Flackernde Glühbirnen in der Todeszelle

Flackernde Glühbirnen in der Todeszelle

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Mehr als drei Jahre saß Joaquín José Martínez in einer Todeszelle im US-Staat Florida. Vor ziemlich genau 12 Jahren kam er frei, nachdem sein Prozess neu aufgerollt worden war, und er schließlich für unschuldig erklärt wurde.

Heute kämpft der 41-jährige Spanier an der Seite von Menschenrechtlern und internationalen Organisationen für die Abschaffung der Hinrichtung. „Die Erziehung ist die beste Waffe dagegen“, erklärte er auf dem 5. Weltkongress gegen die Todesstrafe, der bis zum 15. Juni in der spanischen Hauptstadt Madrid stattfindet.

43 Hinrichtungen
im Jahr 2012 in den USA
Noch immer verfolgen den Ex-Häftling diverse Albträume aus der schlimmsten Zeit seines Lebens. „Ich ertrage keine Glühbirnen in meiner Umgebung“, berichtet er. „Das erinnert mich an die Todeszelle, wo die Glühbirnen flackerten, wenn der elektrische Stuhl angeschaltet wurde.“ Auch gegen verschlossene Türen ist er höchst allergisch.

Allein in den USA wurden im vergangenen Jahr nach der Statistik von Amnesty International (AI) 43 Häftlinge hingerichtet. Die meisten mit der Giftspritze oder auf dem elektrischen Stuhl. Ganz oben auf der unrühmlichen Liste der Hinrichtungsstaaten steht aber China, wo nach Schätzung von AI in 2012 „tausende Menschen – und somit mehr als im Rest der Welt“ hingerichtet wurden.

Dann folgen Iran, wo man 314 vollstreckte Todesurteile zählte und wohl noch eine hohe Dunkelziffer hinzurechnen muss, Irak (129), Saudi-Arabien (79) und die USA. Insgesamt erfuhren die Menschenrechtler in 2012 von mindestens 1.722 Todesurteilen, von denen 682 vollstreckt wurden. Die tatsächliche Zahl der weltweiten Hinrichtungen wird aber vor allem wegen der mangelnden Informationen aus China, Iran und auch manchen arabischen Staaten auf ein Vielfaches davon geschätzt. Immerhin ist der Protest der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und vieler Nichtregierungsorganisationen in den letzten Jahren nicht ganz erfolglos gewesen: Immer mehr Staaten eliminieren die Todesstrafe.

Vor zehn Jahren hatten laut Amnesty 111 Staaten die Todesstrafe per Gesetz abgeschafft oder nicht mehr vollzogen. Heute seien es bereits 140 Staaten, in denen es keine Exekutionen mehr gebe. „Doch es bleibt noch viel zu tun, um das große Ziel einer Welt ohne Todesstrafe zu erreichen“, erklärt Amnesty International. „Denn 58 Staaten halten nach wie vor an der Todesstrafe fest. Weltweit sitzen zurzeit fast 20.000 Menschen in Todeszellen.“ Alle drei Jahre trifft sich der „Weltkongress gegen die Todesstrafe“, um dem globalen Kampf gegen die staatlichen Hinrichtungen neue Impulse zu geben. Die letzte Konferenz war 2010 in Genf, jetzt versammeln sich die Todesstrafen-Gegner in Madrid.

„Es bleibt noch viel zu tun“

Insgesamt 1.500 Menschenrechtler und Politiker aus 90 Ländern beraten in Spaniens Hauptstadt noch bis zum Samstag über künftige Strategien. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sind dabei, genauso wie mehrere europäische Außenminister und Nobelpreisträger.

Eines der Kongressziele ist, ein weltweites Moratorium für Hinrichtungen durchzusetzen – eine Forderung, die von der EU und den UN unterstützt wird. In der Europäischen Union ist die Todesstrafe übrigens durch die Grundrechte-Charta verboten – die Anerkennung dieser Menschenrechte ist eine der Aufnahmebedingungen für neue Mitgliedsstaaten.