Kritik an Türkei für Luftangriffe auf Kurden

Kritik an Türkei für Luftangriffe auf Kurden
(AFP/Delil Souleiman)

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Bei den Luftangriffen werden unter anderem Kämpfer der Kurdenmiliz YPG getötet, die ein enger Verbündeter der USA gegen den IS ist. Ankara sieht in ihr aber eine Terrorgruppe. Auch Mitglieder der irakischen Kurdenmiliz Peschmerga kommen ums Leben.

Türkische Kampfflugzeuge haben am Dienstag im Irak und in Syrien Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen kurdischer Rebellen geflogen. Die syrisch-kurdische Miliz YPG teilte mit, 20 ihrer Kämpfer seien getötet und 18 verletzt worden. Die Luftgangriffe kosteten nach Angaben von Bürgermeister Mahma Chalil auch fünf Mitglieder der als Peschmerga bekannten irakisch-kurdischen Miliz das Leben, die wie die YPG gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpft.

Das Vorgehen der Türkei wurde von Bagdad und der US-geführten Koalition gegen den IS scharf kritisiert.
In einer Erklärung des türkischen Militärs hieß es, die Angriffe vor Morgendämmerung hätten Ziele auf dem nordirakischen Höhenzug Sindschar getroffen und eine gebirgige Region in Syrien. Mit den Einsätzen sollte demnach verhindert werden, dass kurdische Rebellen, Waffen, Munition und Sprengsätze aus diesen Gebieten in die Türkei geschmuggelt werden. In einer späteren Erklärung teilte das Militär mit, die Luftangriffe hätten Unterkünfte, Munitionslager und wichtige Kontrollzentren getroffen. Rund 40 Kämpfer in Sindschar und etwa 30 weitere in Nordsyrien seien „neutralisiert“ worden.

„Verbündeter“ vs. „Terrorgruppe“

Die YPG ist ein enger Verbündeter der USA gegen den IS, wird aber von Ankara wegen ihrer Verbindungen zu kurdischen Rebellen der Türkei als Terrorgruppe gesehen. YPG-Sprecher Redur Chalil sagte, die türkischen Flugzeuge hätten die Zentrale der Gruppe in Karachok in der nordostsyrischen Provinz Hasaka getroffen.

Die von den USA angeführte Koalition teilte mit, die Nachbarn des Irak müssten die irakische Souveränität respektieren. Das irakische Außenministerium verurteilte die Angriffe als Verletzung seiner Souveränität. Es rief die internationale Gemeinschaft auf, einer solchen „Einmischung“ durch die Türkei ein Ende zu setzen.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump warf dem Nato-Verbündeten Türkei vor, die Luftangriffe nicht richtig mit der von Amerikanern geführten Koalition abgesprochen zu haben. Sowohl US-Außenministerium als auch Pentagon beschrieben die USA als „zutiefst besorgt“ durch die Attacken. Die Angriffe der Türkei auf kurdische Gruppen könnten von der gemeinsamen Kampagne zur Bekämpfung des IS ablenken, hieß es.

„Effektive Kräfte“ vs. „verlängerter PKK-Arm“

Pentagon-Sprecher Adrian Rankine-Galloway sagte, die Türkei müsse dem Kampf gegen den IS Priorität einräumen. „Wir erkennen die Bedrohung, die die PKK für die Türkei darstellt, an“, sagte Rankine-Galloway. „Aber die Türkei kann diesem Kampf nicht auf Kosten unseres gemeinsamen Kampfs gegen Terroristen nachgehen, die uns alle bedrohen“, sagte er.

Die USA betrachten die kurdischen Kämpfer Syriens als die effektivsten Kräfte am Boden, die gegen den IS kämpfen. Die Türkei sagt, sie seien ein verlängerter Arm der PKK. Die türkische Regierung vermutet in den benachbarten Ländern Irak und Syrien Rückzugsgebiete der PKK, die in der Türkei immer wieder Anschläge verübt. Ankara hält besonders die Region um die Stadt Sindschar für eine größer werdende PKK-Hochburg und griff sie nun erstmals an.

Auch im Nordwesten Syriens, in der Provinz Idlib, kam es am Dienstag zu einem Luftangriff, nach Angaben der Beobachtungsstelle mutmaßlich durch einen russischen Kampfjet. Mindestens zwölf Menschen, darunter auch Zivilisten, seien ums Leben gekommen, hieß es. Die Gegend wird von radikalislamischen Gruppen kontrolliert, unter ihnen auch die Al-Kaida-nahe Fatah al-Scham.