchen

Laut ALPL führen atypische und bisweilen fragwürdige Beschäftigungsmodelle sowie unzureichendes Vertrauen in das Management zu Sicherheitsmängeln. Um die Schwachstellen zu beheben, müssten sich alle Betroffenen – „Luftfahrtbehörden, Fluggesellschaften und Pilotenvertreter“ – an einen Tisch setzen und gemeinsam Lösungen finden, folgert ALPL-Präsident Flugkapitän Darrell Myers.

Allerdings nimmt die Zahl der tödlichen Unfälle nach Erkenntnissen des Hamburger Flugunfallbüros JACDEC (Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre) wie auch des in den Niederlanden ansässigen Aviation Safety Network (ASN) kontinuierlich ab. Das vergangene Jahr gilt unter Experten sogar als eines der sichersten der Luftfahrtgeschichte. In Europa oder den USA gilt die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls beim Fahrradfahren weit höher als beim Fliegen.

Müdigkeit weltweit ein Problem

JACDEC-Mitbegründer Jan-Arwed Richter begründet in seiner Analyse für das Luftfahrtmagazin Aero International (Februar-Heft) die gute Sicherheitsbilanz 2016 teilweise mit der verbesserten Ausbildung der Besatzungen. Doch auch er muss zugeben, dass ein zunehmender Arbeitsdruck durch intensivere Arbeitszeiten mehr als früher die Cockpit-Besatzungen belastet. „Viele Piloten sind übermüdet, das ist schon ein Thema“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

In der Tat schlagen auch andere Pilotenvertreter weltweit deswegen Alarm – mit beunruhigenden Schätzungen. Die britische Zeitung Daily Mail zitierte Ende vergangenen Jahres Robert Hunter, den Flugsicherheitschef der britischen Verkehrspiloten-Gewerkschaft Balpa, mit den Worten: „Ich würde schätzen, dass jeden Tag irgendwo auf der Welt ein Pilot in einem britisch zugelassenen Flugzeug unfreiwillig einnickt – wenn es nicht sogar noch häufiger vorkommt.“