Eurozone sucht gemeinsame Linie

Eurozone sucht gemeinsame Linie
(AFP/Iakovos Hatzistavrou)

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Nächste Etappe in der Griechenland-Krise: Am Dienstag beraten die Eurozone über das weitere Vorgehen. Vermehrt werden Rufe nach humanitärer Hilfe für Athen laut.

Zwei Tage nach dem deutlichen Nein der Griechen zu den Forderungen der internationalen Gläubiger loten die Euro-Länder am Dienstag Möglichkeiten für eine Überwindung der Schuldenkrise des Mittelmeerlandes aus. Vor dem Sondergipfel der Eurozone in Brüssel forderten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande am Montagabend in Paris von Athen rasche Vorschläge (Link).

Gramegna: „Gegenseitiger Respekt ist zentral“

Für Luxemburgs Finanzminister ist „gegenseitiger Respekt zentral“. Allerdings stehe Athen auch in der Verpflichtung, die Demokratien der anderen Eurozone-Staaten zu respektieren, so Pierre Gramegna.

Gramegna beschrieb die Politik der griechischen Regierung als widersprüchlich. Man wolle einerseits keine Austerität, verstoße dadurch aber gegen die Regeln der Eurozone sowie des Wachstums- und Stabilitätspaktes. Andererseits wolle Athen aber in der Eurozone bleiben.

Gramegna zeigte sich aber zuversichtlich, dass Griechenland angesichts seiner finanziellen Lage mit Sicherheit ein drittes Hilfspaket erhalten werde. (Dhiraj Sabharwal)

Derweil wurden die Rufe nach humanitärer Hilfe für die Griechen lauter. „Wir sagen sehr deutlich, dass die Tür für Gespräche offen bleibt“, sagte Merkel bei ihrem Besuch in Paris. Beim Euro-Sondergipfel am Dienstagabend müsse der griechische Regierungschef Alexis Tsipras aber „präzise“ Vorschläge vorlegen. Die Voraussetzungen für Verhandlungen über ein konkretes Hilfsprogramm-Programm seien „zur Zeit nicht gegeben“. Hollande äußerte sich ähnlich wie Merkel. Er forderte von Tsipras „ernsthafte und glaubwürdige Vorschläge, damit dieser Wille, in der Eurozone zu bleiben, in einem langfristigen Programm zum Ausdruck kommt“.

Geteilter Meinung

Völlig auf einer Linie ist das deutsch-französische Tandem allerdings nicht: Während Deutschland wie etwa die Baltenstaaten und Finnland als Verfechter einer harten Linie gegenüber Athen gilt, wirbt Frankreich mit Ländern wie Italien für Zugeständnisse. Der für den Euro zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, warnte, es gebe „keinen leichten Weg aus der Krise“. Wie das Weiße Haus mitteilte, war sich US-Präsident Barack Obama am Montagabend in einem Telefonat mit Hollande über die Notwendigkeit einig, dass Griechenland „die Reformen wieder aufnimmt und zum Wachstum zurückkehrt“.

Bei dem Referendum in Griechenland hatten am Sonntag gut 61 Prozent gegen die Forderungen der internationalen Gläubiger votiert. Die Griechen unterstützten damit klar das Vorgehen der Regierung Tsipras im Schuldenstreit mit der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Der neue griechische Finanzminister Evklides Tsakalotos (Link), der vor dem EU-Gipfel am Dienstagmittag seine Ressortkollegen der Eurozone in Brüssel trifft, sprach sich am Montagabend für eine Fortsetzung der Verhandlungen Athens mit seinen Gläubigern aus. Die Griechen hätten bei dem Referendum allerdings deutlich gemacht, dass sie „Besseres verdient haben“ und eine „nicht-lebensfähige Lösung nicht akzeptieren“ könnten.

Frisches Geld

Tsipras bemühte sich in mehreren Telefonaten um die Klärung der Verhandlungspositionen. IWF-Chefin Christine Lagarde erläuterte ihm nach Angaben eines IWF-Sprechers, dass der Währungsfonds wegen des griechischen Rückstands bei der Schuldentilgung derzeit keine neuen Finanzhilfen geben könne, dafür aber „technische Unterstützung“.

Aus griechischen Regierungskreisen verlautete, Tsipras habe EZB-Chef Mario Draghi in einem Telefonat gebeten, bei der erneuten Öffnung der griechischen Banken zu helfen. Angesichts der akuten Schuldenkrise sind sie seit Montag vergangener Woche geschlossen und sollen frühestens am Donnerstag wieder öffnen. Die EZB beschloss am Montagabend, ihre Notfallkredite für griechische Banken weiterhin bei knapp 90 Milliarden Euro zu deckeln.

Humanitäre Hilfe

Der britische Finanzminister George Osborne warnte in London: „Wenn die Wirtschaftskrise in Griechenland fortbesteht, steigen die Risiken von Engpässen.“ EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte in einem Gastbeitrag für die „Rheinische Post“ (Dienstagsausgabe), die griechischen Familien, Alten, Kranken und die Einkommensschwachen seien „die eigentlichen Verlierer des griechischen Dramas“. Sie bräuchten humanitäre Hilfe der EU.

EU-Kommissar Günther Oettinger forderte in der „Bild“-Zeitung (Dienstagsausgabe), die EU-Kommission und die Euro-Länder müssten nun in Griechenland verhindern, „dass es wegen der akuten Finanznot zu Engpässen bei Medikamenten, Lebensmitteln oder Öl und Gas kommt“. Dafür könnten Mittel aus EU-Fonds für Naturkatastrophen genutzt werden. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Wir wollen und werden die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen.“ Denkbar seien EU-Hilfen zur Gesundheitsvorsorge. Für nicht gezahlte Renten oder Löhne von Beamten könne die EU aber nicht einspringen.

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