Foire agricole / „Wir leben in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft“: Digitalisation macht älteren Menschen zu schaffen
Während der Pandemie griffen viele Menschen in Beruf und Alltag auf digitale Lösungen zurück. Dass die modernen Kommunikationsmittel die Gesellschaft aber immer noch spalten, zeigt ein Vorfall am Rande der „Foire agricole“ vom 2. bis zum 4. Juli in Ettelbrück.
Eigentlich, so Carlo R., sei er doch ein besonnener Mensch. Als ehemaliger Busfahrer habe er viele skurrile Situationen im Alltag erlebt. So schnell werfe ihn nichts aus der Bahn. Etwas aber liegt Carlo auf dem Magen: „Leider mussten wir feststellen, dass Luxemburg inzwischen in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft angekommen ist. Das stimmt mich traurig“, unterstreicht der 73-Jährige.
„Wir“, das sind seine Ehefrau und er. Beide wollten am 3. Februar die „Foire agricole“ in Ettelbrück besuchen. „Wir freuen uns jedes Jahr auf diesen Besuch. Dieses Jahr aber war etwas Besonderes, weil die Messe 2020 wegen Covid abgesagt werden musste“, fährt der ehemalige Busfahrer fort. In Erwartung interessanter Begegnungen und etwas Kontakt zu Mensch und Tier seien beide in Richtung Norden aufgebrochen. Die Freude sei aber rasch dem Frust gewichen: „Dieses Jahr war alles anders!“
Trotz Impfung seien er und seine Frau an der Kasse abgewimmelt worden. Der Grund: Wegen der aktuellen Bedingungen hatten sich die Ausrichter dazu entschieden, Eintrittskarten nur im Netz zu vertreiben. Sogar die von den Ausstellern verteilten Kundenkarten mussten im Voraus über die Internetseite der „Foire agricole“ validiert werden.
„Ich bin 73 Jahre alt, vom alten Schlag und nicht mit dem Internet verbunden. Deswegen hatte ich keine Möglichkeit, eine Eintrittskarte zu ergattern“, erklärt Carlo. Die Ausrichter aber hätten keine Ausnahme machen wollen. Also musste das Paar aus dem „Minett“ wieder von Dannen ziehen. Nicht ohne zuvor aber von Sicherheitsleuten unsanft behandelt worden zu sein, wie der 73-Jährige gegenüber dem Tageblatt betont.
Er habe versucht, den Verantwortlichen zu verdeutlichen, dass nicht jeder Mensch über Internet verfügt und sich mit modernen Kommunikationsmitteln auskennt. „Wir wären sogar damit einverstanden gewesen, an der Kasse unseren Namen zu hinterlassen, um einen Tag später zurückzukommen. Doch die Leute blieben stur“, sagt Carlo.
Die Verantwortlichen hätten sogar die Sicherheitsbeamten kontaktiert, von denen ihn einer unsanft angefasst habe. Er selbst sei jedoch nicht ausfallend geworden. Er habe lediglich versucht, zusammen mit den Verantwortlichen eine Lösung zu finden. Drei Polizisten hätten eingegriffen, wobei sich einer der Beamten sogar für das Ehepaar eingesetzt habe. Leider umsonst.
„Viele positive Rückmeldungen“
So weit Carlos Darstellung. Aufseiten der Veranstalter hat man diesen Vorfall hingegen etwas anders wahrgenommen. „Mir wurde ein Zwischenfall vom Samstag zugetragen, bei dem sich ein Herr ziemlich daneben benommen haben soll“, beteuert indessen ein Sprecher der „Foire agricole“. Der Betroffene sei ziemlich ungestüm an Besuchern und Personal vorbei in den Eingangsbereich gestürmt.
Erst die Sicherheitsbeamten hätten den Mann aufhalten können. Da sich zufällig auch Polizisten in der Nähe befanden, hätten diese sofort eingegriffen und die Lage beruhigen können. Zuvor aber soll es „ziemlich laut“ hergegangen sein, so der Sprecher. Anwesende hätten von einem „wilden Mann“ gesprochen. Mehr sei bei diesem Vorfall aber nicht passiert.
In dem Zusammenhang unterstreicht der Sprecher der „Foire agricole“, dass die Eintrittsbedingungen im Vorfeld klar und deutlich mitgeteilt wurden. „Dennoch gab es noch eine Handvoll Besucher, die sich auch ohne die im Netz erworbene Eintrittskarte Zutritt verschaffen wollten. Die meisten Menschen aber hatten Verständnis für unsere Vorgehensweise“, so der Mitarbeiter der Stadt Ettelbrück.
Ziel des digitalen Reservierungssystems sei es nämlich gewesen, Warteschlangen im Eintrittsbereich zu vermeiden. Zwar habe man im Vorfeld auch über Telefonreservierungen nachgedacht, doch diese Idee sei wegen des Personalmangels wieder verworfen worden. Außerdem sei die Veranstaltung binnen kürzester Zeit ausverkauft gewesen. Auf dem Areal waren zeitgleich nur 2.000 Personen zugelassen. Wegen Covid wurde das Wochenende auf zwei tägliche Zeitfenster aufgeteilt.
