Corona-Lage in SpanienWenn ein Virus auf katastrophale hygienische Zustände trifft: „Altenheime werden zu Leichenhallen“

Corona-Lage in Spanien / Wenn ein Virus auf katastrophale hygienische Zustände trifft: „Altenheime werden zu Leichenhallen“
Die Läden sind zu, seit 15. März gilt eine Ausgangssperre: Mit inzwischen fast 20.000 Fällen und 1.000 Toten ist Spanien schwer von der Coronapandemie getroffen Foto: AFP/Pau Barrena

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„Die Altersheime werden zu Leichenhallen“, titelt Spaniens größte Tageszeitung El País. 20 Tote innerhalb weniger Tage in einem Seniorenheim in Madrid. 15 Tote in einer Residenz in der zentralspanischen Stadt Ciudad Real. Aus anderen spanischen Altenheimen kommen ähnliche Horrormeldungen. „In den Seniorenhäusern spielt sich ein Drama ab“, klagt das nationale Blatt La Razón.

Die Bewohner der Pflegeheime sind wegen ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen durch das Coronavirus besonders gefährdet. Doch trotz ihres delikaten Gesundheitszustandes herrschen vielerorts in den Heimen katastrophale hygienische Zustände. Das Pflegepersonal verfügt oftmals nicht über einfachste Schutzkleidung wie Mund-Nase-Masken oder Einweghandschuhe – das Virus breitet sich deswegen schnell aus.

„Wir fühlen uns von den Gesundheitsbehörden verlassen“, berichtet der Mitarbeiter einer Senioreneinrichtung in Madrid. Es gebe keine Tests, um festzustellen, welche Mitarbeiter und Bewohner infiziert sind. Die Notrufleitstelle schicke wiederum keine Krankenwagen, um ältere Patienten in kritischem Zustand ins Krankenhaus zu bringen. Offensichtlicher Grund: Viele Hospitäler stehen vor dem Kollaps und wissen nicht mehr, wohin mit den Patienten.

Kaum Ausrüstung, immer mehr Fälle

Inzwischen ermittelt die spanische Staatsanwaltschaft, um herauszufinden, wer für diesen Missstand in den Heimen verantwortlich ist. Spaniens Vize-Regierungschef Pablo Iglesias sagte den mehreren tausend Altersresidenzen im Land mittlerweile zu, für Schutzkleidung und bessere medizinische Ausrüstung zu sorgen. Das spanische Militär bekam den Auftrag, jene Seniorenheime, die besonders schlimm vom Virus betroffen sind, zu desinfizieren.

Derweil meldete Spaniens Regierung am Freitag einen massiven Anstieg der Corona-Fälle im Land. Demzufolge gibt es bisher 19.980 bestätigte Infektionen, allein in der Hauptstadtregion Madrid sind es 7.200. Die Zahl der Toten, bei denen das Virus SARS-CoV-2 diagnostiziert wurde, stieg auf 1.002. Bei den Todesopfern handelt es sich meist um ältere Menschen mit Vorerkrankungen.

Tausende Verdachtsfälle blieben ungetestet

Der Sprecher der spanischen Gesundheitsbehörden, Fernando Simón, bestätigte jedoch am Freitag, dass diese Zahlen nicht das wahre Ausmaß der Virus-Epidemie widerspiegeln. Bisher wurden in Spanien – entgegen dem Rat der Weltgesundheitsorganisation – tausende Verdachtsfälle mit leichten Symptomen nicht getestet und somit auch nicht mitgezählt. Man wisse daher nicht, räumte Simón ein, wie weit das Virus wirklich im iberischen Königreich verbreitet ist.

In einem neuen Notstandsdekret ordnete die Regierung an, dass innerhalb einer Woche alle Hotels, Touristenappartements und Campingplätze geschlossen werden müssen. Doch Urlauber gibt es ohnehin nicht mehr viele in Spanien. Hunderttausende sind in den letzten Tagen und Wochen bereits heimgereist. Mallorca wie auch die Kanarischen Inseln hatten die Touristen aufgefordert, die Inseln zu verlassen. Die Inseln kündigten zudem an, dass die meisten Flug- und Fährverbindungen gekappt werden, um die Ausbreitung der Epidemie zu bremsen.

In ganz Spanien gilt bereits seit dem 15. März eine Ausgangssperre – auch für Touristen. Alle Geschäfte mit der Ausnahme von Supermärkten und Apotheken mussten die Rollläden herunterlassen. Nur zum Einkaufen, Arbeiten, Arztbesuch oder zur Rückreise an den Wohnort dürfen die Menschen noch auf die Straße. 

Pesto
20. März 2020 - 22.29

....dann fühlt es sich zuhause. Denn da wo es herkommt bestehen auch katastrophale Zustände.