Europaabgeordnete drohen Ungarn mit „Atombombe“

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Das EU-Parlament fordert ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Es kommt sogar zu einer Premiere in der EU-Geschichte. Auch aus Luxemburg gibt es Freude.

Das Europaparlament hat angesichts des Demokratieabbaus in Ungarn ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in dem EU-Land gefordert. In diesem Verfahren müsse auch der Artikel sieben des EU-Vertrags aktiviert werden, verlangte das Straßburger Parlament am Mittwoch in einer Entschließung.

Dieser Artikel sieht im Falle schwerwiegender Verstöße gegen die demokratische Grundwerte der EU Sanktionen vor, wurde bisher aber noch nie angewendet. In letzter Konsequenz kann sogar das Stimmrecht des Landes bei Ministerräten und EU-Gipfeln entzogen werden. Diplomaten sprechen von einer „Atombombe“.

Deutliche Mehrheit

Die Entwicklungen in Ungarn unter der rechtsnationalen Regierung von Viktor Orban hätten in den vergangenen Jahren zu einer „erheblichen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte geführt“, heißt es in der mit deutlicher Mehrheit verabschiedeten Entschließung.

So seien unter anderem das Recht auf freie Meinungsäußerung, die akademische Freiheit, die Menschenrechte von Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen sowie die Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt worden. Das Gleiche gelte für die Rechte von Minderheiten wie Roma, Juden oder Homosexuellen. Hinzu kämen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz und „besorgniserregende mutmaßliche Fälle von Korruption“, kritisierte die EU-Volksvertretung.

„Systemische Bedrohung“

Insgesamt bedeute diese Situation „möglicherweise eine systemische Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit“. Der Fall in Ungarn sei eine „Bewährungsprobe für die EU“, hieß es in der Entschließung des Parlaments weiter.

Sie müsse nun unter Beweis stellen, dass sie „willens und in der Lage ist“, auf Verletzungen ihrer Grundwerte durch einen Mitgliedstaat zu reagieren. Dies sei umso wichtiger, als es auch in anderen EU-Staaten „beunruhigende Anzeichen für eine ähnliche Aushöhlung des Rechtsstaatsprinzips“ gebe.

Engel: „Dat war mäi Combat fir 5 Joer“

Besondere Zufriedenheit herrscht am Mittwoch bei dem Luxemburger EVP-Abgeordneten Frank Engel. Engel erinnert daran, dass es in der Tat das erste Mal ist, dass Artikel 7 gezogen wird. Auf Facebook schreibt Engel: „Dat war mäi Combat fir 5 Joer … endlech si mer do, an eng impressionnant Zuel vun EVP-Kollegen hu matgestëmmt, dat ass dat schéinst.“

Die Partei von Ungarns autoritärem Regierungschef Viktor Orban, Fidesz, ist wie die Luxemburger CSV Mitglied der konservativen Fraktion EVP im Europaparlament. Engel selbst kritisiert die Entwicklungen in Ungarn seit Jahren.