Achtung Rentenmauer

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Die EU-Kommission rät Luxemburg, seine öffentlichen Finanzen langfristig zu konsolidieren. Frankreich soll einen Aufschub zum Abbau seines Defizits erhalten. Italien soll aus dem Defizit-Strafverfahren der EU entlassen werden.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihre jährliche Überprüfung der nationalen Stabilitätsprogramme vorgestellt. Das am Mittwoch vorgestellte Dokument analysiert auch Luxemburg. Aus der Studie geht hervor, dass in den letzten 30 Jahren der Reichtum des Großherzogtums hauptsächlich vom Finanzsektor herrührt. Das Land sei stark abhängig von den Finanzinstituten. Sie würden für 30 Prozent des geschaffenen Mehrwerts und 25 Prozent der Steuereinnahmen verantwortlich zeichnen.

Gute Noten erhält unser Land, was die Finanzkonsolidierung betrifft. Dort seien seit einem Jahr große Fortschritte erzielt worden, sodass das Staatsdefizit 2013 nur 0,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes betragen wird. Bei der im Dezember beschlossenen Rentenreform bemängelt die EU-Kommission jedoch, dass sie nicht mittel- und langfristig angelegt wurde.

Gesunde Finanzen sind das Ziel

Die EU-Kommission rät Luxemburg, mittelfristig das gesteckte Haushaltsziel weiterzuverfolgen. Ziel müsse es sein, die Gesundheit der öffentlichen Finanzen zu garantieren trotz der mit der Bevölkerungsalterung verbundenen Mehrausgaben. Luxemburg soll einen Haushaltsrahmen annehmen, der sich auf den Gesamtstaat erstreckt und mehrjährige Ausgabenobergrenzen vorsieht. Des Weiteren sei es sinnvoll eine unabhängige Überwachung der Haushaltsregeln einzuführen, so die Kommission in ihrem Bericht.

Das Steuergesetz müsse umgeändert werden, fordert die EU-Kommission. Ziel müsse dabei sein, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern.

Die Rentenmauer umfahren

Sorgen bereiten den EU-Kommissaren auch die altersbezogenen Ausgaben in Luxemburg. Sie müssten unbedingt gesenkt werden. Die Langzeitpflege müsse kostenwirksamer gestaltet werden, insbesondere indem der Schwerpunkt stärker auf Prävention, Rehabilitation und eigenständige Lebensführung gelegt wird. In diesem Zusammenhang fordert Brüssel die Verstärkung des Kampfes gegen den vorzeitigen Ruhestand. So soll unter anderem das effektive Renteneintrittsalter erhöht werden. Es soll an die Lebenserwartung angeknüpft werden.

Die Kommission begrüßt den derzeit geltenden Lohnstopp. Es müssten aber mit den Sozialpartnern weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Lohnpolitik zu reformieren. In diesem Zusammenhang müsse man auch die Lohnindexierung zur Sprache bringen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, sei es wichtig die Löhne an die Produktivität anzupassen und die Arbeitsmarktbedingungen weiter zu verbessern. Parallel sollen die Anstrengungen zur Diversifizierung der
Wirtschaft verstärkt und private Investitionen in die Forschung gefördert werden.

Kampf gegen die Arbeitslosigkeit

Höchste Priorität müsse Brüssel zufolge auch die Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit haben. Wie schon in den vergangenen Jahren wird betont, dass die berufliche Bildung eine große Rolle spielt. Die Ausbildung der junger Menschen soll besser auf die Arbeitsmarktbedürfnisse angepasst werden. Auch wenn die Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte sich in den letzten Jahren erhöht hat, seien weitere Verbesserungen, zum Beispiel was das sogenannte lebenslange Lernen betrifft notwendig.

Schließlich hat der Umweltschutz ebenfalls seinen Weg in die Ratschläge der EU-Kommissare gefunden. Brüssel rät, stärkere Anstrengungen zu unternehmen, um die Treibhausgasemissionen weiter zu verringern. Dies könne unter anderem
durch eine höhere Besteuerung der im Verkehrsbereich genutzten Energieerzeugnisse erreicht werden.

Aufschub für Frankreich

Wie sieht es mit den Ratschlägen für die anderen EU-Staaten aus? Die EU-Kommission will Frankreich zwei Jahre Aufschub zum Abbau seines Defizits einräumen, fordert im Gegenzug aber eine schnelle Rentenreform. Die EU-Kommission schlug am Mittwoch in Brüssel offiziell vor, dass die französische Regierung das übermäßige Haushaltsdefizit erst zwei Jahre später und somit im Jahr 2015 unter den EU-Grenzwert von drei Prozent der Wirtschaftsleistung bringen muss. Neben Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit fordert die EU-Kommission von der sozialistischen Regierung in Paris, noch in diesem Jahr mit der Reform des Rentensystems zu beginnen.

Der Kommission zufolge soll Frankreich sein Defizit in diesem Jahr auf 3,9 Prozent bringen und dann im kommenden Jahr auf 3,6 Prozent und 2015 schließlich auf 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Ein solcher Aufschub der Sparvorgaben ist möglich, wenn ein Land geforderte Reformen erfüllt, aber aufgrund schlechter Wirtschaftsdaten Probleme bei der Einhaltung der Defizitregeln hat.

Entlassungen und Aufschübe

Demnach sollen neben Frankreich auch Spanien, die Niederlande, Polen, Portugal und Slowenien mehr Zeit zum Sparen erhalten. Italien, Ungarn, Rumänien, Litauen und Lettland will die EU-Kommission aus dem Defizitverfahren entlassen. Gegen Malta soll hingegen ein Verfahren eröffnet werden.

Der Regierung von Frankreichs Staatschef François Hollande bekommt von der EU-Kommission für das kommende Jahr sechs Aufgaben gestellt. Zur Gesundung der Staatsfinanzen fordert die Brüsseler Institution noch bis Jahresende Maßnahmen zur Reform des Rentensystems, um die defizitäre staatliche Pensionskasse bis spätestens zum Jahr 2020 finanziell auszugleichen.

Weitere Empfehlungen betreffen die von Brüssel geforderte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wie eine Reduzierung der Arbeitskosten. Zudem soll Frankreich gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit angehen, die Exportstärke seiner Unternehmen fördern, die Wettbewerbsfähigkeit des Dienstleistungssektors erhöhen und das Steuersystem vereinfachen.