Der Zigaretten-Flüsterer

Der Zigaretten-Flüsterer
(dpa)

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Guillaume Périgois ist wohl derzeit einer der unbeliebtesten Männer Brüssels. Seine Arbeit findet er trotzdem unerlässlich: Der Lobbyist verteidigt "die Rechte der Raucher".

Der Franzose Guillaume Périgois hat auf den ersten Blick einen in Brüssel eher geläufigen Job. Er ist Lobbyist. Trotzdem ist er der einzige seiner Art in der EU-Hauptstadt, denn er vertritt seit Anfang des Jahres die Rechte der Raucher. Die Organisation, die ihn eingestellt hat, Forest, ist seit Jahren in Großbritannien tätig. Bisher haben sie dort, wie sie selbst behaupten, vor allem Raucher über die Gesetzgebung informiert. Nun haben sie den Schritt nach Brüssel gemacht.

„Es gibt 100 Millionen Raucher in der EU. Die meisten von ihnen haben sich dazu entschieden, zu rauchen. Einige wollen überhaupt nicht aufhören“, so Périgois dem Tageblatt gegenüber. Es sei deshalb inakzeptabel, dass die EU versuche, so harsch gegen sie vorzugehen. Der Lobbyist geht sogar so weit, zu behaupten, dass die Raucher von der EU stigmatisiert werden würden.

Ein Beispiel gefällig?

Seine Aufgabe in Brüssel: Er versucht, die Raucher europaweit über die Gesetzeslage zu informieren und trifft sich mit Politikern, um, wie er sagt, „die Anliegen der Raucher zu verteidigen“. Keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, dass er alleine ist und eigentlich nur halbtags in Brüssel für die britische Organisation arbeitet.

Er haut gleich ein Beispiel raus: „Ab Samstag wird es EU-weit verboten sein, Zigaretten im Zehnerpack zu verkaufen. Wussten Sie das?“ Das gehe gegen die Rechte der Menschen, die nicht genug Geld haben, um sich eine 20er-Packung zu kaufen, findet er. Außerdem hätten bisher viele diese kleinere Packung benutzt, um mit dem Rauchen aufzuhören.

Spenden aus der Tabakindustrie

Ihm ist vollkommen klar, dass das, was er tut, bei einigen Stirnrunzeln verursacht. „Die Menschen, die wir vertreten, sind Erwachsene. Sie haben sich dafür entschieden, ein legales Produkt zu konsumieren, wohl wissend, dass es gesundheitsschädlich ist“, so Périgois. Er regt sich auf: „Mit welchem Recht versuchen die Politiker sie davon abzuhalten?“ Er habe auch viele E-Mails von wütenden Menschen erhalten, als die Stelle in Brüssel eröffnet wurde: „Viele Menschen waren halt nicht froh.“

Wenn es um die Finanzierung geht, wird er vorsichtiger: „Ja, wir werden tatsächlich von einer Tabakfirma gesponsert“, gibt er zu. Es handele sich um Japan International Tobacco, die der Organisation 150.000 Euro gespendet habe, um im ersten Jahr die Stelle auf die Beine zu stellen. Forest sei gezielt auf sie zugegangen, um Gelder für Brüssel zu erhalten. „Wir vertreten aber nicht ihre Interessen und das wissen sie auch. Wir haben unsere eigenen Ziele“, verteidigt er die Finanzierung.

„Wenn Raucher uns Geld spenden würden, müssten wir auch nicht darauf zurückgreifen“, so der Lobbyist. Sein nächster großer Termin steht jedenfalls schon im Kalender: Am 31. Mai feiert „Forest EU“ den Start ihres Brüsseler Büros. Vielleicht wird er dann dort den einen oder anderen Spender finden, der nicht aus der Industrie kommt.