Keine Strafe für Cannabis-Züchter

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Ein Berufungsgericht in den Niederlanden sprach einen ehemaligen Cannabis-Züchter zwar schuldig, lehnte es jedoch ab, eine Strafe zu verhängen. Das Urteil könnte Auswirkungen auf Cannabis-Bauern im ganzen Land haben.

Wo jahrzehntelang eine Cannabis-Plantage gedieh, sind nur noch fünf Pflänzchen übrig: Vor fünf Jahren räumte die Polizei die Gewächshäuser des Niederländers Doede de Jong. Doch der 66-Jährige, der inzwischen Tomaten anbaut, bleibt gelassen: Denn gerade hat der erklärte Ex-Hippie, langjährige Züchter und Aktivist einen juristischen Sieg errungen. Das Urteil könnte Auswirkungen auf Cannabis-Bauern im ganzen Land haben. Ein Berufungsgericht in Leeuwarden sprach ihn am 29. Oktober zwar schuldig, lehnte es jedoch ab, eine Strafe zu verhängen.

Zur Begründung hieß es: Im Gegensatz zu kriminellen Banden, die große Gewinne einfahren, „handelte der Beklagte nicht, um reich zu werden“. „Ich mache dies aus Prinzip, weil ich fest von den entspannenden und medizinischen Eigenschaften von Cannabis überzeugt bin“, sagt de Jong- Sein Bio-Cannabis habe er nur im kleinen Stil angebaut, mit ein paar hundert Pflanzen für einen örtlichen Coffeeshop. „Es ist das erste Mal, dass ein Richter Respekt zeigt für das, was ich tue, das ist ein großer Sieg.“

Cannabis entkriminalisiert

In den Niederlanden wurde Marihuana zum persönlichen Gebrauch 1976 während der Hippiebewegung entkriminalisiert: Seither dürfen bis zu fünf Gramm in Coffeeshops verkauft und bis zu fünf Pflanzen angebaut werden. Inzwischen gibt es etwa 600 Coffeeshops im Land mit einem Jahresumsatz von hunderten Millionen Euro, vor allem auch dank der Touristen. Im großen Stil bleibt der Anbau jedoch verboten, so dass Coffeeshop-Besitzer gezwungen sind, ihren Bedarf bei illegalen Banden zu decken. Das Dilemma sorgt schon lange für Kontroversen. Der niederländische Verband zur Legalisierung von Cannabis hofft, der Fall De Jong werde langfristig zu Gesetzesänderungen führen.

„Wir sind sehr glücklich über diese Entwicklung, denn die Frage ist doch: Passt der Anbau von Cannabis in den gesetzlichen Rahmen“, sagt Sprecher Derrick Bergman. „Wir denken ja.“ Deborah Bruin, Expertin für die Legalisierung weicher Drogen an der Universität von Amsterdam, findet „die Entscheidung der Berufungsrichter in Leeuwarden sehr interessant“, Sie warnt aber, es sei zu früh zu beurteilen, „ob sich eine Tendenz abzeichnet“. Die Befürworter einer Anbau-Regulierung betonen, dies werde die Qualitätskontrolle des verkauften Cannabis erleichtern und das Risiko von Bränden in illegalen Plantagen verringern. Gleichzeitig brächte es dem Staat mehr Steuereinnahmen.

Parlament dagegen

Amsterdam, Rotterdam, Utrecht und weitere Gemeinden forderten in einer gemeinsamen Erklärung, die Regulierung der Züchter bei den örtlichen Behörden anzusiedeln. Doch das Parlament in Den Haag sprach sich im Mai mit 75 Nein- und 70-Ja-Stimmen knapp dagegen aus. In dieser Woche forderten die Städte erneut das Recht, Lizenzen für den Anbau ausgeben zu dürfen, um die Macht krimineller Banden bei der Marihuana-Produktion zu brechen. Die Regierung bemerkte ihrerseits, dies würde die Kriminalität nicht stoppen, da der „überwiegende Teil“ für den Export bestimmt sei.

De Jong baut auf seinem alten Bauernhof in Appelscha im Norden der Niederlande inzwischen Tomaten an. In Groningen im Norden fällten die Richter 2014 ein ähnliches Urteil, kritisierten offen die Gesetze und lehnten eine Strafe ebenfalls ab. Sie betonten, die Züchter hätten aus ihrer Marihuana-Produktion nie ein Hehl gemacht und sogar ihre Gewinne angezeigt. Doch die Entscheidung wurde von einem Berufungsgericht kassiert, und die ehrlichen Züchter erhielten Bewährungstrafen von drei Monaten.