SchülerartikelWissenschaftler – die neuen Stars?!

Schülerartikel / Wissenschaftler – die neuen Stars?!
Virologe Christian Drosten ist in Deutschland zum Gesicht der Corona-Krise geworden Foto: dpa/Christophe Gateau

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Im Rahmen einer Serie zum Internationalen Tag der Pressefreiheit (3. Mai) haben Schüler im Tageblatt das Wort. Heute beschäftigt sich die Autorin aus dem Lycée Robert Schuman mit dem Ansehen der Wissenschaftler.

Bis vor kurzem waren sie noch klischeebehaftete Nerds, die in ihren einsamen Laboren vor sich hin forschen. Plötzlich aber sind Wissenschaftler, insbesondere Virologen und Epidemiologen aber zu Helden geworden. Im Mittelpunkt stehen hauptsächlich solche, die zusätzlich zu ihrer Forschung das Talent haben, ihr Wissen auch für Laien verständlich wiederzugeben.

Die Fernseh- und Radiosender und Zeitungen reißen sich um Interviews mit den gefragten Experten. Im deutschsprachigen Raum stechen vor allem Christian Drosten (Coronavirus-Update Podcast) und Hendrik Streeck (Studie in Heinsberg) hervor. Aber auch Institutionen wie das deutsche Robert-Koch-Institut oder die amerikanische Johns Hopkins University sind plötzlich in aller Munde.

Personenkult um Wissenschaftler

In erster Linie ist diese Begeisterung natürlich eine gute Sache, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erhalten Experten, die wirklich Ahnung haben, und nicht etwa Verschwörungstheoretiker und zeigt uns mal wieder die Wichtigkeit von Wissenschaft und Forschung; sie birgt aber auch einige Gefahren.

So lenkt der große Personenkult rund um die Wissenschaftler von der eigentlichen Thematik ab, nämlich der Forschung als solche. Viele Menschen und auch die Medien diskutieren nun sogar darüber, ob sie diesen oder jenen Virologen sympathischer oder gar attraktiver finden, dabei ist die Person an sich ja eigentlich unwichtig, es sollte nur zählen, was sie Wichtiges zu sagen hat.

In unserer medialen, von Schlagzeilen geprägten Welt liegt der Fokus plötzlich aber nicht bei der Fachkenntnis des jeweiligen Virologen, sondern sogar seriöse Zeitungen lassen sich über deren „sinnliche“ Lippen aus oder verkürzen ihre Aussagen.

Der Wunsch nach eindeutigen Fakten

Es wird von der Öffentlichkeit als Selbstverständlichkeit angesehen, dass Virologen der Bevölkerung alles Mögliche erklären und in Talkshows zu Gast sind. Wir vergessen dabei allerdings zu oft, dass dies gar nicht ihre eigentliche Arbeit ist. Ihre Arbeit ist es nämlich, ganz dem Klischee entsprechend, im Labor zu stehen und mit Reagenzgläsern unter der Abzugshaube zu hantieren. Die Öffentlichkeitsarbeit ist ein lobenswerter Zusatz, denn im Gegensatz zu mediengeilen C-Promis ist das Ziel der Wissenschaftler nicht, dauernd im Fokus zu stehen.

Ein weiteres Problem liegt aber bei der Wissenschaft an sich. Wissenschaft und Forschung sind so herrlich komplex, und es so zu erklären, dass auch die breite Öffentlichkeit die Zusammenhänge versteht, ist eine besondere Herausforderung. Nicht umsonst gibt es Wissenschaftsjournalisten, deren Aufgabe es ist, komplizierte Inhalte verständlich zu verpacken. In dieser Komplexität liegt aber noch ein anderes Problem: Viele Menschen glauben einfach alles zu wissen und verstanden zu haben, nur weil sie die vereinfachten Erklärungen der Virologen in Talkshows verfolgt haben. Dass diese Experten aber nicht umsonst ein extrem langes Studium hinter sich haben und Doktor- und Professorentitel tragen, wird schnell mal außer Acht gelassen.

Ein letztes Problem liegt wohl in der Natur des Menschen. Die Gesellschaft erwartet klare Resultate und eindeutige Fakten. In der Forschung ist jedoch nur weniges wirklich klar und eindeutig, vor allem wenn es um neuartige und wenig bis gar nicht erforschte Erreger wie das Sars-CoV-2-Virus geht. Die Analysen und Recherchen zu diesem Virus stehen noch ganz am Anfang, und die Resultate sind oft widersprüchlich. Diese Widersprüchlichkeit neigt dazu, Laien zu verwirren, manche stellen gar die Glaubwürdigkeit der Wissenschaftler infrage, da jeder etwas anderes herauszufinden scheint.

Trotz allem ist es überaus lobenswert, was für eine Arbeit die Forscher, Virologen und Epidemiologen dieser Welt im Moment leisten und es bleibt zu hoffen, dass die Begeisterung der Öffentlichkeit für die Wissenschaft auch nach der Krise noch anhält und die Menschen wieder mehr auf Fakten und weniger auf Meinungen vertrauen.