Der Escher Autor Yves Ciaffone über seinen ersten Roman „Von Fliegen und Dämonen“

Der Escher Autor Yves Ciaffone über seinen ersten Roman „Von Fliegen und Dämonen“

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Er hat Sozialwissenschaften studiert, ist Diplom-Pädagoge und arbeitet beim Bildungsministerium. Jetzt hat der gebürtige Escher Yves Ciaffone, 47,seinen ersten Roman geschrieben. Und der hat auch Lokalkolorit.

Von Laurent Graaff (Text) und Isabella Finzi (Foto)

„Er wird wach. Wieder viel zu früh. Die Nacht liegt noch wie Blei über der Bettdecke. Er schwitzt. Ist es die Angst, die ihn aus seinem dünnen Schlaf reißt? Oder ist es die schleichende Krankheit, die ihn von innen auffrisst? Oder bildet er sich das Ganze nur ein? Zwingt etwa die Hypochondrie ihn wieder zu neuen Höchstleistungen?“

So beginnt der Roman von Yves Ciaffone, der 1972 in der Escher rue du Canal, gleich gegenüber dem Tageblatt-Gebäude, das Licht der Welt erblickte. „Ich bin durch und durch ein Escher. Mein Herz schlägt für Esch und die Minette-Gegend“, sagt er stolz.

Was ihn an Esch fasziniert, sind das Multikulturelle, dieser Melting Pot, das „Riicht eraus“ und die Geschichten, die die zweitgrößte Stadt Luxemburgs und ihre Menschen stets schreiben. Und eine solche hat er nun geschrieben.

„Ich hatte mich schon seit langem mit der Idee befasst“, erzählt der Autor. „Aber es hat nie geklappt.“ Sein Arbeitskollege Jean Fetz, der seit Jahren in der nationalen Kunstszene aktiv ist, drängte ihn förmlich dazu.

Kindheitserinnerungen

Kurz nach Neujahr setzte sich Ciaffone hin und fing an mit dem Schreiben. Das war echtes Neuland für ihn. Er musste sich erst mal die entsprechenden Techniken aneignen und kam rasch zur Erkenntnis, dass kein Meister vom Himmel fällt, auch wenn er keine Angst vor dem viel zitierten weißen Blatt hatte. „Ich hatte zwar ein Konzept, aber stets diese Angst, den Leser nicht bei der Stange zu halten.“

Abends nach der Arbeit. An den Wochenenden. Während des Urlaubs. Dreieinhalb Monate später war das Manuskript von „Von Fliegen und Dämonen“ fertig. Der 182 Seiten starke Roman erzählt die schicksalhafte Begegnung zweier Menschen, deren Lebensgeschichte nicht unterschiedlicher hätte sein können.

„Die Protagonisten ‚Er‘ und ‚Sie‘ kennen sich nicht, lernen sich aber irgendwie kennen und haben ab da etwas gemeinsam“, erzählt Ciaffone. Für „ihn“ eine negative Begegnung, für „sie“ eine positive. So viel sei an dieser Stelle verraten.

Das Ganze spielt – wenig überraschend – in Esch. Zahlreiche Kindheitserinnerungen des Autors flossen in die Geschichte mit ein. Erinnerungen an seine Zeit in der „Brill-Schoul“ oder im „Lycée des garçons“. Ein Großteil ist demnach autobiografisch und hat auch mit Ciaffones teils schwierigen beruflichen Erfahrungen als Diplom-Pädagoge mit Kindern und Jugendlichen zu tun. „Die Arbeit geht mir immer sehr nahe. Das Buch hatte deshalb auch eine kathartische Funktion für mich“, so der Autor.

In der Psychologie bezeichnet Katharsis die Hypothese, dass das Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Emotionen zu einer Reduktion dieser Konflikte und Gefühle führt. Im Klartext: Die Arbeit ging ihm derart nahe, dass er keinen Abstand mehr davon hatte.

Abschied nehmen von Tati

Hinzu kommt, dass das Werk einer Person namens Tati gewidmet ist. Als Kind verbrachte Ciaffone viel Zeit mit Tati, da seine Eltern berufstätig waren. Heute würde man sagen, sie war seine Nanny. Damals gab es diese Bezeichnung noch nicht.

„Ich verdanke meinen Eltern und Tati vieles, wenn nicht sogar alles“, erklärt der Schriftsteller. „Wir sind immer einfache Leute gewesen und sind es auch geblieben.“

Irgendwann kam der junge Yves Ciaffone von der „classe de neige“Reise nach Hause und Tati erkannte ihn nicht mehr. „Erst wenn ich ihr Fotos zeigte, wusste sie wieder, wer ich bin und dass wir bereits eine Menge Zeit miteinander verbracht hatten. Irgendwann trennten sich unsere Wege, ohne dass ich Abschied genommen hatte.“
Die Demenz von Tati hat Yves Ciaffone in seinem ersten Roman verarbeitet. Schreiben als eine Art Therapie demnach. Im weitesten Sinne des Wortes.