Oft höre man von Betroffenen nur, wenn etwas schiefläuft. „Dieses Jahr aber haben wir ungewöhnlich viele positive Rückmeldungen erhalten“, stellt der Messesprecher fest. Aufgrund der sanitären Maßnahmen hätten sich viele Besucher sicher gefühlt. „Andere haben sich über den vorsichtigen Start in die Normalität gefreut. Wegen der Einschränkungen konnten die Aussteller auch mehr Zeit mit den Besuchern verbringen, was ebenfalls positiv wahrgenommen wurde“, freut sich der Mitarbeiter.
Aus der Gesellschaft ausgeschlossen
Dies war wohl nur ein kleiner Zwischenfall am Rande einer ansonsten erfolgreichen „Foire agricole“. Allerdings lenkt der Vorfall die Aufmerksamkeit erneut auf ein Phänomen, das in der modernen Kommunikationsgesellschaft nur allzu gerne verdrängt wird: Auch wenn Informationstechnik und digitale Medien immer zugänglicher werden, gibt es immer noch viele Menschen, die kaum mit den entsprechenden Instrumenten umzugehen wissen.
In der Regel handelt es sich dabei um ältere Personen, die schon im Beruf selten bis gar nicht mit Computern arbeiten mussten. Das führt dazu, dass viele Betroffene auch im Ruhestand kaum Verwendung für Informationstechniken haben. „Wer heute keinen Zugang zum Internet besitzt, kann nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen und wird aus der Gesellschaft ausgeschlossen“, stellt Carlo R. fest.
Die Digitalisierung der Gesellschaft begrenze sich nicht nur auf Veranstaltungen: „Viele Post- und Bankgeschäfte werden auch nicht mehr am Schalter angeboten. Und auch das individuelle Reisen wird ohne Internetzugang immer schwieriger. Sogar in der freien Natur dürfen wir uns offline nicht mehr frei bewegen“, betont der 73-Jährige in Anspielung auf das Anmeldesystem für Liegeplätze an den Stränden des Obersauerstausees.
Carlo weiß, dass die digitalen Instrumente in Covid-Zeiten auch Vorteile haben. Verständnis hat er ebenfalls für die Vorsicht, die verschiedene Veranstalter antreibt. „Dennoch muss man auch an die Menschen denken, die nicht mit den neuen Kommunikationsmitteln klarkommen. Den Betroffenen sollte man herkömmliche Alternativen anbieten, etwa eine Reservierung über Telefon.“
Ein Umstand, auf den auch die Verantwortlichen des Luxemburger Konsumentenschutzes immer wieder aufmerksam machen. Seit Jahren schon setzt sich die ULC gegen zu hohe Gebühren für Basisoperationen bei Post und Banken zur Wehr. Vor allem die Bedürfnisse älterer und behinderter Kunden würden damit schlichtweg ignoriert, so der Konsumentenschutz. Letztere seien in der Tat oft auf die Hilfe der Schalterangestellten angewiesen, da sie über kein E-Banking verfügen oder sich nicht zutrauen, moderne Zahlungsmittel zu benutzen.
„Man muss auch jenen Menschen entgegenkommen, die keinen Zugang zum Netz haben, im Alltag nicht mit digitalen Kommunikationsmitteln arbeiten und mit Informationstechniken nicht klarkommen“, fordert ULC-Präsident Nico Hoffmann. Auch wenn die Zahl der Betroffenen immer geringer wird, müssten Anbieter und Veranstalter weiter darauf Rücksicht nehmen.
Die ULC sei keineswegs gegen den digitalen Fortschritt. „Ganz im Gegenteil“, sagt Hoffmann. „Wir fordern lediglich, dass alternative Reservierungs- und Zahlungsmethoden für Menschen beibehalten werden, die nicht mit modernen Mitteln klarkommen. Man kann nicht nur aufs Netz setzen und damit tausende Menschen vor den Kopf stoßen, die damit immer noch ihre Probleme haben.“
Schönes Beispiel wie wir „Aal“ unseren Dienst an der Gesellschaft verrichtet haben und jetzt von dieser Dank der Digitalisation ausgegrenzt werden. Ob Banken , die über Jahre von uns profitiert , die Post , Verwaltungen werden wir genötigt uns einer Technik zu unterwerfen , die es in unserem Berufsleben, der Schule nie gab. Lange Abfahrtswege und Dank den grünen Ökotanten/ Onkels beraubt man uns durch hohe CO2 Steuer unserer einzigen Freiheit noch , der eigenständigen Mobilität. Ich wünsch keinem der grünen Ökoapostel einmal auf Gehstock, Gehhilfen sprich „Rollator „angewiesen zusein, werden sie schnell merken im vollbesetzten ÖT kein Platz vorhanden ist, man deswegen dann noch angepöbelt wird oder alle Einkäufe gut verstaut auf der Gehhilfen versucht nach Hause zubekommen. Man nimmt „ den Aalen aus“, hält sich das Jungvolk bei Laune mit Wahlgeschenken , unsere Renten werden nicht erhöht mal nicht den steigenden Lebenshaltungskosten angepasst. Schön das Grünvolk für uns gesorgt hat ,Heizöl aus dem Indexwarenkorb verschwunden und in nächster Zeit wir kalt sitzen , da wir uns eine neue Heizung nicht leisten können, wie auch kein E Mobil und für das Altersheim reicht unsere Rente nicht.