General warnt vor Milliardenkosten

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Die Rebellen in Syrien verlieren an Boden, der Druck auf Washington wächst. General Dempsey macht klar: Ein bewaffneter Einsatz wäre kostspielig und risikoreich. Präsident Obama muss entscheiden. Inzwischen prüft die UN, ob Chemiewaffen zum Einsatz kamen.

Der wichtigste militärische Berater von US-Präsident Barack Obama hat vor nicht absehbaren Risiken und Milliardenkosten bei einem umfassenden Einsatz in Syrien gewarnt. Generalstabschef Martin Dempsey listete in einem Brief an den Senat fünf mögliche Szenarien für einen bewaffneten Einsatz in dem Bürgerkriegsland auf. Sollten sich die USA für einen groß angelegten, bewaffneten Einsatz in Syrien entscheiden, drohten eine langfristige Verstrickung in den Konflikt und „ungewollte Konsequenzen“, warnte Dempsey. Hinzu kämen jeden Monat Kosten von als eine Milliarde US-Dollar (rund 760 000 Euro).

Obwohl der nun bekanntgewordene Brief fünf Optionen im Kampf gegen das Assad-Regime in Aussicht stellt und die letzte Entscheidung bei Präsident Obama als Oberbefehlshaber der Streitkräfte liegt, sind Dempseys kritische Töne kaum zu überhören. Islamisten und andere Extremisten könnten gestärkt aus einem bewaffneten US-Einsatz hervorgehen, schreibt Dempsey. Auch Vergeltungsschläge der syrischen Führung seien möglich, heißt es in dem Schreiben vom vergangenen Freitag, das an den Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses im Senat, Carl Levin, adressiert ist.

„Auf Konsequenzen vorbereitet sein“

„Wir müssen auf die ungewollten Konsequenzen unserer Handlungen vorbereitet sein“, schreibt Dempsey weiter. „Sollten die Institutionen des Regimes in Abwesenheit einer funktionsfähigen Opposition zusammenbrechen, könnten wir unbeabsichtigt Extremisten zu Macht verhelfen oder genau die chemischen Waffen entfesseln, die wir unter Kontrolle bringen wollen.“ Mitte Juni hatte sich Obama davon überzeugt gezeigt, dass das Regime in Damaskus mit dem Einsatz von Giftgas eine von ihm gezogene „Rote Linie“ überschritten habe.

Dempseys fünf Szenarien reichen von reinen Aufklärungs- und Waffenschulungen für die syrischen Rebellen über begrenzte Luftangriffe auf Militäranlagen bis hin zu einem umfassenden Einsatz von US-Streitkräften auf syrischem Boden. Für diesen seien Hunderte Flugzeuge, Schiffe und U-Boote nötig sowie mehrere Tausend Streitkräfte.

Mehr Druck auf Assad

Mit all diesen Optionen könnten die Rebellen zwar gestärkt und der Druck auf Machthaber Baschar al-Assad erhöht werden. Die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre mit Kriegen in Afghanistan und im Irak hätten aber gelehrt, dass es nicht ausreiche, die militärischen Kräfteverhältnisse in einem Land zu verschieben. Zur Erhaltung eines funktionierenden Staats sei mehr Engagement nötig.

Der Vier-Sterne-General Dempsey reagierte mit seinem Schreiben auf wiederholte Fragen des Senators John McCain, der schon mehrfach gefordert hatte, militärisch in den Syrien-Konflikt einzugreifen. McCain bezweifelt, dass die Unterstützung für syrischen Rebellen ausreicht, wie die „Washington Post“ am Dienstag berichtete. Der republikanische Senator hatte zuvor gedroht, Dempsey seine Stimme für die erneute Nominierung zum Generalstabschef zu versagen.

Ja für Waffenlieferungen

Die zuständigen Ausschüsse im Repräsentantenhaus und im Senat gaben unterdessen ihre Zustimmung für die von den USA geplanten Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen. Laut einem Bericht der „Washington Post“ vom Dienstag können damit Gelder, die bereits im Budget des US-Geheimdienstes CIA vorgesehen sind, für Lieferungen an die Opposition verwendet werden. Die Waffen könnten dem Bericht zufolge bereits innerhalb der kommenden Wochen geliefert werden.

In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden syrischen Bürgerkrieg wird das Regime von Präsident Assad vom Iran und von Russland mit modernen Waffen unterstützt. Die Aufständischen erhalten leichte Waffen und Geld von den Golfstaaten. Die USA planen seit mehreren Wochen, die Rebellen mit besseren Waffen auszustatten.

Wurden Chemiewaffen eingesetzt?

Die Vereinten Nationen prüfen des Weiteren mehr als ein dutzend Berichte zu angeblichen Angriffen mit Chemiewaffen in Syrien. Sie hätten bisher 13 Berichte zum Einsatz solcher Waffen in dem Bürgerkriegsland, sagte der UN-Gesandte für den Friedensprozess im Mittleren Osten, Robert Serry, dem UN-Sicherheitsrat am Dienstag. Alle Berichte würden geprüft. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bleibe „zutiefst besorgt“ über die Berichte.

In Damaskus wurde am Mittwoch Ake Sellström erwartet, der Leiter der UN-Untersuchung zum Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. Begleitet wird er von der Deutschen Angela Kane, die das UN-Abrüstungsprogramm leitet. Sie wollen in Syrien darauf drängen, dass UN-Ermittler Zugang zu den mutmaßlichen Einsatzorten erhalten. Die syrische Regierung will ihnen aber nur Zugang nach Chan al-Assal gewähren.

In der Kleinstadt westlich von Aleppo wurden am 19. März bei einem Angriff 26 Menschen getötet, darunter 16 Soldaten. Die Regierung warf den Rebellen vor, dabei Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Laut einem russischen Bericht zu dem Fall feuerten die Aufständischen eine Granate mit dem Giftgas Sarin ab. Die Rebellen nahmen Chan al-Assal am Montag ein, doch dauerten im Umland die Kämpfe am Dienstag weiter an.