Gleichberechtigte Fahrt für alle Daten

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Das Internet ist zu einem unverzichtbaren Arbeits- und Kommunikationsinstrument geworden. Doch werden alle Daten gleich behandelt? Wie neutral ist das Netz? Fragen, die gestern die Abgeordneten beschäftigten.

Die Vorarbeiten auf Kommissionsebene liefen schon seit Längerem, der Zufall wollte es, dass die Orientierungsdebatte just zu dem Zeitpunkt stattfand, wo in Deutschland Experten neueste Telekom-Pläne gerade in puncto Netzneutralität extrem kritisch bewerteten. Konkret will die Telekom ab 2014 bei neuen Festnetzanschlüssen das Datenvolumen begrenzen, dabei das eigene IP-TV (Entertain) aber nicht mit einrechnen. Internettelefonie (Skype u.a.) wird in vielen Ländern bereits von Netzanbietern blockiert. Klare Verstöße gegen das Prinzip der Netzneutralität. In Luxemburg funktioniert Skype noch immer. Weil die Regulationsbehörde ILR derlei Bestrebungen der luxemburgischen Provider bislang immer abgeblockt hat.

Das sei sicherlich erfreulich, Fakt sei aber auch, dass die rechtliche Grundlage zu diesen Entscheidungen nicht ganz wasserdicht sei, meinten eine Reihe von Rednern gestern. Kommunikationsminister Luc Frieden bestritt diese Darstellung zwar, er versperrte sich aber nicht einer Motion, in der die Abgeordneten am Ende der Debatte forderten, das Prinzip der Netzneutralität konkret gesetzlich zu verankern.

Immer mehr Staus im Netz

Die unterschiedliche Behandlung von Datenpaketen im Netz ist ein Schritt, auf den die Netzbetreiber immer öfter zurückgreifen, wenn es zu Staus in den Datenleitungen kommt. Ein Problem, das derzeit in Luxemburg nicht akut ist, wie es von Post und Luxconnect heiße, bemerkt Eugène Berger (DP) in seinem Bericht. Die Post habe aber durchblicken lassen, dass die „Backbones“ ausgebaut werden müssten.

Mittelfristig wolle sie die Notwendigkeit differenzierter Zugänge nicht ausschließen. Gerade mit Blick auf Luxemburg als IT-Standort sei die Netzneutralität aber von zentraler Bedeutung, betont Berger.

Wer soll den Netzausbau bezahlen?

Bleibt die Frage, wer den Netzausbau bezahlen soll, wenn alle die Netze kostenlos benutzen. „Große Firmen wie Google oder Facebook haben ihre gesamte Geschäftsstrategie darauf aufgebaut, sich die Netzkosten von anderen bezahlen zu lassen“, bemerkte Diane Adehm (CSV). Als kleines Land habe Luxemburg kaum eine Chance, dagegen vorzugehen, ohne zu riskieren, dass solche Betriebe das Land wieder verlassen. Das wäre ein enormer wirtschaftlicher Verlust. Und dann würden auch die vielen Datacenter nicht mehr gebraucht, an denen derzeit gebaut wird.

Es sei „der richtige Weg“, dass die Post und Luxconnect, Betriebe bei denen der Staat einziger bzw. größter Aktionär sei und nicht auf maximale Rendite setzen müsse, die Netze ausbauen, findet sie. Und unterstrich, Internetneutralität stehe auch für Chancengleichheit.

Auch für Ben Fayot (LSAP) ist die Netzneutralität wichtig, um allen gesellschaftlichen Schichten einen gleichberechtigten Zugang zum Internet zu garantieren. Eine gewisse Hierarchisierung werde aber wohl doch notwendig sein. Etwa wenn es um primäre medizinische oder sicherheitsrelevante Dienste gehe. Auch die Frage der Tarife wollte Fayot nicht völlig ausklammern. „Ja zur Netzneutralität, Ja zum Netzausbau. Und der Konsument soll das nicht finanziell spüren, das ist eine schwierige Gleichung“, gab er zu bedenken. Die Frage der „heavy users“ müsse geklärt werden.

Preis-Staffelung

In Luxemburg generieren derzeit 20 Prozent der Nutzer 70 Prozent des Datenvolumens. Auch von Claude Adam („déi gréng“) kam ein „Ja, aber“. Eine gewisse Staffelung der Preise werde wohl nicht zu vermeiden sein. Und warum sollten die großen Multis wie Google und Facebook nicht zur Finanzierung der Backbones herangezogen werden? fragte er. Auch wenn das natürlich heikel sei für die Netzneutralität, zu der man sich als Partei bekenne.

Die US-Konzerne würden zahlen und trotzdem in Luxemburg bleiben, bemerkte Jean Colombera (Unabh.) spitz mit dem Verweis auf die rezente Prism-Affäre. „Diese Unternehmen nutzen den Standort, um den ganzen europäischen Datenverkehr zu bespitzeln.“