Hongkong lässt Snowden flüchten

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Hongkong lässt Edward Snowden nach dessen spektakulären Enthüllungen ziehen. Angeblich war der Antrag auf Festnahme aus den USA lückenhaft. Kurz zuvor hatte der Informant noch über US-Datenspionage in China berichtet.

Der von den USA gesuchte Geheimdienstspezialist und Informant Edward Snowden hat seinen Fluchtort Hongkong an Bord einer russischen Passagiermaschine verlassen. Trotz eines dringlichen Antrags der USA auf Festnahme wegen Geheimnisverrats ließen ihn Hongkongs Behörden am Sonntag ausreisen. Der 30-Jährige flog mit Aeroflot nach Moskau, wie die Zeitung „South China Morning Post“ berichtete. Russland sei aber nicht das eigentliche Ziel. Russische Medien berichteten, der US-Bürger suche Asyl in Venezuela und nutze Moskau nur als Transitstation.

Das russische Außenministerium teilte mit, dass Snowdens Pläne unbekannt seien. „Wir klären die Situation. Nach einigen Angaben könnte Snowden Moskau als als Transitpunkt benutzen“, sagte ein Sprecher der Agentur Interfax.

Massive Spionage enthüllt

Snowden hatte vor zwei Wochen massive Spionage der USA im Internet enthüllt und damit weltweit Empörung ausgelöst. Die US-Regierung erhob Anklage wegen Geheimnisverrats und beantragte seine Festnahme in Hongkong. Die Behörden schickten den Antrag aber als unvollständig mit der Bitte um zusätzliche Angaben wieder zurück, teilte die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion laut Radio RTHK mit. Bislang fehlten „ausreichende Informationen“ für eine Prüfung. So habe es „keine rechtliche Grundlage“ gegeben, Snowden an der Ausreise zu hindern, hieß es in der Mitteilung.

In einem Interview der „South China Morning Post“ berichtete Snowden erst am Sonntag wieder, der US-Abhördienst habe Millionen chinesischer Mobilfunknachrichten und wichtige Datenübertragungsleitungen an der Tsinghua-Universität in Peking ausspioniert. Auch habe es 2009 amerikanische Hackerattacken auf Pacnet in Hongkong gegeben, die seither aber eingestellt worden seien. Pacnet betreibt eines der größten Glasfasernetze in der Asien-Pazifik-Region und wickelt auch Internetverkehr mit den USA ab.

Abhördienst

Mit den Angriffen auf die renommierte Tsinghua-Universität in Peking zielte der Abhördienst auf eines der sechs großen Netzwerke des Landes, das Bildungs- und Forschungsnetzwerk CERNET, das dort angesiedelt ist. Der Abhördienst habe auch Mobilfunkanbieter in China angegriffen, um SMS-Kurznachrichten abzufangen, berichtete Snowden. Zuvor hatte der Ex-Geheimdienstmitarbeiter schon enthüllt, dass auch die chinesische Universität in Hongkong angegriffen worden sei, die die Zentrale des Internetverkehrs in der Hafenmetropole ist.

Erst am Freitag hatte die britische Zeitung „Guardian“ unter Berufung auf Unterlagen Snowdens berichtet, der britische Geheimdienst GCHQ betreibe ein noch viel umfangreicheres Abhörprogramm als die USA. Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong wird seit der Rückgabe an China 1997 autonom mit einem eigenen Grundgesetz regiert. Das Justizsystem ist weitgehend unabhängig und hat britische Wurzeln.

Rechtsexperten von Wikileaks unterstützen nach eigenen Angaben Snowden dabei, in einem „demokratischen Land“ politisches Asyl zu bekommen. Das berichtete die Enthüllungsplattform am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter. Auch habe Wikileaks bei seiner sicheren Ausreise aus Hongkong geholfen.